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  • 27.05.2012 20:18

Webber: "Ich fühle mich unglaublich"

Red-Bull-Fahrer Mark Webber spricht über seinen zweiten Monaco-Erfolg, den plötzlichen Regen und über sein spannendes Duell mit Nico Rosberg

(Motorsport-Total.com) - Die Pole-Position war der Schlüssel zum Erfolg: Mark Webber setzte sich beim Großen Preis von Monaco gegen seine Verfolger durch und behielt in einem spannenden Finish die Oberhand. Für den australischen Rennfahrer war es bereits der zweite Sieg im Fürstentum, denn 2010 hatte Webber erstmals triumphiert. In der Pressekonferenz spricht der Red-Bull-Pilot über die wichtigsten Szenen des Rennens und über die aktuelle Formel-1-Saison, die ihn als sechsten Sieger 2012 ausweist.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Ein Schlückchen in Ehren: Mark Webber hat erneut den Monaco-Sieg eingefahren

Frage: "Mark, dein zweiter Sieg hier in Monaco. Enger kann es ja schier nicht zugehen. Was denkst du über das Rennen? Wie fühlst du dich?"
Mark Webber: "Ja, ich fühle mich unglaublich, mein Lieber. Es war ein sehr interessantes Rennen. Beim Start ging im Prinzip alles recht glatt. Auf der superweichen Mischung konnte ich mich ein bisschen absetzen und hatte Nico gut im Griff. Wie beide lagen etwas vor dem Rest, also setzten wir uns beide ab. Es ging dann einfach darum, die Abstände in einem sinnvollen Bereich zu halten."

"Um das Boxenstopp-Fenster herum drohte das Wetter zu kippen. Wir waren nicht sicher, ob wir nicht etwas länger draußen bleiben sollten, um dann Intermediates zu holen, falls es wirklich regnen sollte. Nico machte aber den ersten Schritt und kam uns zuvor. Ein paar Leute mussten auf seinen ersten Schachzug reagieren. In der folgenden Phase wurde das Rennen dann sehr seltsam. Es war schwierig, die härteren Reifen auf Temperatur zu bringen."

"Seb (Sebastian Vettel; Anm. d. Red.) hatte seine Reifen noch immer auf Temperatur und diese bauten offensichtlich auch kaum ab. Dank seiner Strategie lag er auf einmal ebenfalls gut im Rennen. Wir alle versuchten, unsere Reifen aufzuwärmen. Zu Beginn des Stints hatte ich an der Vorderachse nur sehr wenig Grip. Damit musste ich auskommen. Ich verstellte die Bremsbalance und dergleichen und versuchte einfach nur, damit umzugehen."

"Ich musste ja auch Nico auf Distanz halten. Ich wollte natürlich auch nicht, dass Seb die magischen 21 Sekunden kriegen würde, um damit einen Boxenstopp zu absolvieren und den Sieg zu holen. Das war nicht Teil des Plans. Ich meisterte diese Situation und konnte mich dann wieder auf Nico konzentrieren. Und darauf, das Auto über die Distanz zu bringen. Doch der Regen ..."

"Ich musste ja auch Nico auf Distanz halten." Mark Webber

"Wie Fernando sagte, als er nach dem Rennen zu mir herüber kam: Er betete während des Rennens für Regen. Als der Regen dann endlich kam, wollte er ihn bloß nicht mehr haben. Ich denke, so war es für alle außer mir. Als Erster hast du es natürlich immer besonders schwierig. Für mich und das Team war es ein klasse Tag. Ja, ich bin sehr, sehr zufrieden damit, hier erneut gewonnen zu haben. Das sind tolle Erinnerungen für mich. Fantastisch."

