• 06.11.2012 13:35

  • von Sven Haidinger & Dieter Rencken

Todt: Neues Concorde-Agreement enormer Fortschritt

FIA-Boss Jean Todt erklärt, warum das neue Concorde-Agreement ein großer Fortschritt ist und wie die FIA Anleihen an demokratischen Steuermodellen nahm

(Motorsport-Total.com) - FIA-Boss Jean Todt lobt das kurz vor der Unterzeichnung stehende neue Concorde-Agreement, das die kommerziellen Einnahmen sowie die Rahmenbedingungen des Sports für FIA, FOM und die Teams regelt, in den höchsten Tönen. Der Franzose ist der Ansicht, dass durch den Vertrag, der bis 2020 gültig sein soll, im Interesse aller eine stabile Zukunft gewährleistet werden kann. Zudem soll es durch das neue Abkommen auch möglich sein, Änderungen rascher und flexibler durchzuziehen.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone (Formel-1-Chef), Jean Todt

FIA-Boss Jean Todt und Formel-1-Boss Bernie Ecclestone im Gespräch Zoom

Damit spielt er auf die vor allem von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone vorangetriebene Reform der Formel-1-Kommission an. Während bisher in dem 26 Mitglieder starken Gremium eine 70-Prozent-Mehrheit nötig war, um Änderungen durchzusetzen, soll nun ein zusätzliches, 18 Stimmen umfassendes Führungskomitee für mehr Flexibilität sorgen. Im Führungskomitee soll eine einfache Mehrheit nun ausreichen, um Reglementänderungsvorschläge an die in Zukunft verkleinerte, ebenfalls 18 Mitglieder starke Formel-1-Kommission weiterzuleiten.

Bei den Mitgliedern soll es sich um die sechs Teams des Führungskomitees plus Rennställe, die im Vorjahr gepunktet haben, einen FIA- sowie einen FOM-Repräsentanten, einen Motorenhersteller und sechs Promoter handeln. Das bedeutet, dass der Einfluss der Teams von derzeit 66 auf 50 Prozent sinken würde, was aber daran liegt, dass die drei Teams Marussia, Caterham und HRT punktelos sind.

Todt lobt wendigere Struktur

Todt sieht gegenüber 'Autosport' vor allem die Entscheidung, dass in Zukunft nur noch eine einfache Mehrheit notwendig sein wird, als Durchbruch: "Es wird viel offener sein, und es wird die Möglichkeit bieten, Entscheidungen zu treffen. Mit der aktuellen Struktur kann man nie etwas verändern. In Zukunft wird es sich aber um eine demokratische und ausgeglichenere Organisation handeln, was derzeit nicht der Fall ist. Das ist für die FIA ein klarer Pluspunkt."

"Das neue Concorde-Agreement wird die Möglichkeit bieten, Entscheidungen zu treffen." Jean Todt

Laut eigenen Angaben ist er dafür auch bereit, bei den Interessen der FIA Abstriche zu machen, wenn dies dem Wohle des Sports diene: "Ich werde nie denken, dass wir nur sicherstellen müssen, dass wir die FIA zufriedenstellen. Ich werde es auch nicht akzeptieren, dass wir nur die Teams zufriedenstellen. Oder, dass wir nur den Inhaber der kommerziellen Rechte zufriedenstellen. Es muss ausgeglichen sein."

Nenngebühr: Todt will reiche Teams "besteuern"

Für die Teams war die Erhöhung der Teilnahmegebühr eine der letzten Hürden. Die neue Regel sieht vor, dass die erfolgreichen Teams nun deutlich mehr zahlen müssen, während die erfolglosen weniger als bisher zur Kasse gebeten werden. Hintergrund ist, dass sich die FIA um eine Entschädigung für den durch die Formel 1 entstehenden Aufwand bemüht sowie Geld für ihre Mobilitätsprogramme lukrieren will - der Vorschlag wurde aber vor allem vor dem Hintergrund der Kostensenkung in der Formel 1 kritisiert. Schließlich wurde man sich aber auch in diesem Punkt einig.

"Die größten Teams mit den größten Einnahmen zahlen mehr." Jean Todt

Todt verteidigt die neue Lösung: "So viele Dinge wurden geschrieben, die nicht der Realität entsprechen." Derzeit ist in der Formel 1 laut Todt eine Nenngebühr von 309.000 Euro plus Spesen in Höhe von ungefähr 400.000 Euro für Zeitnahme, Wetterservice etc., zu entrichten. In Zukunft sollen "die kleinsten Teams weniger zahlen - 500.000 bis 800.000 US-Dollar (umgerechnet 390.000 bis 620.000 Euro). Das gilt für sechs von zwölf Teams. Die größten Teams mit den größten Einnahmen zahlen mehr."

Toppiloten werden zur Kasse gebeten

Todt vergleicht das neue Prinzip mit Steuerregelungen demokratischer Staaten: "In jedem demokratischen Land zahlt man Steuern gestaffelt nach Einkommen. Dadurch kommt von dieser Seite um 30 Prozent mehr herein." Bei den Gebühren für die Superlizenz der Piloten setzt man auf das gleiche Prinzip: "Es gibt einen fixierten Grundbetrag (10.000 US-Dollar - umgerechnet 7.800 Euro) und dann 1.000 Dollar (780 Euro) für jeden Punkt. Dadurch kehren wir zur Situation 2008/2009 zurück."

"In jedem demokratischen Land zahlt man Steuern gestaffelt nach Einkommen." Jean Todt

Er glaubt nicht, dass die Fahrer darunter leiden werden: "Wenn man 20 bis 30 Millionen US-Dollar verdient, dann kann man sich wohl eine Superlizenz für 250.000 Dollar (200.000 Euro) leisten. Und wenn man nichts verdient, dann zahlt man 10.000 US-Dollar."

Einigung nur noch Formsache?

Nach der Einigung von Todt mit den Teams deutete Mercedes-Teamchef Ross Brawn an, dass es sich zwischen Todt und Ecclestone noch spießt. Der Franzose bestätigt nun, dass tatsächlich erst jetzt alle drei Parteien in einem Boot sitzen: "Nach einigen Diskussionen mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte CVC, mit Bernie, nach Gesprächen mit den Teams und mit allen anderen hatten wir zeitweise nur zwei Parteien, die sich einig waren. Für mich war es also wichtig, dass dies für alle drei Parteien gilt, was am 22. Oktober in Paris gelungen ist."

Was jetzt noch fehlt? "Wir müssen das schriftliche Abkommen finalisieren, dann wird es hoffentlich unterschrieben." Er sieht die FIA durchaus als Gewinner der Verhandlungen: "Die Position der FIA wird dadurch gestärkt, aber auf eine ausgeglichene Art und Weise."