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  • 16.03.2012 16:16

  • von Dieter Rencken

Renault: Die Auswirkungen des neuen Auspuffreglements

Remi Taffin, der Einsatzleiter bei Renault-Sport, über die Auswirkungen des neuen Auspuffreglements auf den Renault-Motor - Ab 2013 neue Einheits-ECU

(Motorsport-Total.com) - Renault hat im Heck von Red Bull in den vergangenen beiden Jahren die Weltmeisterschaft gewonnen. Neben einer guten Zuverlässigkeit glänzte das V8-Triebwerk durch gute Fahrbarkeit und günstigen Spritverbrauch. Gemeinsam mit dem britisch-österreichischen Team gelangen im vergangenen Jahr enorme Durchbrüche bei der Technologie der vom Auspuff angeströmten Diffusoren. Diese sind nun verboten. Remi Taffin, der Einsatzleiter bei Renault-Sport spricht über die Auswirkungen des neuen Reglements.

Titel-Bild zur News: Remi Taffin

Renault-Techniker Remi Taffin arbeitet eng mit den Kundenteams zusammen

Frage: "In diesem Jahr haben sich die Regeln bezüglich des Auspuffs geändert. Wie wirkt sich das auf den Motor direkt aus?"
Remi Taffin: "Für uns ändert sich nicht viel, wie wir den Motor aus Motorensicht betreiben. Es sind immer noch die gleichen Einstellungen, mit denen wir das Optimum aus dem Motor herausholen können. Um aber auf die Bedürfnisse unserer Kunden im Umfeld des Motors einzugehen, müssen wir uns um die Mappings kümmern. Die FIA hat neue Regeln in diesem Jahr beschlossen. Es wird viel darüber gesprochen, was im Vorjahr mit den Abgasen gemacht werden konnte."

"Diese Regeln wurden geschaffen, um uns Einzuschränken, damit wir nicht alle Möglichkeiten der Abgase ausnutzen können. Wenn man den Effekt auf einer Skala von eins bis zehn bewerten würde, dann waren wir im Vorjahr bei zehn und jetzt bei zwei bis drei. Was auch immer übrigbleibt, werden wir trotzdem versuchen zu optimieren. Wenn ein Designer die Möglichkeit hat, die Abgase zu nutzen, um Abtrieb zu erzeugen, dann wird er es tun. Wir versuchen, ihnen das Beste zu geben. So läuft das Spiel."

Frage: "Wie sind die Auswirkungen auf den Benzinverbrauch?"
Taffin: "Es ist jetzt ähnlich wie vor zwei Jahren. Im Vorjahr verbrauchten wir in etwa zehn Prozent mehr als beim ursprünglichen Konzept. Jetzt sind es sicher um fünf bis sechs Prozent weniger. Jetzt läuft der Motor weiter auf Hochtouren, wenn der Fahrer vom Gas geht. Das hilft, das Auto zu stabilisieren. Es hilft auch dabei, das Auspuffgas zu nutzen. Das ist der Unterschied im Vergleich zu vor zwei oder drei Jahren. Ich spreche hier natürlich nur über den Renault-Motor, weil jeder Hersteller seine Triebwerke anders betreibt."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Australien, Freitag


Frage: "Im Vorjahr hieß es, dass der Renault-Motor im Vergleich zu Mercedes einen günstigeren Spritverbrauch hat. Habt ihr einen Nachteil, wenn der Spritverbrauch jetzt generell sinkt?"
Taffin: "Das ist nicht leicht zu beantworten. Im Vorjahr hat der Spritverbrauch von Rennen zu Rennen stark variiert. Vor zwei, drei Jahren wurde uns nachgesagt, dass wir beim Benzinverbrauch sehr effizient sind. Ich glaube, wir haben immer noch Vorteile. Selbst wenn man um fünf Prozent niedriger geht, dann ist das nicht viel. Es ist trotzdem schwierig zu sagen, denn selbst die Renault-Teams verbrauchen eine unterschiedliche Menge. Ein Team verbraucht 2,6 Kilo pro Runde und ein anderes 2,4 obwohl die Rundenzeit gleich ist. Wir müssen sichergehen, dass alle den Motor gut nutzen können."

Kleine Veränderungen am Renault-Motor

Frage: "In diesem Jahr heißt euer Motor RS27/12. Im Vorjahr lautete die Bezeichnung RS27/11. Worin besteht der Unterschied, wenn ihr nichts geändert habt?"
Taffin: "Wir haben einige kleinere Modifikationen vorgenommen. Dabei geht es hauptsächlich um die Installation im Auto, die Zuverlässigkeit, aber auch Änderungen, um Kosten zu sparen. Dadurch hat sich der Motor leicht verändert und wir passten die Zahl an. Bei der Performance ändert sich nichts, aber für die Organisation ist es einfacher. Da wir nicht mehr in den angeströmten Diffusor investieren konnten, änderten wir andere Komponenten, damit die Zuverlässigkeit gewährleistet ist."

