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Großer Preis von Belgien / Spa-Francorchamps

Großer Preis von Belgien / Spa-Francorchamps

Porträt

Die bei den Fahrern vielleicht beliebteste Rennstrecke im Kalender ist Spa-Francorchamps. Nach mehreren Pausen wegen kommerzieller Probleme kehrte der Kurs 2007 wieder in den Kalender zurück. Die Rennstrecke, nur eine gute Stunde südlich von Aachen und östlich von Lüttich an der belgischen Grenze gelegen, ist ein Kurs der alten Schule. Die aufregende Kombination aus schnellen Kurven, Bergab- und Bergauf-Stücken sowie die traumhafte Lage inmitten der Ardennen machen das besondere Flair aus, zu dem auch die lebhafte Fankultur mit vielen Campern beiträgt.

Mit einer Länge von 7,004 Kilometern ist Spa-Francorchamps der längste Kurs im Rennkalender, war früher aber noch viel überdimensionierter. Damals führte die Bahn noch über 22 Kilometer quer durch die Landschaft, vorbei an Bauernhöfen und Kuhweiden. Neben Monaco und Suzuka gehört die Berg- und Talbahn zu den ausgesprochenen Fahrerstrecken. Gerade die herausfordernden Kurvenkombinationen trennen in Belgien die Spreu vom Weizen.

Dank sechs Siegen Michael Schumachers wurde die Strecke seinerzeit als "Wohnzimmer" des Deutschen beschrieben, wo er auch seinen ersten Grand Prix bestritt. Rund um die Strecke versammeln sich aufgrund der Nähe zur Grenze immer viele Fans aus Deutschland. Früher lautete deren Wahlspruch: "Schumi, Fritten, Bier - dafür sind wir hier!" Weniger gefallen haben dürfte ihnen das spektakuläre Überholmanöver, als Mika Häkkinen 2000 auf der Kemmel-Geraden an Schumacher vorbeiging, indem er den überrundeten Ricardo Zonta auf der anderen Seite passierte.

Das Ende der Kemmel-Geraden vor der Les-Combes-Schikane ist eine gute Überholstelle in Spa, ebenso wie die Schikane vor Start und Ziel und die Einfahrt zur ersten Kurve. Mit der "Brechstange" geht es aber auch anderswo, vor allem in Mischbedingungen.

Denn richtig aufregend wird es in Spa-Francorchamps, wenn der typische Ardennenregen niedergeht. Ein ganzes Wochenende ohne einen einzigen Regentropfen hat auf dem Kurs, der zum Teil aus öffentlichen Straßen besteht, Seltenheitswert. Da die Strecke mitten in einer Berglandschaft liegt, kann es vorkommen, dass ein Teil der Piste nass ist, der andere hingegen die Fahrer mit Sonnenschein verwöhnt. 2021 aber kam es richtig übel: Anhaltender Regen ließ im Grand Prix kaum Fahrbetrieb zu, das Rennen wurde mit nur einer absolvierten (Safety-Car-) Runde gewertet, und das ist Formel-1-Rekord!

Einige Fahrer halten die Strecke für nicht mehr zeitgemäß. Als atemberaubend gelten vor allem zwei Kurven. Dazu zählt zum einen die Eau Rouge, eine Senke, die mit rund 300 km/h angefahren wird. Wenn die Fahrer einlenken müssen, führt die Strecke steil nach oben, was die Autos leicht werden lässt. Oft beschreiben die Fahrer das Gefühl, mit 4g in die Sitze gedrückt zu werden, mit Achterbahnfahren. Bekannt ist auch die Blanchimont, eine 300-km/h-Linkskurve, an deren Stelle man wegen beschränkter Auslaufzonen besser nicht abfliegen sollte.

Allerdings gehen durch das Downsizing der Formel-1-Motoren inzwischen sowohl Eau Rouge als auch Blanchimont voll, zumindest im Trockenen. Sie haben deutlich an Reiz verloren. Der Fokus ist daher in den vergangenen Jahren mehr und mehr auf die Kurve Pouhon gerückt, die heute am Limit gefahren wird. Anders am 19. Juni 1960, als mit den Briten Chris Bristow und Alan Stacey gleich zwei Fahrer innerhalb weniger Minuten und in Sichtweite zueinander auf regennasser Fahrbahn unabhängig voneinander tödlich verunglückten. Sein Leben ließ in Spa - genauer gesagt in Eau Rouge - auch Stefan Bellof, allerdings nicht im Rahmen eines Formel-1-, sondern eines Sportwagen-Rennens.

Um die Sicherheit der legendären Rennstrecke weiter zu verbessern und auch Motorrad-Rennen wieder zu ermöglichen, investierte Spa zur Saison 2022 rund 80 Millionen Euro in die eigene Infrastruktur. Es wurden Auslaufzonen vergrößert und teilweise wieder mit Kiesbetten ausgestattet, unter anderem im Bereich Eau Rouge/Raidillon, dem bekanntesten Streckenteil. Dort war es zuletzt vermehrt zu schweren Unfällen gekommen. Außerdem errichten die Verantwortlichen in Belgien neue Tribünen im ersten Abschnitt der Rennstrecke, um Platz zu machen für bis zu 13.000 weitere Zuschauer.