Zu viel Spiegelei: Fahrer sauer auf Rennleitung und Schikane

Die Rennleitung verhängte in Berlin viele "Spiegelei-Flaggen" und zog damit den Unmut einiger Piloten auf sich - Schlecht designte Schikane schuld?

(Motorsport-Total.com) - Ob die Rennleitung am Samstagmorgen zu viele Spiegeleier gegessen hatte, ist nicht bekannt, doch beim Formel-E-Rennen verteilten die Stewards ungewöhnlich viele schwarze Flaggen mit orangenem Punkt - auch als "Spiegelei-Flagge" bekannt. Diese signalisiert einem Fahrer, dass er einen technischen Defekt hat, mit dem er innerhalb von drei Runden die Box aufzusuchen hat. Durch den Sprintcharakter der Rennen wiegt diese Fahne in der Formel E besonders schwer.

Titel-Bild zur News: Lucas di Grassi

Die Schikane in Berlin war den Piloten der Formel E ein Dorn im Auge Zoom

Gleich fünf Piloten bekamen am Samstag ein Spiegelei ins Cockpit gereicht: Die beiden DS Virgin von Sam Bird und Jean-Eric Vergne, die beiden NextEV von Nelson Piquet. jun und Oliver Turvey sowie Rene Rast (Aguri). Doch während der Deutsche die Entscheidung in seinem Fall noch nachvollziehen kann, weil ihm der Heckflügel herunterhing, waren die anderen Piloten sauer, denn ihre Schäden waren teilweise nur minimal.

Vor allem Bird war nach dem Rennen in Berlin außer sich über die Entscheidung, die sein Wochenende komplett ruinierte: "Mein Flügel war in Ordnung. Er ist ein wenig umhergeflattert, das konnte jeder sehen, aber er war nicht einmal nah dran, dass er vom Auto fallen würde. Der Flügel war von seiner Struktur her in Ordnung", zeigt er gegenüber 'Motorsport-Total.com' kein Verständnis für die Rennleitung.

Beim Briten war ein Seitenteil seines Frontflügels lose und wackelte ein wenig - zu viel allerdings für die Rennkommissare. "Ich bin sehr enttäuscht über die Entscheidung, aber die ist nicht rückgängig zu machen. Ich weiß nicht, wie stark die Flügel der anderen beschädigt waren, aber ich hatte alle meine Teile noch an meinem Auto", hadert er. "Wenn man um das Podium kämpft, ist das wirklich schade."


Fotos: Formel E in Berlin


Rast und Heidfeld verstehen Vorsicht

Ähnlich ging es seinen Kollegen Turvey, Piquet und Vergne, die ähnliche Schäden hatten. Bei Rene Rast war hingegen der komplette Heckflügel schief, nachdem ihm Bruno Senna (Mahindra) auf das Auto geknallt war. Der Mindener wurde zuerst an die Box beordert und somit praktisch aus dem Rennen genommen, denn die Reparaturarbeiten waren langwierig, sodass Rast ohne Chance auf ein gutes Ergebnis bei seinem ersten Formel-E-Rennen war.

"Im Endeffekt haben sie es vielleicht als Sicherheitsrisiko gesehen, und da muss man die Rennleitung auch verstehen", sagt er zu 'Motorsport-Total.com', obwohl er auch mit kaputtem Heckflügel mit der Konkurrenz mithalten konnte. "Wenn so ein Heckflügel auf die Strecke fällt und ein anderer Pilot ihn auf das Monocoque oder den Helm bekommt, dann ist das natürlich ein Sicherheitsrisiko. Von daher hat die Rennleitung mit Sicherheit richtig gehandelt, aber für mich war es natürlich schade."

Auch Nick Heidfeld kann die Vorsicht in Berlin verstehen, denn für ihn besteht das Risiko, dass ein Teil wegfliegt und jemanden verletzt. "Solange da etwas nur ein klein wenig schief hängt, ist mir das egal. Da sollte man weiterfahren lassen", so der Mönchengladbacher. "Aber sobald das Risiko besteht, dass ein Teil wegfliegt, geht die Sicherheit vor. Sobald irgendjemand mal davon getroffen wird, erübrigt sich die Diskussion."

Piloten wüten: "Schikane schlecht designt"

Doch soweit kam es zum Glück nicht, obwohl in Berlin zeitweise viele lose Teile auf der Strecke lagen. Insbesondere die Schikane nach der Start- und Zielgerade war teilweise voller Trümmerteile und für die Piloten ein Hauptgrund für die vielen Diskussionen. An den aufgestellten Pollern fuhren sich die Fahrer häufig Teile am Frontflügel weg und bekamen schließlich die Spiegelei-Quittung. "Wenn sie die Schikane ordentlich machen, dann macht sich auch niemand den Frontflügel kaputt", urteilt etwa WM-Leader Lucas di Grassi.

Für den Abt-Piloten war die Schikane einfach schlecht designt, wie er sagt. Auch Heidfeld muss seinem Kollegen da zustimmen: "Die Schikane war nicht gut gelöst. Wir haben einige Unfälle und viele kaputte Flügel gesehen." Das Problem war zwar schon nach der ersten Besichtigung klar und wurde daraufhin im Briefing von den Fahrern angesprochen, doch eine Reaktion seitens der Veranstalter blieb aus - auch aufgrund fehlender Zeit, weil der Event an einem Tag stattfindet.

Die Formel-E-Piloten hoffen nun, dass sich bis zum nächsten Jahr etwas daran ändert, denn ansonsten habe Berlin sehr gut funktioniert. "Ich muss klarstellen: Die Strecke ist wirklich sehr schön und jeder hatte viel Spaß", unterstreicht di Grassi. "Es gibt natürlich Raum zur Verbesserung, wie die Schikane, die als einzige Kurve künstlich eingebaut wurde. Alle anderen Kurven waren Teil der Stadt. Wenn wir die Schikane verbessern oder sie entfernen und eine schnelle Rechtskurve fahren, dann würden alle Fahrer zustimmen. Hoffentlich hören sie das nächste Mal auf uns."