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Abt: "Der Vize-Titel ist auch etwas wert"

Daniel Abt spricht im Interview über seine GP3-Saison, die dramatische Titelentscheidung in Monza und seine Pläne für die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Vom Außenseiter fast zum Titel: Daniel Abt (Lotus) kam als Vierter der Gesamtwertung zum Saisonfinale der GP3 nach Monza, aber dank zwei fast perfekten Rennen und Patzern seiner Konkurrenten hätte er um ein Haar doch die Krone der GP3 erobert. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' lässt der Sohn des DTM-Teamchefs Hans-Jürgen Abt, der an diesem Wochenende sein Debüt in der Renault-World-Series gibt, die GP3-Saison Revue passieren und erklärt, welche Herausforderungen bei der Umstellung von der Formel 3 auf die GP2 auf ihn zukamen. Außerdem spricht der 19-Jährige über den Formel-3-Grand Prix von Macau, seine Pläne für das kommende Jahr und den Traum von der Formel 1.

Titel-Bild zur News: Daniel Abt

Daniel Abt ist eines der größten deutschen Formel-Talente Zoom

Frage: "Herr Abt, am vergangenen Wochenende fand das Saisonfinale der GP3 in Monza statt. Nachdem sie mit dem zweiten Platz im Sonntagsrennen die Meisterschaft knapp verpasst hatten, sah man Ihnen die Enttäuschung deutlich an. Ist mit ein paar Tagen Abstand die Enttäuschung immer noch so groß oder überwiegt die Freude über den Vize-Meistertitel?"
Daniel Abt: "Es überwiegt schon die Freude. Im ersten Moment nach dem Rennen ärgert man sich natürlich, weil die Chance zum Greifen nah war. Man muss sich aber auch überlegen, wie ich in das Wochenende gestartet bin. Ich war Außenseiter, keiner hat von mir geredet, als es um den Titel ging."

"Ich kam als Vierter in der Meisterschaft nach Monza, und nach dem Qualifying war die Ausgangslage sehr, sehr schlecht, um bei der Vergabe des Titels mitzureden. Wir waren nicht sonderlich schnell, und die Titelkonkurrenten standen auf eins und zwei. Von daher war es ein ziemlich perfektes Wochenende. Wenn man einmal gewinnt und einmal Zweiter wird, ist das nicht so schlecht. Da kann man sich dann nicht ärgern, wenn man Vize-Meister wird. Daher muss man das positiv sehen, es war ein fast perfekter Abschluss und der Vize-Titel ist auch etwas wert."

Frage: "Haben Sie im Vorfeld des Wochenendes überhaupt einen Gedanken an die Meisterschaft verschwendet?"
Abt: "Man weiß, man hat theoretische Chancen, aber ehrlich gesagt waren die extrem gering. Ich wusste, ich muss zwei Mal gewinnen und Evans darf nicht einmal punkten. Das war schon sehr unrealistisch, daher habe ich nicht gesagt: 'Du musst jetzt um die Meisterschaft fahren'. Ich ging auch als Zweitbester meines Team in das Wochenende, mein Teamkollege Vanio war als Dritter der Meisterschaft noch vor mir. Das war es ein realistisches Ziel, ihn zu schlagen und zu überholen, damit ich Bester im Team bin. Dass es dann so kam, hätte ich natürlich nicht erwartet."

Herausforderung wechselnde Grip-Verhältnisse

Frage: "Während der Saison ging Ihre Formkurve ständig nach oben. Anfangs gab es zwar einzelne Highlights wie das Podium in Monaco, aber richtig stark war der Schlussspurt nach der Sommerpause. Wie schwierig war die Umstellung von der Formel 3, die Sie vorher gefahren sind, auf die GP3?"
Abt: "Es war nicht so sehr das Auto, auf das ich mich einstellen musste, sondern mehr das Umfeld. Vor allem beim ersten Rennen war es interessant zu spüren, wie sich vom ersten Freien Training bis zum Rennen die Grip-Verhältnisse ändern, weil zwischenzeitlich die Formel 1 auf der Strecke fährt. Das sind Erfahrungswerte, die man nicht hat. Auch wenn man vorher mit dem Auto testet, muss man das erst einmal live erleben und spüren."

Daniel Abt

Aus fast aussichtsloser Position fuhr Abt in Monza fast zum GP3-Titel Zoom

"Daher war es für mich bei den ersten Rennen vor allem im Qualifying sehr schwer, das hinzubekommen. Dort hat man nur ein, zwei Runden, und ich konnte diesen zusätzlichen Grip nicht hundertprozentig nutzen. Mit ein paar Rennen Erfahrung wird man einfach besser und besser. Es hat dann auch bei mir immer besser funktioniert. Ich glaube, wenn jetzt noch zwei Rennen wären, dann wäre das äußerst positiv für mich. Aber ich wusste ja, was auf mich zukommt und glaube es ist besser, wenn man schlecht anfängt und gut aufhört, als wenn man gut anfängt und schlecht aufhört."