Webber setzt sich schon beim Start durch und ab

Frage: "Der Start war sicherlich entscheidend. Du kamst gut los, was nicht immer deine Stärke war. Erzähle uns von der Startphase ..."
Webber: "Ja, es lief gut. Das erste Loskommen war ganz prima und danach hatte ich eine gute Kontrolle. Ich wusste aber sofort, dass es gut genug war, um in Kurve eins gut auszusehen. Das war wichtig. Das Nächste war der Boxenstopp. Nico war schon zwei Runden eher hereingefahren. Er hatte im Vergleich zu mir eine sehr aggressive Strategie gewählt."

"Ich hoffte nur, er würde seine Reifen nicht auf Temperatur bekommen. Ich war aber zufrieden. Ich habe natürlich vollstes Vertrauen in die Jungs, die unsere Strategie entwickeln. Nico brachte im Verkehr oder wo auch immer auch nichts Besseres zusammen als ich. Das war also die nächste Phase. Danach kam es bei uns Fahrern darauf an, die Konzentration maximal zu wahren."

Frage: "War dieser zweite Monaco-Sieg einfacher als der erste? Ich würde vermuten, so war es ..."
Webber: "Dieser Sieg war schwieriger. Die Strategie war natürlich eine ganz andere. Wir wussten aber schon vom Start weg, dass es ganz anders laufen würde als bei meinem Sieg 2010, wenn ich es erneut auf Platz eins abgesehen hätte. Der Start auf den superweichen Reifen lief aber nach Plan für mich. Ich bin recht zufrieden damit, wie lange diese Pneus hielten."

"Wir wussten schon vom Start weg, dass es ganz anders laufen würde." Mark Webber

"Wir konnten uns jedoch nicht so sehr vom Mittelfeld absetzen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Nico suchte seine Chance und kam etwas eher herein. Ich war überrascht von diesem Schritt, denn die Reifen machten noch immer eine gute Figur. Es war aber sicher einen Versuch wert. Danach ging das Rennen in eine etwas andere Phase über, denn wir wechselten auf die härtere Mischung, die nicht ideal zu uns passte. Wir mussten diese Reifen natürlich verwenden."

"Es war aber nicht einfach, sie zum Arbeiten zu bringen. Seb hatte sich schon darauf eingeschossen und knallte zu dieser Zeit sehr, sehr schnelle Zeiten auf den Asphalt. Für uns war es schwierig, wieder in Fahrt zu kommen. Ich hatte den Abstand zu Sebastian daher stets im Auge, musste aber gleichzeitig ... Wir mussten das Rennen auf diesen Reifen beenden."

"Als Seb an die Box fuhr, konnte ich mich wieder auf Nico konzentrieren. Danach lief es ziemlich gut. Ich muss sagen: Es lagen wirklich viele Gummimurmeln auf der Strecke. So etwas ist ganz schön knifflig. Vor allem in Kurve drei, denn dort wurde es dadurch sehr eng. Nur ein Auto passte dort durch - und dann kam der Regen. Es ist immer sehr schwierig, wenn du bei leichtem Regen als Erster in den Kurven ankommst."

Du sollt den Tag nicht vor dem Abend loben ...

"Auf anderen Strecken und bei anderen Bedingungen würdest du normalerweise nicht so viel Tempo herausnehmen, doch hier drehen auf einmal die Reifen durch, du hast Untersteuern und dergleichen. An einem solchen Ort ist das nicht gerade ermutigend. Vor allem nicht, wenn du in Führung liegst und nur noch zehn Minuten vor dir liegen. Ich musste daher sehr kontrolliert fahren, um das Auto ins Ziel zu bringen. Der Start war der Schlüssel, was auch für den Boxenstopp gilt. Beides lief prima."

"Dazwischen verrichtete ich ein bisschen Arbeit. Prompt erzielten wir diesen unglaublichen Sieg, mit dem ich sehr, sehr zufrieden bin. Es sind tolle Erinnerungen für mich, hier zweimal zu gewinnen - zweimal von der Pole-Position. Ich bin happy. Nico hielt mich auf Trab. Ich hatte ihn zwar unter Kontrolle, doch er fuhr ebenfalls klasse. Was hinter uns passierte, weiß ich nicht. Es war aber ein gutes Rennen."

