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Jarvis über MotoGP: "Wir müssen umdenken"

Yamaha-Teamchef Lin Jarvis fordert von den Beteiligten im MotoGP-Fahrerlager ein Umdenken in Richtung neuer Marketing-Möglichkeiten und neuer Märkte

(Motorsport-Total.com) - Am Rande der Testfahrten In Jerez wurde zwischen der Herstellervereinigung MSMA und Vermarkter Dorna viel über die Zukunft der MotoGP diskutiert. In erster Linie steht das Senken der Kosten im Vordergrund. In den vergangenen Jahren hat sich die Königsklasse sehr auf Südeuropa konzentriert. Länder wie Spanien und Italien sind stärker von der Wirtschaftskrise betroffen als andere Staaten. Das bekommt auch die Motorrad-WM zu spüren. "Das größte Problem dieses Sports sind die Kosten", sagt Yamaha-Teamchef Lin Jarvis. "Wir müssen langfristig die Attraktivität des Sports erhöhen."

Titel-Bild zur News: MotoGP-Start

Derzeit wird heftig darüber diskutiert, welchen Weg die MotoGP einschlagen soll

"Das ist absolut kritisch. Die MSMA hat sich hauptsächlich auf die technischen Regeln und in jüngster Zeit auf die Kostenreduzierung konzentriert, weil es eine Organisation ist, die auf der Technik basiert. Wir müssen aber die Marketing-Seite verbessern", wird Jarvis von 'MotoMatters.com' zitiert. "Suzuki und Kawasaki haben den Sport verlassen, weil der Sport für ihr Business nicht mehr tragbar war. Sie sind ausgestiegen, weil es zu viel gekostet hat und die Einkünfte oder Ziele in ihren Schlüsselmärkten nicht mehr gepasst haben."

Und genau diese Schlüsselmärkte verschieben sich. Während der Motorradmarkt in Europa stagniert, steigt die Nachfrage in Asien beträchtlich. Auch die Automobilindustrie richtet sich seit seit Jahren auf den asiatischen Markt aus. "Wir müssen die Meisterschaft an andere geographische Orte bringen, in andere Medien und andere Einnahmequellen erschließen", findet Jarvis. "Dem wird von den Leuten zu wenig Beachtung geschenkt. Wir können technisch die Kosten reduzieren, was sehr gut ist, aber wir dürfen nicht die Einkünfte vergessen."

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich auch die MotoGP zu sehr auf das Fernsehen als Einnahmequelle verlassen. Im Vergleich zur Formel 1 wird aber deutlich weniger Geld generiert. Jarvis fordert auch hier ein Umdenken und will die Möglichkeiten der neuen Medien erschließen. Dazu muss generell die Marketingstrategie überdacht werden. "Wir haben jetzt vier Rennen in Spanien, eines in Portugal und zwei in Italien. Das sind sieben von 18 Rennen in Ländern, die stark von der Krise betroffen sind."


Fotos: Präsentation der Yamaha M1


"Wenn man sich Repsol ansieht, dann geht es hauptsächlich um den spanischen Markt, genau wie es früher bei Movistar der Fall war. Bei Mapfre ist es ähnlich, man könnte eine lange Liste machen. Obwohl Fiat eine weltweite Firma ist, hatten sie ihr Marketing auch stark auf Italien ausgerichtet." Fiat verabschiedete sich von Yamaha als Sponsor, als Valentino Rossi zu Ducati wechselte. Seither gibt es keinen offiziellen Hauptsponsor mehr auf der Werksmaschine zu sehen.


Lin Jarvis im Interview

Yamaha ist sein eigener Hauptsponsor

"Wir haben einen Hauptsponsor", korrigiert Jarvis gegenüber 'MotoMatters.com' "Wir haben einen Titelsponsor. Wir sind es. Wir sind unser eigener Titelsponsor. Wir sind nicht in diesem Sport um Geld zu verdienen. Wir wollen die Marke repräsentieren und weltweit bewerben." Ein Beispiel dafür war die rot-weiße Sonderlackierung im Vorjahr zum 50-jährigen Rennjubiläum von Yamaha, das weltweit für viel Begeisterung gesorgt hat.

Dennoch fordert Jarvis ein Umdenken der in der MotoGP involvierten Personen: "Wir müssen uns verändern und uns woanders umsehen. Unser neuer Sponsor Eneos ist eine Ölfirma aus Japan, Semakin Di Depan ist aus Asien und Yamalube ist weltweit vertreten. Warum fahren wir in Katar? Wir sind seit acht Jahren dort, aber wie viele Sponsoren aus dieser Region gibt es? Katar interessiert sich für andere Dinge, wie die Fußball-WM. Warum konnten wir aus dem Rennen keine Vorteile für uns ziehen", stellt Jarvis in den Raum.

MotoGP muss neue Märkte erschließen

Deswegen wird es auch die MotoGP bald in andere Länder ziehen. Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta sind die vier spanischen Rennen schon länger ein Dorn im Auge. Die Superbike-WM gastiert in diesem Jahr erstmals in Russland und wird 2013 nach Indonesien zurückkehren. Die MotoGP hat Ländern wie Indonesien oder Brasilien schon lange den Rücken gekehrt. "Wir müssen in Brasilien, sein, wir müssen in Indien sein", sagt Jarvis klar. "Wir sollten auch in Indonesien sein. Das sind wichtige Plätze. Wir müssen die Basis in unseren wichtigsten europäischen Märkten behalten, aber wir können auch mit weniger Rennen in Spanien leben."

In Austin wird es im kommenden Jahr ein weiteres Rennen in den USA geben. Auch Indonesien und Indien haben Interesse bekundet. Mit Argentinien wurde bereits ein Vertrag ab 2013 unterzeichnet. Dazu gibt es in Chile Pläne für den Bau einer tauglichen Rennstrecke. Dennoch sieht Jarvis die Zukunft woanders: "Wir glauben, dass das große Potenzial in Südostasien liegt. Ich habe die Bruttoinlandsprodukte von Ländern wie den Philippinen, Indonesien, Thailand und Vietnam gesehen. Sie sind unglaublich. Dort könnten die Dorna und die Hersteller viel mehr tun, weil derzeit tun wir praktisch nichts."