Ab 2013 neue ECU

Frage: "Im nächsten Jahr wird die FIA die ECU tauschen. Das wird dann die Standard-ECU für 2013 und 2014 sein. Wie wird sich das auf eure Motoren auswirken? 2013 wird ein Übergangsjahr sein, weil ihr den alten Motor mit der neuen ECU betreiben werden müsst."
Taffin: "Für 2014 wird es eine große Hilfe sein, weil wir dann schon Erfahrung damit haben. Es bedeutet aber viel Arbeit, alles auf die neue ECU umzustellen. Hauptsächlich werden wir über den Winter am Prüfstand und dem Computer arbeiten. Wenn die Tests im Februar 2013 beginnen, sollte es kaum Unterschiede geben."

Frage: "Welche Parameter werden sich ändern?"
Taffin: "Die Software sollte gleich sein. Es sollte also keinen Unterschied bei der Motorsteuerung geben. Die Hardware wird aber neu sein und sie muss man testen. Deshalb sollte es keine große Veränderung sein, aber man muss alles testen und verifizieren."

Frage: "Bevor die Motoren eingefroren wurden, fand Mercedes immer mehr Power. Jetzt zählt das Renault-Triebwerk in Punkten wie Benzinverbrauch und Fahrbarkeit zum besten Gesamtpaket. Wie wird sich das durch das Verbot der angeströmten Diffusoren verändern?"
Taffin: "Theoretisch sollte unser Vorteil etwas kleiner sein, weil wir die Auspuffgase nicht mehr so stark nutzen. Es gibt aber noch die Fahrbarkeit. Was wir auch immer in der Vergangenheit gemacht haben, dieser Fakt bleibt bestehen. Wir sind da im Vorteil. Wie auch immer die Regeln aussehen, bei der Fahrbarkeit sind wir sehr gut. Wenn man vom Zusammenspiel zwischen Fahrer und Benzinverbrauch spricht, sollte man die Reihenfolge nicht ändern."

Red Bull Auspuff

Red Bull hat im letzten Moment die Auspuffendrohre nach vor gezogen Zoom

Frage: "Die Auspuffendrohre sind Teile der Verkleidung. Trotzdem beeinflussen sie die Motorleistung. Wir stark seid ihr involviert, wenn die Teams die Auspuffendrohre ändern?"
Taffin: "Um es einfach auszudrücken: Normalerweise geben wir den Teams die Dimensionen der Endrohre. Dann geben wir ihnen Daten, mit denen sie experimentieren können. Wenn sie ein Paket gefunden haben, kommen sie zu uns und zeigen uns das. Wir machen dann eine Kalkulation, um zu überprüfen, dass alles in Ordnung ist. Dann testen wir das auf unserem Prüfstand, denn neben der Performance muss auch die Zuverlässigkeit gewährleistet sein. Wir testen alles auf unseren Prüfständen. Sie produzieren die Teile und wir testen sie dann für die Teams."

Unterschied der Auspuffpositionen gering

Frage: "Red Bull hat beim Barcelona-Test die Position der Auspuffendrohre stark verändert. Hat das großen Einfluss auf die reine Performance des Motors?"
Taffin: "Ja. Das ist immer ein Kompromiss. Deshalb arbeiten wir mit dem Team eng zusammen. Einige Arbeit haben wir aus Viry ausgelagert und ins Team verfrachtet, damit sie flexibler arbeiten können."

Frage: "Also büßt man dadurch viel Leistung ein?"
Taffin: "Das ist schwierig zu sagen. Jemand kann sich eine Auspufflösung ansehen und denken, dass die Power gering ist. Aber eigentlich ist das Gegenteil der Fall. Es hängt viel vom System ab, von der Länge, dem Durchmesser der Rohre und so weiter."

Frage: "Wie groß ist der Unterschied zwischen eurer besten Auspufflösung und der schlechtesten?"
Taffin: "Im Vorjahr betrug der Leistungsunterschied zwischen dem besten und schlechtesten Auspuff bei uns zwei Prozent. In diesem Jahr ist es viel weniger. Alle Auspufflösungen, die wir sehen, sind so wie erwartet. Der Unterschied beträgt maximal ein bis zwei PS. Es liegt sehr nahe am Optimum."

Frage: "Die Kamera am Überrollbügel hat sich geändert. Hat das Auswirkungen auf den Motor?"
Taffin: "Nein, überhaupt keine."

Frage: "Renault beliefert in diesem Jahr vier Teams. Hat das in der Organisation viel verändert?"
Taffin: "Nur Kleinigkeiten. In der Organisation hat sich nicht viel verändert, weil wir uns darauf vorbereitet haben. Interessant wird es erst, wenn man Probleme hat. Es ist anders, wenn man im Falle von Schwierigkeiten ein Team oder mehrere beliefert. Das ist die große Herausforderung. Derzeit gibt es aber keine Probleme."