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Safety-Car-Phase unnötig? Marko & Vettel stehen alleine da

Hinter dem Safety-Car-Einsatz in Valencia bildet sich eine breite Front - Nun wächst aber die Kritik an der Regel, dass sich Nachzügler zurückrunden dürfen

(Motorsport-Total.com) - Die Safety-Car-Phase in Valencia sorgte nach dem Rennen für heftige Diskussionen. Vor allem im Red-Bull-Lager äußerte man zunächst heftige Kritik an der Entscheidung der Rennleitung, nach der Kollision zwischen Toro-Rosso-Pilot Jean-Eric Vergne und Heikki Kovalainen das Schrittmacher-Fahrzeug auf den Kurs zu schicken. Red-Bull-Konsulent Helmut Marko sprach von "amerikanischen Verhältnissen" und spielte damit auf die US-Rennen an, wo man Gelbphasen auch gerne als Spannungselement nutzt.

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Die Safety-Car-Phase in Valencia sorgte einmal mehr für Diskussionen

Warum die Safety-Car-Phase in Valencia unangebracht war? "Es waren keine Teile da, die das Rennen gefährdet hätten", behauptete der Österreicher. "Es waren nur Gummiteile, die wären dann ohnehin wieder weggeflogen." Damit stellte er sich klar hinter seinen Piloten Sebastian Vettel, der den Grand Prix überlegen angeführt hatte, nach Freigabe des Rennens aber mit einer defekten Lichtmaschine ausgeschieden war. Im ersten Frust nach dem Ausfall hatte Vettel sogar eine Verschwörung geortet: "Ich denke, der Grund, warum das Safety-Car kam, ist klar."

Inzwischen hat Renault herausgefunden, dass der Defekt an der Lichtmaschine weder bei Vettel, noch bei Romain Grosjean auf die Safety-Car-Phase zurückzuführen war. Der Weltmeister will einen Schlussstrich unter das bittere Wochenende in Spanien ziehen. "Das ist abgehakt", ließ er gegenüber 'Motorsport-Total.com' ausrichten. "Wir schauen nach vorne und konzentrieren uns auf Silverstone."

Breite Front für Safety-Car-Einsatz

Dennoch ist die Diskussion damit nicht beendet. War die Safety-Car-Phase nun gerechtfertigt oder hätte man auf den Einsatz verzichten können? Ex-Pilot und -Toro-Rosso-Mitbesitzer Gerhard Berger gibt der Rennleitung gegenüber 'ServusTV' Rückdendeckung und widerspricht damit Marko: "Da lagen Metallstücke herum von den Felgen, und so klein sind die gar nicht. Es ist absolut richtig, da das Safety-Car auf die Strecke zu schicken. Wenn die einer aufsammelt, hat er einen Reifenplatzer - auf einem Stadtkurs ohne Auslaufzonen. Da sind links und rechts Betonmauern."

Berger konstruiert das Szenario, dass der führende Vettel durch einen Reifenplatzer aus dem Rennen gerissen wird - der Aufruhr bei Red Bull wäre wohl noch größer gewesen. "Das hätte genauso Sebastian treffen können oder Mark Webber", meint der Österreicher. Sogar Red-Bull-Teamchef Christian Horner stimmt gegenüber 'ServusTV' zu, dass der Safety-Car-Einsatz in Ordnung war: "Gerhard liegt richtig, was das Safety-Car betrifft. Die beiden Fahrer haben auch gesagt, wo Teile auf der Strecke liegen."

"Da lagen Metallstücke herum von den Felgen, und so klein sind die gar nicht. Der Einsatz war richtig." Gerhard Berger

Wäre zweite Safety-Car-Phase nötig gewesen?

