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Umstrittener Regentest: Pirelli muss nachbessern

Warum der Regenreifen-Test umstritten war, wieso das Aquaplaningproblem ungeklärt bleibt, welche Fortschritte es gibt und wieso Pirelli in China neue Reifen testen will

(Motorsport-Total.com) - Es ist ein groteskes Bild: Acht Tankwagen fahren auf den Circuit de Catalunya-Barcelona und verspritzen dort rund 250.000 Liter Wasser, damit Pirelli seine neue Generation der Regenreifen testen kann. Bei den Italienern wusste man bereits im Vorhinein, dass die Simulation nicht der Weisheit letzter Schluss sein würde. Und die Teams zeigten auch nicht gerade enorme Begeisterung, bei niedrigen Temperaturen im Bereich von zehn Grad die feuchte Piste zu befahren.

Titel-Bild zur News: Max Verstappen

Auf künstlich bewässerter Piste ging Pirelli nur bedingt ein Licht auf Zoom

"Es ist nicht einfach, die Strecke in Barcelona so nass zu machen, dass sie optimal ist für Regenreifen, wenn es nicht regnet", erklärt Pirelli-Mann Mario Isola. Dadurch konnte man nicht einmal testen, wie rasch es mit den neuen breiteren Regenreifen und Intermediates zum gefährlichen Aquaplaning kommt. Und das ist das größte Risiko, da der breitere Pneu mehr Wasser verdrängen muss.

"Wir hatten keine Bäche und keine Pfützen auf der Strecke, weil die Strecke nicht flach ist und sich das Wasser rasch verteilt, daher war das schwierig", bestätigt Isola. Das war aber keine Überraschung, denn Pirelli hatte die Bewässerung der Strecke bereits am vergangenen Montag ausprobiert. "Das System, das man hier verwendet, ist nicht gerade Hightech", verweist Pirellis Motorsportchef Paul Hembery mit Augenzwinkern auf die Tankwagen-Flotte. Das deutlich modernere Bewässerungssystem auf der Ferrari-Teststrecke in Fiorano, wo man kürzlich mit Sebastian Vettel testete, wäre ihm lieber gewesen.

Aufwärmverhalten der Regenreifen weiter ein Problem

Der zweite Aspekt, den Pirelli unbedingt testen wollte, ist das Aufwärmverhalten der Reifen für feuchte Bedingungen - einer der größten Kritikpunkte der Vergangenheit. Durch die stehenden Starts, die das Reglement bei nasser Piste nach ein paar Runden hinter dem Safety-Car nun verlangt, wird das ein entscheidendes Kriterium. Und auch bei dem glatten Asphalt, der immer wieder verwendet wird, ist das von Bedeutung, weil die Pneus generell schwieriger auf Temperatur kommen.

"Unsere Erwartungen haben sich bestätigt", lautet das Urteil Hemberys. Was das bedeutet? "Da müssen wir besser werden", wirft Isola ein. "Wir können eine Mischung herstellen, die besser funktioniert und schneller auf Temperatur kommt. Wir haben zwar nicht viele Rennen bei diesen Bedingungen, aber das ist keine Ausrede. Wir müssen da etwas tun."

Tankwagen

Bewässerung a la Formel 1: Eine Tankwagenflotte im Einsatz Zoom

Schon in China will Pirelli neue Regenreifen bringen, bei denen dieses Problem behoben ist, und plant einen weiteren Testeinsatz. Doch wie reagieren die Piloten auf die neue Regenreifengeneration, die in Barcelona zum Einsatz kam? "Nach zwei Runden ist das schwer zu sagen, außerdem ist es nie das gleiche, wenn die Strecke künstlich bewässert wird", grummelt Kimi Räikkönen, der sich in Interlagos im Vorjahr bei heftigem Regen wegen Aquaplaning drehte. "Hoffentlich können wir irgendwann mehr fahren, und dann bekommt Pirelli mehr Informationen.

Grosjean erkennt Fortschritte

Nur Haas-Pilot Romain Grosjean, der sich in Brasilien heftig über die Regenreifen beschwert, zieht ein positives Fazit. "Pirelli hat im Vergleich zum Vorjahr große Fortschritte gemacht, denn der Reifen hat an der Hinterachse kaum überhitzt", urteilt der Franzose. "Außerdem behält er die Temperatur, das Aufwärmen ist ganz in relativ okay."

Bei den Intermediates, die im Vorjahr grundsätzlich gut angenommen wurden, sieht er allerdings Nachholbedarf. "Sie sind auf eine Runde wirklich gut, aber dann werden sie ein bisschen zu früh zerstört", meint er. "Da steht also Arbeit bevor. Allgemein find ich aber, dass Pirelli einen guten Schritt nach vorne gemacht hat." Er sieht es als gutes Zeichen, dass die Regenreifen auf abtrocknender Strecke eine Zeitlang besser funktionierten als die von McLaren-Pilot Stoffel Vandoorne eingesetzten Intermediates. Noch im Vorjahr wäre das undenkbar gewesen.

Warum nur mäßiger Betrieb herrschte, als die Strecke nass war? "Wir haben nicht viele Ersatzteile", erklärt Renault-Pilot Nico Hülkenberg. "Das ist also immer ein bisschen ein Risiko für die Teams." Interessant ist, dass die Strecke nach der Mittagspause dennoch noch einmal bewässert wurde. Angeblich auf Wunsch des Mercedes-Teams, das heute Morgen wegen eines Elektronikproblems kaum zum Fahren kam. Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost bestreitet dies aber: "Das haben die Teams und Pirelli gemeinsam entschieden." Auch Hembery meint, dass "ein paar Teams" noch einmal bei feuchter Strecke testen wollten.