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Warum Brendon Hartley eine zweite Chance bekommt

Die märchenhafte Geschichte des Brendon Hartley: Wie er sich mit Beharrlichkeit, Fleiß und Demut eine zweite Chance erarbeitet und seinen Lebenstraum erfüllt hat

(Motorsport-Total.com) - Es ist fast eine märchenhafte Geschichte, die von Brendon Hartley und der Formel 1. 2008, nach seinem dritten Platz beim Formel-3-Grand-Prix in Macao, galt er als eine der heißesten Nachwuchsaktien. Seine Leistungen wurden belohnt mit einem Testvertrag bei Toro Rosso. Aber als die Ergebnisse in Formel-3-Euroserie, Renault-World-Series und GP2 unter den Erwartungen von Helmut Marko blieben, ließ ihn der fallen wie eine heiße Kartoffel.

Titel-Bild zur News: Brendon Hartley

Vorbildliche Einstellung: So hat Brendon Hartley ein Comeback geschafft Zoom

Das war im Sommer 2010 - Hartley tat sich in der Renault-World-Series schwer gegen Teamkollege Daniel Ricciardo -, und seinen Platz im Red-Bull-Juniorteam nahm ein gewisser Jean-Eric Vergne ein. Von da an konzentrierte sich der Neuseeländer darauf, mit dem Rennfahren Geld zu verdienen, weil sein Traum von der Formel 1 geplatzt schien. Der Plan ging auf: Porsche-Werksfahrer, Langstrecken-Weltmeister, Le-Mans-Sieger. Hartley ist abseits der Formel 1 ein Star.

Und jetzt bekommt er eine zweite Chance. Nicht weil er einfach Glück hatte und zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, sondern weil seine demütige Herangehensweise und seine Bereitschaft, immer ein wenig härter zu arbeiten als die anderen, letztendlich doch zum Ziel führte. "Das Fantastische an der Brendon-Story ist", findet Red-Bull-Teamchef Christian Horner, "dass das ein Junge ist, der einmal in unserem Juniorprogramm angefangen hat."

"Als er rausgeschmissen wurde, gab es kein Jammern, kein 'Ich bin so arm' oder 'Ich wurde so unfair behandelt', sondern er bedankte sich bei Red Bull für die Chance und bot an, in Kontakt zu bleiben. Er hatte damals keine anderen Alternativen. Er fuhr wieder Minis, historische Formel-1-Autos, alles, was er in die Hände bekommen konnte. Er zeigte Leidenschaft und Entschlossenheit, das zu tun, was er in sich zu wissen glaubte, nämlich das Rennfahren", sagt Horner.

Kontakt zu Red Bull nie ganz verloren

"Er erneuerte seine Verbindung zu Red Bull, als er Porsche-Werksfahrer wurde. Er wurde Weltmeister und kämpft auch dieses Jahr um den Titel", so der Brite. "Es ist seiner Entschlossenheit und Hartnäckigkeit geschuldet, seinem Können und seinem Talent, dass er jetzt wieder in einer Position ist, Formel-1-Rennen für Toro Rosso zu bestreiten."

Zumal die Chancen gut stehen, dass Hartley und Pierre Gasly nicht nur die restlichen Saisonrennen 2017 für Red Bulls B-Team bestreiten werden, sondern auch die Saison 2018. Teamchef Franz Tost deutet an: "Beide sind Red-Bull-Fahrer, beide sind talentiert und schnell, und wir wollen sie in der restlichen Saison testen. Denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das unsere Fahrerpaarung für 2018 sein wird."

Helmut Marko, Brendon Hartley

Helmut Marko und Brendon Hartley am Rande des Grand Prix der USA in Austin Zoom

"Wirklich? Das ist neu für ich. Wenn es stimmt, dann großartig!", freut sich Hartley mit leuchtenden Augen über Tosts Aussage in der FIA-PK. Bis dahin hatte ihm das noch keiner mitgeteilt. Ähnlich Gasly: "Das freut mich natürlich, wenn Franz das sagt. Mein Ziel ist, nächstes Jahr im Team zu sein. Ich warte die Bestätigung ab. Bis dahin konzentriere ich mich darauf, meinen Job zu machen. Wenn ich den gut mache, werde ich im Auto sitzen."

Via PK von 2018er-Chance erfahren

Hartley und Gasly scheinen eine Botschaft zu verstanden haben, an der andere Red-Bull-Junioren gescheitert sind: "Liefere Ergebnisse, dann bleibst du in der Formel 1. Total easy", sagt Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost. So hört man, dass es bei Daniil Kwjat nicht sein Talent war, das zum Rausschmiss aus dem Red-Bull-Kader geführt hat, sondern letztendlich seine aus Marko-Sicht wohl zu weinerliche und zu wenig selbstkritische Art.

Von Hartley kommt hingegen nicht das Funken eines Jammerns, obwohl er momentan ein Mammutprogramm von acht Rennen an acht Rennwochenenden absolvieren muss. Neben der Formel 1 versucht er ja auch, ein zweites Mal Langstrecken-Weltmeister zu werden - nach Mexiko steht der WEC-Lauf in Schanghai auf dem Programm. Zwischendurch hat er noch, quasi im Vorbeigehen, das Petit Le Mans gewonnen, auf einem Nissan DPi.


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Mammutprogramm in den nächsten Wochen

Doch Hartley jammert nicht, sondern er blüht angesichts der Chance, die er für sich erkannt hat, richtiggehend auf: "Ich nehme die Herausforderung an", lächelt er. "Ich bin fit, habe trainiert. Okay, die Formel 1 kam unerwartet, aber angesichts dessen, was in den vergangenen Wochen passiert ist, fühle ich mich ziemlich frisch." An den permanenten Jetlag gewöhne er sich langsam: "Ist vielleicht ein gutes Training für die nächsten Wochen."

Der 27-Jährige hat eine zweite Chance bekommen, die nur ganz wenige bekommen, gerade in der Formel 1. Bevor er vor Austin überraschend von Toro Rosso einberufen wurde, hatte er fünf Jahre lang keinen Grand-Prix-Wagen bewegt. Dass man an ihn dachte, hat er sich auch selbst erarbeitet. Er war es, der zum Handy griff und Marko ganz demütig sagte: "Nur für den Fall, dass Sie jemanden brauchen, stehe ich bereit!" Und jetzt lebt er seinen Traum ...

"Ich nehme die Herausforderung an." Brendon Hartley