Frage: "Wann hast du gedacht, 'dieses Rennen habe ich in der Tasche'?"
Webber: "In Runde 78, ausgehend von Kurve 19. So ist das in Monaco. Ich habe mir den Monaco-Grand-Prix von 1982 oder 1983 angesehen. Prost führte zwei Runden vor Schluss, dann verunfallte er. Du darfst den Tag in Monaco nicht vor dem Abend loben, denn sonst rächt sich das bitter. Es war nach der letzten Kurve, dass ich dachte, ich würde dieses Rennen gewinnen."

"Es war nach der letzten Kurve, dass ich dachte, ich würde dieses Rennen gewinnen." Mark Webber

Frage: "Hattest du ein anderes Setup als Sebastian Vettel? War das ein Schlüssel zum Erfolg?"
Webber: "Ich denke, generell läuft es in diesem Jahr speziell im Qualifying richtig gut für mich. Seb schlug mich da einmal in Bahrain, ansonsten war ich gut unterwegs. Beim Setup waren wir immer ziemlich ähnlich. Wir arbeiten immer als Team zusammen, um aus beiden Autos das Beste herauszuholen."

"Vor dem Zeittraining nahm er nochmals einige Veränderungen vor. Rückblickend schien er damit nicht besonders zufrieden zu sein. So ist es halt manchmal für uns Fahrer. Wir kriegen es hin oder wir kriegen es nicht hin. Hier bist du jedenfalls nicht schnell, wenn du nicht das Vertrauen hast. Das ist Seb wiederfahren. Er hatte im Qualifying nicht das Vertrauen und konnte die Zeiten nicht abrufen."


Fotos: Mark Webber, Großer Preis von Monaco


"Das kann dir aber überall passieren. Wenn wir uns über das Teamduell unterhalten, dann war sicherlich der Schlüssel, dass die Qualifikation gut für mich verlaufen war. Ich musste mit diesen Jungs aber meine eigenen Scharmützel austragen. Wenn ich mich also entspannt hätte und auch nur ein Zehntel langsamer gewesen wäre, hätte ich Startplatz acht belegt. Man muss halt ständig auf der Hut sein."

Was ist anders als im vergangenen Jahr?

Frage: "Im vergangenen Jahr hast du dich bei diesem Rennen in einer ganz anderen Situation befunden. Dein Teamkollege gewann fast alles, du gar nichts. Kannst du uns sagen, was in diesem Jahr anders ist?"
Webber: "Ja, das vergangene Jahr war ein kleines Mysterium, wenn ich ehrlich bin. Manchmal war der Abstand so extrem, dass ich nicht immer verstand, warum es sich so verhielt. Ich denke, ich kam nicht immer ganz gut mit den Reifen zurecht, doch das war nicht alles."

"Ich hatte nicht das Gefühl, an Form eingebüßt zu haben. Im Saisonverlauf wurde es dann immer enger und es wurde besser. Du hast aber schon recht mit deiner Frage, denn die ersten fünf Monate waren richtig hart. Ich fuhr mit meinem Auto gewissermaßen in einer anderen Liga. In diesem Jahr ist es eher so wie 2009 oder 2010. Und das ist schön."

"Ich hatte nicht das Gefühl, an Form eingebüßt zu haben." Mark Webber

Frage: "Red Bull hat seit 2010 immer in Monaco gewonnen. Wie macht ihr das?"
Webber: "Nun, in den vergangenen drei Jahren standen wir hier jeweils auf der Pole-Position. Das ist eine große Hilfe. 2010 war das Rennen ziemlich ähnlich. Eigentlich ähneln sich die letzten drei Rennen hier. Es waren stets Einstopp-Rennen, wenn ich mich nicht irre."

