Wie zufrieden ist Marko mit Ricciardo?

Daniel Ricciardos Formel-1-Zukunft hängt vom mächtigen Red-Bull-Juniorteam-Chef Helmut Marko ab - Das bisherige Urteil des Österreichers

(Motorsport-Total.com) - Daniel Ricciardo ringt derzeit bei HRT um seine Formel-1-Zukunft. Unter den gestrengen Augen von Red-Bull-Juniorteam-Chef Helmut Marko muss sich der Australier seit seinem Debüt in Silverstone gegen seinen Teamkollegen Tonio Liuzzi behaupten. Der Italiener debütierte 2005, hat also bereits einige Formel-1-Jahre auf dem Buckel. Dazu kommt, dass Liuzzi für Marko kein Unbekannter ist, weil er selbst jahrelang Red-Bull-Youngster war und für Red Bull und Toro Rosso fuhr.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Daniel Ricciardo weiß, dass er Liuzzi in den Schatten stellen muss

Doch was verlangt Marko von seinem Schützling? "Er hat nicht gesagt, ich muss 15. oder Zehnter werden, aber er rechnet damit, dass ich das Tempo von Tonio mitgehen kann", stellt der 22-Jährige im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' klar. "Wenn ich vor Marussia-Virgin liege, dann ist das für unsere Verhältnisse ziemlich gut. Wenn Tonio eine Sekunde schneller ist als ich, dann ist das nicht gut genug. Aber ich bin ihm auf den Fersen - und das ist in meiner Phase ein gutes Resultat. Bei den ersten paar Rennen."

Marko fordert: "Das Ziel muss ganz klar sein, Liuzzi zu schlagen. Aber nicht nur ihn, sondern auch D'Ambrosio", verweist er gegenüber 'Motorsport-Total.com' auf den belgischen Marussia-Virgin-Debütanten. "Er muss lernen, in jeder Session die entscheidende Leistung abzurufen."

Im Qualifying stets hinter Liuzzi

Nach einem harzigen Auftakt konnte sich Ricciardo, der durch seine sensationellen Leistungen bei den Formel-1-Nachwuchs-Tests 2009 und 2010 mit vielen Vorschuss-Lorbeeren bedacht wurde, bei HRT tatsächlich immer besser in Szene setzen. In Spa-Francorchamps hielt er sich durch einen guten Start bis zum Ausfall wegen eines technischen Problems lange vor Liuzzi und den Marussia-Virgin-Boliden, auch in Ungarn lag er vor D'Ambrosio.

Im Qualifying-Duell mit Liuzzi liegt er allerdings mit 1:3 zurück - der einzige Sieg war auf einen Getriebewechsel bei Liuzzi auf dem Nürburgring zurückzuführen. In Silverstone fehlten dem "Aussie" sechs Zehntel, am Nürburgring 25 Tausendstel, am Hungaroring eineinhalb Zehntel, dafür in Spa 1,5 Sekunden. Um sich für 2012 für ein Toro-Rosso-Cockpit zu empfehlen, wird Ricciardo also nachlegen müssen, denn mit Jean Eric Vergne steht der nächste vielversprechende Red-Bull-Youngster vor einem Toro-Rosso-Freitags-Einsatz.

"Das Ziel muss ganz klar sein, Liuzzi zu schlagen." Helmut Marko

Marko analysiert Ricciardos Schwächen

Marko ist mit Ricciardos Leistungen bisher nur bedingt zufrieden: "Sagen wir es mal so: Das Qualifying in Spa war der erste Rückschlag. Das Rennen in Budapest war sehr gut, aber im Qualifying von Belgien war der Rückstand auf Liuzzi viel zu groß." Dazu kommen noch Defizite im Rennen: "Er hat Anfängerschwächen beim Überrunden. Und in einem HRT wirst du halt einmal oft überrundet. Da hat er viel zu viel Zeit verloren."

Und auch beim Boxenstopp muss Ricciardo Fortschritte machen, verlangt der Juniorteam-Chef: "Bei der Ein- und Ausfahrt ist er viel zu zaghaft. Auch beim Boxenstopp verliert er einige Sekunden." Marko, der trotz seiner Verpflichtungen beim Red-Bull-A-Team ständig in Kontakt mit seinen Junioren ist, gibt sich vorerst geduldig: "Das sind typische Fehler, wenn man anfängt."


Fotos: Großer Preis von Italien


Zumal Ricciardo in der Renault-World-Series genau in diesem Bereich laut Marko sein Potenzial gezeigt hat: "In Silverstone hat er in der Renault-World-Series gegenüber Vergne bei der Ein- und Ausfahrt deutlich gewonnen. Er muss das halt jetzt auch in der Formel 1 umsetzen."

Hat Ricciardo die Formel 1 unterschätzt?

Vor seinem Formel-1-Debüt in Silverstone zeigte sich Ricciardo zuversichtlich, auf Anhieb mit Teamkollegen Liuzzi mithalten zu können. Dass dies zunächst nicht gelang, führt er auf seine mangelnde Routine zurück: "Ich muss respektieren, wer er ist, was er getan hat und wie lange er schon hier ist. Als ich zurücklag, brachte mich das in die Realität zurück, obwohl ich mehr wollte. Wir sind in der Formel 1 und es braucht Zeit, dein Limit zu erreichen. Ich verbessere mich und wir rücken viel näher zusammen. Es wäre schön, vor dem Ende der Saison vorne zu sein."

Er weiß, dass der Spielraum für Fehler immer geringer wird, je länger er in der Formel 1 ist. "Mit jedem Rennen werden die Erwartungen größer - bei Marko und bei den Leuten, die mich unterstützen. Das ist so nur fair. Ich kann es mir nicht leisten, im Qualifying in der restlichen Saison hinter Tonio zu liegen, da muss ich vor ihm sein. Und wenn möglich auch vor Marussia-Virgin."

"Als ich hinter Liuzzi zurücklag, brachte mich das in die Realität zurück, obwohl ich mehr wollte." Daniel Ricciardo

Ricciardo spürt den Druck

Doch wie nimmt Ricciardo selbst die Reaktionen von Juniorteam-Chef Marko auf seine Leistungen wahr? Schließlich hängt seine Zukunft vom Österreicher ab. "Von Silverstone zum Nürburgring habe ich mich verbessert - das hat er gesehen, aber er hätte eine größere Verbesserung erwartet", so der Rennfahrer, der sogar kurzzeitig mit der Nachfolge seines Landsmannes Mark Webber in Verbindung gebracht wurde.

"Vom Nürburgring nach Budapest gab es eine weitere Verbesserung - ich denke, dass er damit zufriedener war. Er ist noch nicht komplett zufrieden, aber er sieht die Verbesserung. Wenn ich so weiter mache, dann sieht es glaube ich nicht allzu schlecht aus."