• 13.07.2012 16:56

  • von Dominik Sharaf

Senna und die Suche nach Wegen aus dem Teufelskreis

Fünf Probleme und keine Lösungen: Kosten Maldonado, Bottas, die Sponsorengelder, die eigene Psyche und viel Rennpech den Brasilianer das Cockpit?

(Motorsport-Total.com) - Kaum scheint der Posten von Felipe Massa bei Ferrari zumindest bis zum Saisonende einigermaßen sicher, wackelt der nächste Brasilianer in der Formel 1 bedenklich: Bruno Senna. Über eine Ablösung des 28-Jährigen bei Williams wird schon seit Längerem spekuliert. Es ranken sich sogar Gerüchte um einen Rausschmiss noch vor dem Rennen in Ungarn. Der Neffe der Rennfahrerlegende Ayrton Senna steht unter massivem Druck - und muss sich mit fünf massiven Problemen quälen.

Titel-Bild zur News: Bruno Senna

Bruno Senna muss über viele Dinge grübeln. Der Druck auf ihn ist riesig

Sennas Problem Nummer eins: Pastor Maldonado. Der Venezolaner ist seinem Teamkollegen in allen Belangen überlegen - abgesehen von seinem Hitzkopf. Er führt das Williams-Duell nach WM-Punkten mit 29 zu 18 trotz zahlreicher Unfälle an, im Qualifying-Vergleich ist er beim Stand von sieben zu zwei auf Kurs zu einem Kantersieg. "Pastor kommt dank seines Fahrstils gut mit den Reifen und mit dem Setup klar. Damit haben wir Probleme. Speziell, wenn die Temperaturen hoch sind", erklärt Senna gegenüber 'Autosport'.

Button-Problem auch bei Senna

Er erkennt auch eigene Fehler, wenn Maldonado die Reifen scheinbar mühelos um den Kurs trägt: "Ich stecke zu viel Energie rein", merkt Senna an. Die Folge: Er fällt aus dem Leistungsfenster, die Rundenzeiten steigen. Offenbar ist der Brasilianer an ein neutrales Auto gewöhnt und zerstört mit diesem Fahrstil regelmäßig die Hinterreifen. Er versucht sich an der Quadratur des Kreises, wenn er sie schonen und gleichzeitig schnell sein will - ein Teufelskreis. "Ich fahre nicht mehr instinktiv", meint er.

Das Problem scheint ähnlich zu dem, das Jenson Button bei McLaren plagt. "Diese Reifen mögen generell keine Kurven. Sogar im Qualifying ist es mit zu viel Druck sehr einfach, sie über den Zenit hinaus zu bringen. Aber dann kommen die Vorderreifen wieder nicht auf Temperatur", rätselt Senna und meint: "Es ist frustrierend, aber wir müssen das begreifen." Es folgen Durchhalteparolen - nicht zum ersten Mal. Ab Spa, wo Senna im vergangenen Jahr im Renault debütierte, würde alles besser.

Williams fördert Bottas

Sennas Problem Nummer zwei: Valtteri Bottas. Der finnische Testpilot wird bei Williams massiv gefördert. Er fährt regelmäßig in den Freitagstrainings das Senna-Auto und nie das von Maldonado, zeigt dabei starke Leistungen. Statt am Saisonende mit Bottas beim Young-Driver-Test in Abu Dhabi auf die Strecke zu gehen, wählte Williams schon den Silverstone-Termin unter der Saison. Für den Williams-Deal verzichtet der 22-Jährige außerdem auf ein GP2-Engagement.

Sennas Problem Nummer drei: das Geld. Während bei Maldonado die Petrodollar aus Venezuela fließen wie das schwarze Gold durch die Ölpipelines des Hugo Chavez, munkelt man von ausbleibenden Zahlungen der Senna-Sponsoren. Gerade die dürften - zweifelsohne neben den starken Leistungen, die Senna im Jahr 2011 im Renault ablieferte - ihren Teil dazu beigetragen haben, dass er vor der Saison einen Vertrag bekam.

Frust statt Selbstbewusstsein

Sennas Problem Nummer vier: die eigene Psyche. "Wenn man selbstbewusst ist und weiß, was man tut, wird alles viel einfacher", sagt Senna selbst. Das sensible Fahren, das die Pirelli-Pneus erfordern, verunsichert ihn. "Es ist nicht meine Art Racing, weil man ständig an andere Dinge denken muss statt einfach Druck zu machen und es zu genießen." Er grübelt. Und das sogar über positive Ergebnisse wie Rang sechs in Malaysia, das Highlight der Saison.

"Da hätte ich auf das Podium fahren können. Was wäre gewesen, wenn ich nach der ersten Runde Achter gewesen wäre?", hadert Senna. Auftrieb geben könnte ihm das solide Silverstone-Wochenende, auch wenn der Knalleffekt ausblieb. Er hätte den dritten Qualifikationsabschnitt wohl erreicht, wäre er nicht von gelben Flaggen gestoppt worden. Im Rennen machten dann ein neunter Rang und ein spätes Überholmanöver gegen Nico Hülkenberg Mut.


Fotos: Williams, Young-Driver-Test in Silverstone


Verbissenheit und Qualifying stehen im Weg

Allerdings: In Großbritannien war es erst nass und dann relativ kühl, was das Reifenproblem verdeckte. Außerdem scheint Senna in ein mentales Loch gefallen zu sein. Er deutet an, ausgebrannt zu sein. Müde von den ständigen Versuchen, endlich die Leistungen zu bringen, die er selbst von sich verlangt. "Vielleicht bremst es mich, dass ich es zu verbissen versuche. Es ist frustrierend, keine Leistung abliefern zu können, wenn man sich beweisen muss und die Abstände so gering sind wie nie zuvor", schnauft Senna.

Sennas Problem Nummer fünf: Rennpech. In der Startaufstellung oft weit hinten, endeten viele Rennen im Geflügelsalat. Feindkontakte mit Daniel Ricciardo, Michael Schumacher, Kamui Kobayashi und sogar Teamkollege Maldonado kosteten Resultate, die wohl WM-Zähler gebracht hätten. Senna macht aggressive Strategien, die im hinteren Mittelfeld nötig sind, verantwortlich: "Wenn ich nur ein bisschen weiter vorne stünde, wäre ich nicht mehr so oft involviert. Alles wäre einfacher."

Bruno Senna

Reifenprobleme plagen Bruno Senna besonders bei Hitze Zoom

Was er kann, hat Senna nur selten beweisen können. Starke Rennen in Malaysia und China bestätigte er nicht. Er gibt sich selbstkritisch: "Keine Frage, ich muss im Qualifying Leistung bringen, wenn ich regelmäßig Punkte erzielen will. Das Auto ist gut genug dafür." Es fragt sich nur, wie viel Zeit noch bleibt. "Ich muss einen Weg finden, Resultate abzuliefern. Dann habe ich eine vielversprechende Zukunft in der Formel 1", hofft Senna im Gespräch mit 'Autosport' abschließend. Er sollte sich beeilen.