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  • 07.12.2012 09:28

  • von Dominik Sharaf

Perez' Erbe: Auf den Spuren der Rodriguez-Brüder

Jo Ramirez hält seinen Landsmann in der Formel 1 für den Mann der Zukunft, sieht aber Entwicklungsbedarf neben der Strecke: "Er ist noch immer ein Kind"

(Motorsport-Total.com) - Seitdem Sergio Perez bei McLaren unterschrieben hat, hofft ganz Mexiko darauf, mit dem Mann aus Guadalajara wieder einen Piloten in der Weltspitze des Motorsport zu haben. Der ehemalige Teamkoordinator in Woking traut dem 22-Jährigen bei seinem ehemaligen Arbeitgeber einiges zu: "Er ist sicherlich der Beste den wir haben, wenn nicht sogar der Beste, den wir jemals hatten. Ich denke an die Rodriguez-Brüder, die waren schon etwas Besonderes", erinnert sich Jo Ramirez im Gespräch mit 'Reuters'.

Titel-Bild zur News: Sergio Perez

Medienarbeit, nein danke: Sergio Perez spricht ungern mit Journalisten Zoom

Besonders Pedro, ein Ramirez-Freund aus Kindertagen, hatte für Aufsehen gesorgt, als er 1967 in Kyalami und 1970 in Spa-Francorchamps die bis heute einzigen mexikanischen Grand-Prix-Erfolge landete. Doch beide Brüder bezahlten ihre Karrieren mit dem Leben. Pedro verunglückte 1971 bei einem Sportwagen-Rennen auf dem Norisring, nachdem er 54 Grands Prix für Ferrari, Lotus, BRM und Cooper bestritten und zwei davon gewonnen hatte. Er wurde nur 31 Jahre alt.

Perez schon zu GP2-Zeiten vermittelt

Sein jüngerer Bruder griff sechs Mal für Ferrari in der Königsklasse ins Lenkrad, ehe er 1962 im Alter von nur 20 Jahren in einem Lotus in Mexiko einen tödlichen Unfall hatte. "Ricardo war einfach ein Phänomen", schwärmt Ramirez, der in seiner langen Karriere mit Jackie Stewart, Emerson Fittipaldi, Ayrton Senna, Alain Prost und Mika Häkkinen nicht nur zusammenarbeitete, sondern auch deren enger Vertrauter wurde. "Er wäre einer der Größten gewesen, aber er lebte nicht lang genug."

In Perez erkannte der 71-Jährige früh einen möglichen Nachfolger: "Als er in der GP2 angefangen hat, habe ich ihm gesagt, dass ich ihn den richtigen Leuten bei McLaren vorstellen müsste", berichtet Ramirez. "Wir liefen zum Motorhome und Ron Dennis, Mansour Ojjeh sowie Martin Whitmarsh waren da, er hat jeden von ihnen sofort kennengelernt." Als Ramirez von dem nicht mehr ungetrübten Verhältnis zwischen Lewis Hamilton und der McLaren-Führung hörte, sah er die Chance gekommen.

Entwicklungsbedarf neben der Strecke

"Martin hatte ein Auge auf Sergio geworfen, also habe ich ihn mit E-Mails bombardiert", erzählt der Förderer schmunzelnd. Ein Treffen mit Manager Adrian Fernandez fädelte er am Hungaroring ein. Perez weiß, was er seinem Landsmann zu verdanken hat: "Ich kenne Jo schon seit langer Zeit. Er hat mir am Anfang meiner Karriere geholfen und gibt mir noch immer gute Tipps." Die sollen dazu führen, dass sich Mexiko nach 43 Jahren wieder in die Liste der siegreichen Nationen einträgt.

Emanuele Pirro, Jo Ramirez und Michael Schumacher

Im Kreis der Großen: Ramirez (Mitte) mit Pirro und Schumacher Zoom

Denn ein Mal hat Perez schon Motorsport-Geschichte geschrieben, als er 2011 in Spanien WM-Punkte holte - es waren die ersten seit Hector Rebaque dieses Kunststück 1981 in Zandvoort gelungen war. An einem Podium geschweige denn an einem Grand-Prix-Erfolg war der heute 56-Jährige aber stets gescheitert. "Jeder Schritt, den Sergio unternommen hat, war richtig. Er hat sich in den vergangenen zwei Jahren aber mehr als Fahrer denn als Mensch entwickelt", lobt und tadelt Ramirez zugleich.

"Wenn er einen Journalisten sieht, rennt er"

Er lässt dezente Kritik am vermeintlichen Wunderkind anklingen - wobei dieser Begriff durchaus wörtlich zu verstehen ist. "Er ist noch immer ein Kind", erklärt sein Förderer. "Als Fahrer ist er voller Zuversicht. Wenn er mit den Ingenieuren spricht, weiß er, was er will und lässt sich nicht so schnell umstimmen." In der Box ist er also schon ein alter Hase, vor den Fernsehkameras und Notizblöcken hingegen stelle sich Perez noch immer dilettantisch an - meint zumindest Ramirez.

Die McLaren-Ikone geht auf diesen Punkt genauer ein: "Er mag die Medien nicht, spricht nur ungern mit der Presse. Sobald er einen Journalisten sieht, rennt er." Besuche in Mexiko müsste sich Perez ebenfalls abschminken. "Man hat gesehen, wie sich Michael Schumacher, Ayrton Senna und Fernando Alonso angepasst haben", weiß Ramirez über das 100-prozentige Engagement großer Champions. "Wenn du das nicht tust, macht es der Nächstbeste. Um erfolgreich zu sein, ist das unbedingt nötig."