• 04.03.2018 17:40

  • von Matt Somerfield & Giorgio Piola

Technik-Analyse: Die Geheimnisse der Formel-1-Topteams

Die Technikexperten von Motorsport-Total.com haben Mercedes, Ferrari und Red Bull bei den Testfahrten genau unter die Lupe genommen

(Motorsport-Total.com) - Bei den Präsentationen bekommt man einen Einblick in das grobe Design, das die Formel-1-Teams fahren werden, doch die ganze Geschichte der Pläne für die neue Saison wird dabei nur sehr selten erzählt. Stattdessen doktern einige Rennställe sogar absichtlich an ihren Launchbildern herum, um die Medien und andere Teams bezüglich ihrer innovativen Lösungen hinters Licht zu führen.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel, Max Verstappen

Ferrari und Red Bull haben bei den Tests interessante Features gezeigt Zoom

Doch irgendwann müssen die Teams ihre Schlüsselteile an den Autos fahren. Die Testfahrten in Barcelona in dieser Woche haben diesbezüglich eine Menge Designideen ans Tageslicht gebracht. Wir schauen uns einige Details der Topteams einmal genauer an.

Mercedes F1 W09

Mercedes hat sich in den ersten Testtagen Zeit gelassen, seinen W09 zu evaluieren. Doch weil man aufgrund des Wetters am Mittwoch einen kompletten Tag verlor, entschied man sich am letzten Tag dafür, einen neuen Front- und Heckflügel plus einen neuen Windabweiser an der Seite der Nase zu bringen und eine Basis für das anstehende Jahr zu bekommen.

Der Frontflügel ist eine Weiterentwicklung des Vorgängers und besitzt eine überarbeitete Endplatte sowie innere Splitter-Elemente. Die Endplatte und Splitter wurden verbunden, wodurch man einen viel breiteren Flap hat, der das Verhalten des Luftstroms über und um den Vorderreifen verändert. Dadurch kann man die eigene Verwirbelung des Teils besser arrangieren und den aerodynamischen Schaden im Ablauf verringern.

Mercedes F1 W09

Vergleich der Frontflügel am Mercedes F1 W09 Zoom

In Spanien hatte das Team in der vergangenen Saison das seitliche Flügelelement an der Nase eingeführt und in Malaysia stark modifiziert. Jetzt ist die Vorderkante des Elementes deutlicher gebogen.

Mercedes F1 W09

Vergleich des Frontflügels in neuer (links) und alter Variante (rechts) Zoom

Am Heck des Autos hat Mercedes zu Beginn des Tests einen tieferen T-Flügel (roter Pfeil) installiert und damit den kleinen verbliebenen Bereich ausgenutzt, bei dem die Regeln ein solches Gebilde noch erlauben.

Heckdetail am Mercedes F1 W09

Heckdetail am Mercedes F1 W09 Zoom

In den ersten Testtagen fuhr man auch mit einer Art Löffel-Style-Heckflügel, der weniger Abtrieb und Luftwiderstand bot. Doch am Donnerstag wurde dieser zugunsten eines neuen Heckflügels beiseitegelegt. Dieser bietet mehr Abtrieb und besitzt eine konventionellere Hauptplatte. Das wird von einer zusätzlichen Ausstülpung in der Mitte des Bereiches unterstützt.

Valtteri Bottas

Heckflügel-Detail am Mercedes F1 W09 Zoom

Diese Ausstülpung besitzt ungefähr die gleiche Breite wie das einfache Einzelflügelchen, das an der Befestigungsstrebe darunter angebracht ist und arbeitet wohl in Einklang mit ihm, um die meiste Performance auseinander herauszukitzeln.

Ferrari SF17H

Der SF71H besitzt ein paar wirklich schöne Features, die ihn vom Rest des Feldes abheben. Seine Flügel-Spiegel haben nicht nur ein sehr originelles und innovatives Design, sie zeigen auch, dass Ferrari zu Risiken bereit ist, wenn es um das Interpretieren der Regeln geht. Die Vorderseite zeigt Leitelemente, die mit der Hinterseite des Spiegelglases verbunden sind.

