• 26.10.2016 09:00

  • von Peter Levay

Brands Hatch 1986: Roland Ratzenbergers große Sternstunde

Heute vor 30 Jahren: Der größte Erfolg in der Karriere von Roland Ratzenberger beim Formel-Ford-Festival 1986 in Brands Hatch

(Motorsport-Total.com) - Wer es im Motorsport zu etwas bringen wollte, der musste - zumindest in den 80er-Jahren - sein Talent in England unter Beweis stellen. Das Mekka des Rennsports bot schon damals Nachwuchsrennfahrern mit dem Formel-Ford-Festival die große Chance, auf sich aufmerksam zu machen. Um voranzukommen, musste man wenigstens dieses Festival gewinnen.

Das Prinzip war simpel: 156 Fahrer aus allen Herren Länder traten in Ausscheidungsrennen gegeneinander an und konnten sich so für die nächste Runde qualifizieren. Die besten 27 Fahrer bestritten dann das große Finale. Neben Eddie Irvine und J.J. Lehto auch der damals 26-jährige Salzburger Roland Ratzenberger, der für seine Karriere nach England ausgewandert war.

Anfang 1986 gelang es dem Österreicher, einen Platz im Team Space Racing zu ergattern, mit dem er in der laufenden Saison der Englischen Formel-Ford-Meisterschaft achtbare Erfolge erzielen konnte.

Kurz vor dem wichtigsten Event des Jahres dann der Schock für Ratzenberger: Sein Team hatte sich einige Tage vor dem Rennwochenende aus unerklärlichen Gründen von der Teilnahme zurückgezogen.

Man überließ ihm zwar das Van Diemen-Chassis, jedoch ohne Motor. Weil Ratzenberger ausgezeichnete Kontakte zu Graham Fuller pflegte, der seinerzeit bei Minister Engines arbeitete, konnte man sich auf einen Motorendeal einigen. So gelang Ratzenberger in allerletzter Minute die Einschreibung für das Festival.

Am besagten Rennwochenende war Ratzenberger auf Anhieb schnell, schlug seine Konkurrenten in den Zeittrainings und eroberte in allen Ausscheidungsläufen die Pole-Position.


Formel-Ford-Finale 1986 in Brands Hatch

Ein Weggefährte erinnert sich noch heute daran, dass Ratzenberger damals im Programmheft mit einem Rotstift diejenigen Fahrzeuge durchstrich, die sich für das Viertelfinale, Halbfinale und Finale nicht qualifizieren würden. Er lag mit seinen Prognosen immer richtig.

Als am Sonntag beim Finale die Ampel auf Grün schaltete, sprintete Ratzenberger erneut von der Pole-Position aus als Erster nach vorne, dicht gefolgt von Philippe Favre aus der Schweiz. Dahinter abgeschlagen der Rest des Teilnehmerfeldes.

Roland Ratzenberger und Graham Fuller in Brands Hatch 1986

Graham Fuller half Roland Ratzenberger in letzter Minute mit einem Motor aus Zoom

Was dann folgte, ist mit heutigen Autorennen kaum zu vergleichen: Da die Rennwagen weder Heck- noch Frontflügel besaßen, sah man beide Wagen immer wieder wild driftend um die Kurven fliegen. Beide Monoposti bewegten sich im Grenzbereich und klebten förmlich aneinander. Bis zur Überquerung der Ziellinie lieferten sich diese beiden Teilnehmer einen erbitterten Kampf um den Sieg.

Erst in der allerletzten Kurve gelang es Favre aus dem Windschatten seines Vordermannes herauszustechen. Seite an Seite überquerten die beiden die Ziellinie - mit nicht einmal einer halben Wagenlänge Abstand. Doch Ratzenberger behielt die Nerven, konnte alle Attacken abwehren und gewann das Festival.

Nachdem man über Ratzenberger in England bis dato eher geschmunzelt hatte, steckte doch das englische Wort für Ratte in seinem Nachnamen ("The Rat"), brachte dieser Sieg alle Zweifler zum Schweigen. Nun hatte sich die Motorsportwelt endgültig vom Talent des Salzburgers überzeugen können.

Roland Ratzenberger in Brands Hatch 1986

Die legendären Formel-Ford-Autos hatten weder Front- noch Heckflügel Zoom

Bis heute bleibt Ratzenberger der einzige deutschsprachige Gewinner des Formel-Ford-Festivals in über 44 Jahren.

Auch 22 Jahre nach dem Unfalltod des sympathischen Salzburgers in Imola 1994 sind sich viele Rennfahrerkollegen und Wegbegleiter einig: Der größte Sieg in der Karriere von Ratzenberger war der Gewinn des Festivals 1986, der ihm einige Türen für seine weitere Karriere geöffnet hat.

Letztendlich auch die zur Formel 1.