"Die Safety-Car-Phasen lagen aber anders. Sebastian hatte eine Rotphase, die ihm 2011 ein bisschen zu Hilfe kam, doch insgesamt glaube ich, dass wir hier immer ein sehr gutes Fahrzeug hatten. Das Auto 2012 war im Vergleich wohl das schwächste Auto in diesen drei Jahren. Es war trotzdem gut genug, um zu gewinnen. In den anderen Jahren fiel es uns etwas leichter."

"Dieses Mal war es deutlich schwieriger. Ich weiß es nicht. Vielleicht trinken die Jungs viel Red Bull, was sie an diesem besonderen Wochenende einfach auf Tempo bringt. Wir dürfen uns jedenfalls glücklich schätzen, nun drei Jahre in Folge in Monaco gewonnen zu haben. Das ist eine brillante Leistung des Teams."

Die Saison 2012 ist ungeheuer umkämpft

Frage: "Du bist der sechste Sieger im sechsten Saisonrennen. Das hat es in der Formel 1 bisher noch nicht gegeben. Wie ist es für dich, ein Teil dieser tollen Saison zu sein?"
Webber: "Ziemlich gut. Ich denke, wir sind ein bisschen ... Fernando sagte es: In den Qualifyings und in den Rennen geht es hoch und runter. Es ist selbst für uns schwierig, eine Vorhersage anzustellen. Wir können auch kaum sagen, wie die Rennen verlaufen werden."

"So einfach ist es nämlich nicht. Das kann manchmal frustrierend sein, denn wir würden viel lieber ans Limit gehen und alles aus dem herausholen, was wir haben. Wir müssen aber etwas Luft lassen. Das betrifft nicht nur die Strategie, sondern auch das Fahren an sich und dergleichen mehr. Es ist nun halt anders als in der Vergangenheit. Vielleicht sehen wir in Montreal ja den siebten Sieger. Wir wissen es nicht."

"Hoffentlich kriegen wir nun aber allmählich etwas Routine rein. Ich denke, wir haben hier das Maximum herausgeholt - aus dem kompletten Wochenende. Wir dürfen uns sehr, sehr glücklich schätzen, die Pole-Position gekriegt zu haben. Mit meiner Runde war ich sehr, sehr zufrieden. Dann wussten wir, dass wir das Rennen nur verlieren konnten. Es ist ein wirklich spezieller Sieg. Hoffentlich ist er aber erst der Anfang."

"Ich denke, wir haben hier das Maximum herausgeholt." Mark Webber

Frage: "Gemeinsam mit Sebastian Vettel liegst du hinter Fernando Alonso auf der Verfolgerposition in der WM. Du hast schon gesagt: Siege sind, was du für den Titelkampf brauchst. Wie sehr sind die 25 Punkte aus Monaco dahingehend eine Hilfe?"
Webber: "Dieser Sieg kommt genau zur rechten Zeit, denn in Barcelona hatten wir ein recht schwieriges Rennen. Damals liefen ein paar kleine Dinge schief."

"Letztendlich zahlten wir den Preis dafür, indem wir dort keine Punkte holten. Bis dahin hatten wir das Maximum aus den meisten Wochenenden herausgeholt. Das war auch dieses Mal der Fall. Das ist alles, was wir tun können: Das Beste aus den Wochenenden machen. In Schanghai war Nico unantastbar, in Barcelona war der Williams sehr schnell. Wir müssen einfach immer punkten."

"Wenn dann einmal ein solcher Tag kommt, dann darfst du dir die damit verbundene Chance einfach nicht entgehen lassen. Du musst mit beiden Händen danach greifen und mit Händen und Füßen daran festhalten. Das war der Plan für den Monaco-Sonntag. Konstanz ist super, aber Siege gewinnen Meisterschaften. Ausfälle können dir so etwas vermiesen. Du musst jedenfalls siegen und dann konstant agieren."