Bergers ehemaliger Formel-1-Rivale Martin Brundle, der inzwischen als TV-Experte agiert, stimmt in den Tenor ein. "Die Behauptung, das Safety-Car wurde nur aus taktischen Gründen, um dem Rennen Würze zu verleihen, hinausgeschickt, ist absoluter Nonsense", findet der Brite gegenüber 'Sky Sports F1' klare Worte. "Wenn wir über Sicherheit im Motorsport sprechen, dann geht es hauptsächlich um die Zuschauer, die Streckenarbeiter, die Boxencrew und auch um die Fahrer. Man kann es nicht ignorieren, wenn Karbonteile auf der Ideallinie liegen."

Brundle gibt ein Beispiel, wie gefährlich die Arbeit der Streckenposten ist, und verweist auf die Szene, als Vettels RB8 nach dem Ausfall geborgen wurde und das Feld nur wenige Meter daneben in vollem Tempo vorbeiraste. "Das zeigt, wie schwierig es für die Streckenposten ist, diese Strecke zu säubern, denn man ist von Mauern umgeben, und es gibt nur begrenzte Zugangsstraßen."

Berger findet, dass bei der Bergung von Vettels Auto keine erneute Safety-Car-Phase notwendig gewesen wäre: "In so einer Situation gibt es eigentlich die Gelbe Flagge. Da das Safety-Car für einen kurzen Moment herauszuschicken, ist nicht unbedingt effizient."

Kritik an Nachzügler-Regel

Generell ist der langjährige Ferrari-Pilot der Ansicht, dass man das Safety-Car früher hätte reinholen sollen. Das Feld war fünf Runden lang hinter Bernd Mayländers Mercedes SLS aufgefädelt - seit dieser Saison dürfen sich überrundete Piloten mit der Erlaubnis von Rennleiter Charlie Whiting wieder zurückrunden, wenn das Rennen neutralisiert ist. Das kostet Zeit, denn der Grand Prix wird erst wieder freigegeben, wenn das Feld geschlossen hinter dem Safety-Car fährt. "Man sollte sich vielleicht anschauen, ob da nicht kürzere Safety-Car-Phasen besser wären", äußert Berger Kritik an diesem Umstand. "Das müsste doch kürzer und einfacher gehen."

Auch Horner hätte sich eine kürzere Neutralisierung des Rennens gewünscht: "Das war auf jeden Fall eine ziemlich lange Safety-Car-Phase wegen so ein paar kleiner Teile." Er ist mit der Umsetzung der Regel, dass Nachzügler vorbeigewunken werden, nicht glücklich: "Du möchtest, dass sie in einer Reihenfolge sind, um wieder gegeneinander Rennen fahren zu können. Die Frage ist, ob das so lange dauern muss, bis sie sich wieder zurückrunden können."

"Das war auf jeden Fall eine ziemlich lange Safety-Car-Phase wegen so ein paar kleiner Teile." Christian Horner

Brundle lobt Nachzügler-Regel

Teamchef Peter Sauber schließt sich dieser Meinung an. Der Schweizer wirft aber die Frage auf, wie das Reglement überhaupt dahingehend geändert werden konnte, wenn der Tenor großteils negativ ist. "Ich finde diese Regel nicht gut", stellt er gegenüber 'ServusTV' klar. "Aber angeblich haben die Teams einstimmig zugestimmt."

Die Antwort, wie es dazu kommen konnte, gibt er schließlich selbst: Es handelt sich um eine Entscheidung, die nicht von den Teamchefs, sondern "von den Technikern" gefällt wird. "Und es gibt ja einen Grund, warum die Techniker zugestimmt haben. Die Fahrer sind dann nicht mehr im Weg, und man muss sie nicht mehr überholen. Sie stören dort. Das war wohl der Grund, warum man dieser Regel zugestimmt hat."

Doch nicht alle sind gegen diese Regel. Ex-Pilot Brundle bricht eine Lanze für die Entscheidung, die Überrundeten vorbeizulassen: "Das hat sehr gut funktioniert. Dadurch war die Ordnung von vorne bis hinten wieder hergestellt, und das hat uns nur eine weitere Runde unter Safety-Car-Tempo gekostet."