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Nach Indy 500: Kommt Fernando Alonso noch einmal zurück?

Fernando Alonso denkt bis zum Indy 500, aber erst mal nicht viel weiter: Schmeißt er seine Formel-1-Karriere bei McLaren-Honda danach hin?

(Motorsport-Total.com) - Fernando Alonso weigert sich, seine Zukunft über die Saison 2017 hinaus jetzt schon zu verplanen. Die heutige Sensationsmeldung, dass er im Mai bei den legendären 500 Meilen von Indianapolis antreten wird, habe auf seine unmittelbare Zukunft bei McLaren-Honda keinen Einfluss, sagt der zweimalige Weltmeister.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso und Zak Brown

Fernando Alonso und Zak Brown bei der Pressekonferenz im Sofitel Bahrain Zoom

"Nach der Sommerpause werde ich mit McLaren über die Formel 1 sprechen", kündigt er an. "Momentan schaue ich nicht weiter in die Zukunft als bis Indianapolis. Und bis Ende 2017." Denn dass er nach dem Indy 500 den Rest der Formel-1-Saison plangemäß bestreiten wird, ist Stand heute so vorgesehen. Aber Alonso vermittelt Beobachtern das Gefühl, dass er in Wahrheit erst einmal nicht weiter denkt als bis zum 500-Meilen-Rennen am 28. Mai.

Die Lust, sich in der Formel 1 die Seele aus dem Leib zu fahren, aber bestenfalls mit einem Top-10-Ergebnis belohnt zu werden, ist für einen zweimaligen Weltmeister im Spätherbst seiner Karriere wenig reizvoll. "Natürlich schwirrt mir im Kopf herum, dass wir bessere Ergebnisse einfahren müssen, als das jetzt der Fall ist", stellt er klar und fordert: "2017 ist für uns ein Konsolidierungsjahr. Wir müssen auf das Podium, wir müssen Rennen gewinnen!"

Alonso: Klare Worte in Richtung McLaren-Honda

"In dieser Position sind wir momentan nicht. Unser Paket ist nicht konkurrenzfähig. Aber es ist eine lange Saison und ich rechne mit riesigen Fortschritten des McLaren-Honda-Teams", so Alonso. Seine Erwartungshaltung ist eine, die das Team realistischerweise nicht erfüllen wird können: "Das Ziel bleibt, in dieser Saison um Podestplätze und Siege zu kämpfen. An etwas anderes denke ich gar nicht." Und was, wenn das nicht gelingt?

Die Spekulation, die in Branchenkreisen umgeht: Alonso würde am liebsten sofort hinschmeißen, beißt aber bei seinem Wunschteam Mercedes auf Granit. Also blickt er stattdessen nach Indianapolis und Le Mans. Und weil Honda in der IndyCar-Serie wesentlich erfolgreicher engagiert ist als in der Formel 1, war es naheliegend, über einen Gaststart nachzudenken. Diese Chance hätte ihm ein anderer Formel-1-Hersteller nicht bieten können.

Also alles nur eine Maßnahme, um Alonso bei Laune zu halten? "Das Indy 500 ist eine fantastische Gelegenheit für mich, in diesem spektakulären Rennen zu fahren und dem Triple, das ich eines Tages erreichen möchte, einen Schritt näher zu kommen. Aber das bedeutet nicht, dass ich dem Team jetzt näher stehe, wenn es um meine Zukunft geht. Indy ist eine einmalige Sache", relativiert er.

Zukunft in der IndyCar-Serie kein Thema

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Zukunft in den USA liegt, denn mein Fahrstil und meine Technik sind für Formel-1-Autos entwickelt. Das möchte ich auch in Zukunft tun. Es bleibt ein einmaliger Ausflug. Gleich nach Indianapolis ist Kanada. Mein Fokus liegt auf der Formel 1", unterstreicht Alonso. "Aber in Zukunft kann ich mir vorstellen, mehr solche Gaststarts zu absolvieren. Warum nicht auch in Le Mans?"

Mit der Formel 1 hat er noch nicht abgeschlossen: "In der Formel 1 zu gewinnen ist toll. Acht WM-Titel - einer mehr als Michael - wären großartig. Aber das ist sehr, sehr unwahrscheinlich. Dafür habe ich nicht mehr genug Zeit", sagt der 35-Jährige. Also sucht er sich andere Herausforderungen - wie das Triple: "Ich sehe mich als Racer, der sich auf jedes Auto einstellen kann. Die beste Art und Weise, das zu beweisen, ist, in verschiedenen Kategorien anzutreten."