Spiegeldetail am Ferrari SF71H

Spiegeldetail am Ferrari SF71H Zoom

Dadurch kann der Luftstrom nicht nur einen anderen Weg gehen, er bekommt sogar noch eine Aufgabe: die Turbulenzen reduzieren und den oberen Seitenkasten-Einlass füttern, während gleichzeitig der Strom über die gesamte Oberfläche des Seitenkastens verbessert wird.

Andere Teams werden mit Sicherheit interessiert darauf schauen und das Design der Spiegel evaluieren, um zu sehen, ob man selbst irgendwelche Vorteile damit generieren kann. Ferrari ist zwar das einzige Team, bei dem der Seitenkasten-Einlass dafür nützlich ist, aber das Design könnte von anderen kopiert werden, um den Widerstand des Luftstroms in diesem Bereich des Autos zu reduzieren.

Eine weitere interessante Neuerung befindet sich am Heck des SF71H. Die Verkleidung der Crashstruktur (weißer Pfeil) kreiert auf jeder Seite der Flaschenhals-Region eine Art Tunnel. Noch ist unklar, ob diese Auslässe eine Erweiterung der notwendigen Kühlvoraussetzung des SF71H sind oder ob sie weitere aerodynamische Konsequenzen besitzen.

Heckdetail am Ferrari SF71H

Heckdetail am Ferrari SF71H Zoom

Wenn sie nicht angebracht ist, enthüllt die Verkleidung, dass das bootförmige Ende des Unterbodens konkav ist und Zugang zum Startermotor erlaubt (weißer Pfeil, unten).

Unterboden-Detail am Ferrari SF71H

Unterboden-Detail am Ferrari Zoom

Wahrscheinlich haben die Designer herausgefunden, dass der Luftstrom vom Seitenkasten in den Flaschenhals durch den plötzlichen Übergang in diesen Unterbodenschacht negativ beeinflusst wird. Dann dürften sie einen Weg gesucht haben, um die Performance dessen zu verbessern.

Unterboden-Detail am Ferrari SF71H

Unterboden-Detail am Ferrari Zoom

Red Bull RB14

Interessanterweise hat sich Red Bull am vierten Testtag dafür entschieden, beim Frontflügel zurück auf eine frühere Spezifikation von 2017 zu gehen (kleiner Kreis), bevor man wieder auf eine Spezifikation wechselte, die Ähnlichkeiten damit hatte, womit man in der vergangenen Saison aufgehört hat.

Frontflügel-Detail am Red Bull RB14

Frontflügel-Detail am Red Bull RB14 Zoom

Man kann sehen, dass die beiden Flügel unterschiedliche Charakteristiken besitzen: Die Außensektion, die den Luftstrom um die Vorderreifen leiten soll, ist breiter (gelb hervorgehoben). Außerdem gibt es einen anderen Splitter an der Endplatte und - am wichtigsten - eine sehr unterschiedliche Flap-Orientierung.

Die Spitzen der neueren Konfiguration wellen sich eher konventionell (blaue Pfeile), während der niedrigste Flap an den Kontaktpunkt mit der neutralen Sektion stößt.

Letztere der Veränderungen hat einen Einfluss auf die Stärke und Form des Y250-Wirbels, der in dieser Region geschürt wird und Ende der vergangenen Saison eine deutliche Veränderung der Philosophie mit sich gebracht hat. Deswegen ist es eine interessante Entscheidung, Back-to-back-Tests und Korrelationsarbeiten mit diesen zwei Varianten durchzuführen.

Nicht zum ersten Mal fährt Red Bull während Testfahrten ohne ein Aerodynamik-Teil weiter, um Kilometer zu sammeln. 2015 fuhr man nach Daniil Kwjats Abflug ohne Frontflügel herum, weil man keinen Ersatz dabei hatte. Beim RB14 fuhr man häufig ohne die Abweiser am Seitenkasten. Es gab Gerüchte, dass die Befestigung der Paneele vielleicht nicht haltbar genug gewesen ist.

Max Verstappen

Red Bull war häufig ohne Seitenkasten-Abweiser unterwegs Zoom

Am letzten Testtag konnte jedoch ein überarbeiteter Abweiser am RB14 gefunden werden. Dieser wies eine zusätzliche Befestigungsstrebe (weißer Pfeil) auf.

Detail am Red Bull RB14

Der Deflektor am Seitenkasten hat eine zusätzliche Strebe Zoom

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