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Stewart-Film: Hollywood entdeckt die Formel 1

Nach "Senna" und "Rush" soll bald der nächste Formel-1-Film in die Kinos kommen - Freundschaft zwischen Jackie Stewart und Francois Cevert als Thema

(Motorsport-Total.com) - Jahrelang fristete die Formel 1 ein Mauerblümchen-Dasein, was das internationale Filmgeschäft angeht. Zwar plante Sylvester Stallone Ende der 1990er-Jahre einen Grand-Prix-Blockbuster, doch nach mehreren Besuchen an Rennwochenenden konnte der Hollywood-Legende keine Einigung mit Bernie Ecclestone und Co. erzielen, sodass "Driven" (mit Til Schweiger) letztendlich im Umfeld der nordamerikanischen ChampCar-Serie gedreht wurde.

Titel-Bild zur News: Francois Cevert und Jackie Stewart

Nicht nur Kollegen, sondern Freunde: Francois Cevert und Jackie Stewart

Doch seit einigen Jahren schießen Formel-1-Filme wie Pilze aus dem Boden. Den Anfang machte, vor allem natürlich im deutschen Sprachraum, der Doppelpack "Jochen Rindts letzter Sommer" und "Jochen Rindt lebt". Anschließend wurde Asif Kapadias Dokumentation "Senna" zum Liebling der Filmfestival-Jurys und zum Überraschungshit in den britischen Kinos. Im deutschen Amazon-Store ist "Senna" in der Kategorie "Biografische Dokumentationen" immer noch Nummer drei.

Vor einigen Monaten erschien dann "24 hours - One Team. One Target.", ein hochinteressanter Motorsport-Film, der sich aus der Sicht von BMW mit den 24 Stunden auf der Nürburgring-Nordschleife auseinandersetzt. Doch nun entdeckt offenbar auch Hollywood das Thema Motorsport und Formel 1 im Besonderen und dreht nicht mehr nur Dokumentationen, sondern hochkarätig besetzte Spielfilme.

Gerade gedreht wird "Rush", ein Streifen, der sich mit der Saison 1976 und der Rivalität zwischen James Hunt und Niki Lauda beschäftigt. Lauda hatte in jenem Jahr seinen schweren Feuerunfall auf der Nordschleife, bei dem er ein Ohr verlor. Entschieden wurde die Weltmeisterschaft zugunsten von Hunt beim Regendrama in Fuji, wo Lauda frühzeitig aufgab, weil er nicht sein Leben riskieren wollte. Regisseur von "Rush" ist Ron Howard, Lauda-Darsteller der Deutsche Daniel Brühl.


Trailer zum Film "Senna"

Menschliche Geschichte in der Formel 1

Und während "Rush" noch gedreht wird und nicht einmal in den Kinos gelandet ist, plant Hollywood schon das nächste Formel-1-Projekt. Konkret geht es um einen Film, der sich mit der Freundschaft von Jackie Stewart und Francois Cevert beschäftigt, die von 1971 bis 1973 Teamkollegen waren. "Es ist eine Story über Helen (Stewarts Ehefrau; Anm. d. Red.), mich und Francois, eine menschliche Geschichte. Da werden Tränen fließen", verrät Stewart im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.

Produzent ist Bill Pohlad, bekannt vor allem durch das Homosexuellen-Drama "Brokeback Mountain" (Oscar für beste Regie, bestes Drehbuch und beste Musik) und den Kritikerliebling "The Tree of Life". "Er hat schon zweimal die Goldene Palme in Cannes gewonnen", weiß Stewart und verrät: "Ewan McGregor ist einer der Schauspieler, der mitspielen könnte. Ich glaube, es wird ein guter Film. Sie arbeiten wirklich hart daran."

Daniel Brühl als Niki Lauda

Vorschau-Porträt im Original-Rennoverall: Daniel Brühl als Niki Lauda Zoom

"Es geht um zwei Fahrer, zwei Teamkollegen, die wirklich gute Freunde werden. Wir hatten damals ein einzigartiges Verhältnis", erinnert sich der 72-Jährige. Heute undenkbar: Stewart selbst war es, der Cevert seinem Teamchef Ken Tyrrell empfahl, nachdem ihn der junge Franzose bei einem Formel-2-Rennen geschlagen hatte. Cevert gewann 1971 seinen ersten Grand Prix, stand aber dennoch stets im Schatten von Stewart.

Cevert war auf dem Sprung zu Ferrari

Also dachte er Ende 1973 ernsthaft darüber nach, ein Angebot von Enzo Ferrari anzunehmen. Aber Stewart riet ihm: "Warte noch zehn Tage." Denn was Cevert nicht wusste: Sein Teamkollege hatte sich bereits entschieden, nach dem 100. Grand Prix seiner Karriere am Saisonende zurückzutreten. Einer der Momente, die zu dieser Entscheidung führten, war, als sein Sohn Paul bei Stewarts Ehefrau Helen fragte: "Wann wird eigentlich unser Papi sterben?"

Viele von Stewarts Freunden waren in den Jahren davor verunglückt, also entschied er sich, den Helm an den Nagel zu hängen. Davon wussten zu jenem Zeitpunkt aber nur Ken Tyrrell und Walter Hayes von Motorenhersteller Ford. Stewart und Cevert verbrachten vor dem Saisonfinale einen gemeinsamen Urlaub, schauten sich die Niagarafälle an, ließen sich auf den Bermudas bräunen. Doch dann kam Watkins Glen.


Trailer zum Film "Jochen Rindt lebt"

Tragödie beim Saisonfinale 1973

Cevert erlitt im Training einen schweren Unfall - und ausgerechnet Stewart kam als einer der Ersten an der Unfallstelle an. Er erinnert sich: "Die Streckenposten hatten ihn im Auto gelassen, weil er eindeutig tot war." Der bereits als Weltmeister feststehende Brite beendete wie geplant seine Karriere, verzichtete aber auf den 100. Grand Prix und warf das Handtuch schon nach 27 Siegen in 99 Formel-1-Rennen.

Dem Filmprojekt könnte ein Glamour-Anstrich verpasst werden, denn Cevert war ein gutaussehender junger Mann, der schon mal mit Filmstar Brigitte Bardot bei der Automobilmesse in Paris auftauchte, und Stewarts Ehe mit Helen gibt ebenfalls eine schöne Liebesgeschichte ab. Die Schlussszene könnte sein: Stewart kommt nach der Todesnachricht nach Hause, umarmt Helen und sagt ihr: "Jetzt bin ich kein Rennfahrer mehr."

Jackie Stewart

Zu Jackie Stewarts Zeiten war die Formel 1 noch ein gefährliches Abenteuer Zoom

Also irgendwie doch ein Happy End, schließlich hatten Stewart und seine Frau nun den Rest ihres Lebens ohne die ständige Angst vor dem Tod im Rennwagen vor sich - wenn auch ein Happy End unter besonders tragischen Umständen. Der heutige Berater des Lotus-Teams von Genii Capital und seine Frau sind übrigens "nicht direkt" ins Filmprojekt involviert, stellen aber natürlich ihren persönlichen Input zur Verfügung.