Frage: "Welche Rolle hat gespielt, dass viele der Strecken für Sie völliges Neuland waren?"
Abt: "Es ist ein Nachteil. Es ist nicht leicht, sich in der kurzen Trainingszeit auf die Strecken einzuschießen. Ich wusste, dass ich dieses Handicap habe, und musst schauen, dass ich das durch Simulatorfahrten so gut wie möglich kompensiere. Man kann es auch nicht immer als Ausrede nehmen, dass man die Strecke nicht kennt. Es war nicht ganz einfach, aber ich glaube es hat auf den meisten Strecken recht gut funktioniert."

Frage: "Weil Sie die Simulatorfahrten ansprechen: Gibt es auch bei den GP3-Teams richtige Simulatoren wie in der Formel 1 oder wo sind Sie im Simulator gefahren?"
Abt: "Es ist nicht wie ein Formel-1-Simulator. Ich bin zwar noch nie im Red Bull- oder McLaren-Simulator gefahren, aber ich schätze, das sind extreme Hightech-Teile. Aber die GP3-Teams haben mittlerweile auch Simulatoren, und mein Team hat eine Menge Geld in die Entwicklung gesteckt."

"Das Projekt wurde im vergangenen Jahr gestartet, und es ist ein ziemlich guter Simulator, mit dem wir GP3, GP2 und sogar GT abdecken können. Daher war das schon eine gute Vorbereitung. Vor allem auf Strecken, die man gar nicht kennt, weiß man dann zumindest, wo es lang geht und hat ungefähr eine Ahnung, wo die Bremspunkte sind und was man mit dem Auto machen muss. Das hat schon geholfen."

Kein Formel-3-Start in Macau geplant

Frage: "Neben der GP3 haben Sie in Spa-Francorchamps auch einen Gaststart im Formel-3-Cup absolviert. War das eine einmalige Angelegenheit oder besteht die Chance, Sie in Macau noch einmal im Formel 3 zu sehen?"
Abt: "Die Idee war eigentlich, dass ich den Gaststart mache, um mich für Macau zu qualifizieren. Man muss ein Rennwochenende in der Formel 3 bestreiten, damit man in Macau fahren darf. Daher hat sich das gut angeboten, aber ich glaube nicht, dass ich im Macau fahren werde."

Daniel Abt

Der Formel-3-Start in Spa wird wohl eine einmalige Angelegenheit bleiben Zoom

"Wenn ich dorthin gehe, möchte ich in einem absoluten Top-Team sein und um den Sieg mitfahren. Bisher gab es aber noch kein Angebot, das perfekt für mich gewesen wäre, bei dem ich mit einem guten Gefühl hätte nach Macau fahren können. Bevor ich im Mittelfeld rumfahre, lass ich es lieber sein."

Frage: "Blicken wir in die Zukunft: Gibt es für das nächste Jahr schon konkrete Pläne, was Sie machen werden? Noch ein Jahr GP3 mit dem Ziel, den Titel zu gewinnen, oder vielleicht der Aufstieg in die GP2. Lotus hat ja nicht nur ein GP3- sondern auch ein GP2-Team."
Abt: "Das ist auf jeden Fall eine Überlegung, aber Stand jetzt haben wir noch nichts entschieden. Ich werde auf jeden Fall im Winter GP2 testen, um zu schauen, wie es funktioniert, wie ich mit dem Auto klarkomme, ob ich mich für die Aufgabe bereit fühle. Dann werden wir uns zusammensetzen und schauen, in welche Richtung es geht und was am Sinnvollsten ist."

GP2-Test für Lotus

Frage: "Wird der Test für Lotus sein?"
Abt: "Ja, für Lotus."

James Calado

Im Herbst wird Abt für Lotus in der GP2 testen Zoom

Frage: "Was wären die Alternativen zur GP2?"
Abt: "Die Alternative wäre die GP3 mit dem leistungsstärkeren Auto, die Renault-World-Series oder halt die GP2. Andere Dinge kommen eigentlich nicht infrage."

Frage: "Wenn man in Nachwuchsformeln fährt, ist das langfristige Ziel sicherlich die Formel 1. Gilt das auch für Sie?"
Abt: "Ja, absolut. Dafür macht man das ja, dafür fährt man diese ganzen Nachwuchsformelserien. Aber man sieht, wie schwierig es derzeit für die jungen Fahrer ist und wie viele darauf warten, dass sie ihre Chance bekommen. Aber trotzdem ist es das erklärte Ziel."

Frage: "Gibt es schon irgendwelche Kontakte zu Formel-1-Teams? Mit der GP3 sind Sie ja im Umfeld der Formel 1 gefahren."
Abt: "Man versucht natürlich schon, auf sich aufmerksam zu machen. Gerade in Monza ist mir aufgefallen, dass die Teamchefs schon auf die Rennen achten. Es gibt Beziehungen zu einigen Teamchefs, die man schon einmal gesehen oder gesprochen hat. Aber es ist nicht so, dass man sagen könnte, dass schon irgendwas für die Zukunft fix ist. Aber es ist sicherlich gut, wenn man ein paar Leute kennt und sich ein Netzwerk aufbaut. Wenn man dann soweit ist, dass man in die Formel 1 gehen will, muss man sehen, was man aus den Kontakten machen kann."

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