Perez: Neue Formel-1-Autos sind gar nicht anstrengender

Piloten an der Belastungsgrenze? Fahrer kurz vor der Ohnmacht? Die neuen Autos sollen unfassbar anstrengend sein, doch Sergio Perez sagt: Stimmt alles gar nicht...

(Motorsport-Total.com) - War am Ende etwa alles nur Panikmache? Im Winter gab es fast täglich neue Aussagen darüber, wie viel anstrengender die Formel-1-Autos in diesem Jahr zu fahren sein sollen. Fast alle Piloten legten mehrere Kilogramm Muskelmasse zu, Nico Hülkenberg sprach von der intensivsten Vorbereitung aller Zeiten und Paul Hembery von Reifenhersteller Pirelli deutete sogar an, dass die Piloten in manchen Kurven in diesem Jahr "kurz vor der Ohnmacht" stehen könnten.

Titel-Bild zur News: Sergio Perez

Ohnmacht im Cockpit? Bei Sergio Perez ist das ganz offensichtlich kein Thema... Zoom

Sergio Perez kann sich über solche Aussagen nur wundern. "Ich habe physisch fast keinen Unterschied bemerkt", winkt er im Gespräch mit der spanischen 'Marca' ab, als es um einen Vergleich der 2016er- und 2017er-Autos geht. "Ich denke, dass wir bei diesem Punkt etwas übertrieben haben", so der Mexikaner, der damit so ziemlich allem widerspricht, was man in den vergangenen Monaten gehört oder gelesen hat.

Dabei klingt die Erklärung eigentlich schlüssig. "Die Kurvengeschwindigkeiten sind höher", erinnert Max Verstappen auf seiner Internetseite 'verstappen.nl' und ergänzt: "Darum ist es so wichtig, dass ich körperlich stärker bin als im Vorjahr." Tatsächlich klagte der Niederländer in diesem Jahr nach den ersten Testfahrten über Nackenschmerzen. Ein Widerspruch zur Aussage von Perez?

Nein, denn Verstappen räumt ein: "Tatsächlich habe ich immer Probleme damit, wenn ich zwei Monate nicht im Auto war. Wenn du dann wieder ins Training einsteigst, dann ist alles nicht mehr so beweglich, wie es sein sollte. Am zweiten Tag ist dann alles wieder in Ordnung." Mit anderen Worten: Es ist völlig normal, dass einige Piloten nach dem ersten Testtag einen leichten Muskelkater hatten. Mit den neuen Autos hat das aber wenig zu tun.


Fotos: Testfahrten in Barcelona


Lauda und Marko widersprechen

"Wenn du als Fahrer pro Runde drei oder vier Sekunden schneller fährst, dann fängt das Genick an wehzutun. Die körperliche Belastung wird wesentlich höher", betont Niki Lauda im 'ORF' dennoch und prophezeit, dass sich die Fahrer in diesem Jahr "wesentlich mehr anstrengen" müssen. "Die g-Kräfte haben sich um fast 50 Prozent erhöht", ergänzt Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bei 'ServusTV'.

"Alle Fahrer haben über den Winter ein massives Nackentraining gehabt. Verstappen hat drei Kilo Muskeln in dem Bereich angesetzt", verrät der Österreicher, der sich ebenfalls sicher ist: "Die körperliche Anstrengung wird sicher ein Kriterium werden. Sie müssen alle topfit sein, damit sie über eine Grand-Prix-Distanz keine Ermüdungserscheinungen zeigen." Doch was stimmt nun?


Fotostrecke: Formel-1-Technik 2017: Highlights der Tests

Vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Tatsächlich dürften die Autos in diesem Jahr etwas anstrengender zu fahren sein, doch die Piloten sind heutzutage ohnehin so perfekt austrainiert, dass sie auch die höheren g-Kräfte gut wegstecken können. Während Ayrton Senna und Michael Schumacher mit ihren professionellen Fitnessplänen einst noch Außenseiter im Paddock waren, trägt in der heutigen Zeit kein Pilot auch nur ein Gramm Körperfett zu viel.

Bei Tests mehrere Grand-Prix-Distanzen möglich

"Als ein Berger noch gefahren ist, hat man einmal am Podium stützen müssen - das gleiche bei Piquet", erinnert Marko. Doch das waren andere Zeiten. Bei den Testfahrten in Barcelona (zum Testcenter) spulte Felipe Massa in diesem Winter beispielsweise an einem einzigen Tag 168 Runden ab - das entspricht mehr als 2,5 Grand-Prix-Distanzen. Und der Brasilianer wird in diesem Jahr bereits 36 und war eigentlich schon zurückgetreten.

Auch sein Williams-Teamkollege Lance Stroll, der in der vergangenen Saison noch in der Formel 3 - also gleich zwei Klassen unter der Formel 1 - an den Start ging, kam an einem Tag auf 132 Runden und damit mehr als zwei Grand-Prix-Distanzen. Auch wenn die Autos in Spanien vermutlich noch nicht am absoluten Limit waren: So anstrengend, wie sie teilweise dargestellt wurden, scheinen sie jedenfalls nicht zu sein.


Daniel Ricciardo macht sich dreckig

Zur vorsaisonalen Vorbereitung des Red-Bull-Piloten gehörte auch das Mountainbiking in Los Angeles Weitere Formel-1-Videos

Einer ahnte es übrigens bereits vorher: Pat Symonds. Der ehemalige Williams-Technikchef erklärte schon im vergangenen Jahr: "Sie sind schon früher solche Autos gefahren. Es ist nichts, was wir nicht auch schon 2004 oder 2005 hatten." Er prophezeite damals bereits, dass die neuen Autos "physisch ein wenig anstrengender, aber nichts wirklich Atemberaubendes" werden.