Faszination für die WEC schon lange bekannt

Das Triple aus Monaco-Grand-Prix, Indy 500 und Le Mans hat erst ein einziger Fahrer erreicht, nämlich Graham Hill. Dass Alonso mit Le Mans liebäugelt, weiß man schon lange. Vor Jahren fiel bei einer FIA-Gala auf, wie er mit seinem Smartphone einen LMP1-Boliden filmte. Und sein alter Bekannter Mark Webber, der für Porsche WEC gefahren ist, hat ihm ebenfalls davon vorgeschwärmt. Die Kontakte zu Porsche gingen bis hin zu einer Sitzanpassung.

Die Variante Indy ist erst seit kurzem spruchreif. "Es wurde vor zwei Tagen ernst", erzählt Alonso. "In Australien hatten wir ein Gespräch über die Zukunft von McLaren als Rennteam und Gruppe, über meine Zukunft als Rennfahrer, über das Triple und welche Ziele ich habe." Bei dem Meeting mit Teamchef Zak Brown und Rennleiter Eric Boullier dürfte er klar zum Ausdruck gebracht haben, dass die aktuelle Situation für ihn wenig befriedigend ist. Von da an entstanden die Ideen.


Fernando Alonso 2013: Fasziniert vom Le-Mans-Audi

"Eric ist Franzose. Er ist sehr dahinter, mit McLaren bei den 24 Stunden von Le Mans an den Start zu gehen. Zak ist Amerikaner, ihm ist das Indy 500 ein Anliegen. Und ich stand zwischen den beiden - so, als hätte ich zwei Freundinnen, die ich beide gleich gern mag", lacht Alonso. "Ich habe Zak gesagt, dass das Indy 500 eine tolle Idee für die Zukunft ist, und ich habe Eric gesagt, dass die 24 Stunden von Le Mans eine tolle Idee für die Zukunft sind. Jedem einzeln."

Brown hatte die Idee für das Indy 500

"Nach Australien war ich für ein Shooting in Los Angeles. Da klingelte mein Telefon. Zak war dran. Wir haben zuerst über etwas ganz anderes gesprochen. Dann kam er wieder mit dem Indy 500 an. Ich war glücklich, dass McLaren das Indy 500 in Betracht zieht, weil sie es in der Vergangenheit schon gewonnen haben. Ich hielt die Idee von Zak für klasse und sagte: 'Wow, das ist interessant!' Ich dachte aber an 2018, denn bis zum Rennen 2017 waren es da nur noch 55 Tage."

"Am Freitag in China waren wir dann Abendessen. Da wurde unser Gespräch schon etwas ernster. Und uns war klar: Wenn wir es machen wollen, müssen wir uns morgen entscheiden. Ich habe noch einmal drüber geschlafen. Am Samstag kam ich an der Strecke an und gab Bescheid, dass ich es mache", sagt der McLaren-Fahrer und freut sich: "Es ist eine Win-win-Situation für den Sport, für McLaren, für den Sport, für mich, für die Fans."

Mit einem Witz fing alles an ...

Angefangen hat übrigens alles mit einem Witz von Brown: "Vor Australien sagte ich zu Fernando: 'Hey, eines Tages sollten wir gemeinsam Indy machen.' Ich wollte nur sehen, was für eine Reaktion darauf kommt. Er witzelte zurück und ich dachte, okay, die Sache ist mal platziert, und dabei belassen wir's erstmal. Aber als Fernando und ich in Australien mit Honda zusammensaßen, kam das Thema wieder auf."

"Ich wollte Le Mans schon einmal fahren, und ich würde liebend gerne Indianapolis mit euch bestreiten." Fernando Alonso

Und zwar von Alonso initiiert. Brown: "Fernando sagte: 'Honda hat eine unglaubliche Geschichte auf dem Speedway, und ich habe den großen Traum, das Triple zu gewinnen. Ich wollte Le Mans schon einmal fahren, und ich würde liebend gerne Indianapolis mit euch bestreiten." Und weil man einem Alonso, der für die Formel 1 derzeit mutmaßlich schwer zu motivieren ist, etwas bieten wollte, wurde daraus eine der sensationellsten Storys des bisherigen Motorsport-Jahres ...