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  • 02.08.2012 16:07

  • von Felix Matthey & Dieter Rencken

McLarens Weltrekord kommt nicht von ungefähr

Beim Boxenstopp in Hockenheim führte die McLaren-Mannschaft in 2,3 Sekunden den schnellsten Boxenstopp aller Zeiten durch - dahinter steckt ein hartes Training

(Motorsport-Total.com) - Beim Großen Preis von Hockenheim hat es zwar zum Sieg durch Jenson Button nicht ganz gereicht. Dennoch konnte man sich bei McLaren ein wenig als Sieger fühlen, zumindest was die Boxenstopps angeht. Denn in 2,3 Sekunden fertigte die Boxencrew Button so schnell ab wie noch nie zuvor in der Geschichte der Formel 1 - Weltrekord!

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Die Boxenstopps verliefen bei McLaren diese Saison nicht immer reibungslos

"Ich denke, in diesem Bereich waren wir dieses Jahr sehr effektiv", so Sportdirektor Sam Michael, der vor allem für die Abläufe im Team während eines Rennens zuständig ist. "Die Jungs leisten die Arbeit, nicht ich, also gebührt ihnen auch die Anerkennung. Ich stelle mich nicht gerne als die Person hin, die hauptverantwortlich für die ganzen Abläufe ist, weil das gegenüber ihnen nicht fair wäre."

Ein Zufallsprodukt oder ein Glückstreffer war dieser ultra-schnelle Boxenstopp keineswegs. Es ist das Resultat harten Trainings, welches nicht nur durch das praktische Üben von Boxenstopps in der hochmodernen Fabrik im britischen Woking besteht, sondern auch aus einem umfangreichen Fitnessprogramm, welches die beteiligten Mechaniker zusätzlich zu ihrer gewöhnlichen Tätigkeit abarbeiten müssen.

"Was ihre Fitness angeht, arbeiten wir mit dem britischen Sportinstitut zusammen", erläutert Michael anschließend. "Sie haben alle ihre eigenen Fitnessprogramme. Wenn ich mir heute in der Boxengasse die Mechaniker anschaue und sie mit denen von vor zehn Jahren vergleiche, dann stellt man einen unglaublichen Unterschied fest. Sie waren damals praktisch dicke, Bier trinkende, rauchende Menschen."

"Sie waren damals praktisch dicke, Bier trinkende, rauchende Menschen." Sam Michael über die Boxenmannschaften früherer Tage

Seitdem habe sich einiges getan. Mechaniker mit Bierbäuchen gehören der Vergangenheit an. "So ist das heute nicht mehr", fährt Michael fort. "Sie sind physisch sehr fitte Menschen. Der körperliche Zustand der Leute hat sich also sehr verändert. Unsere Auswahlkriterien bei Mechanikern umfassen deshalb nun auch physische Aspekte. Wir wollen wissen, in was für einer körperlichen Form sich die Bewerber befinden."

"Während ihrer Arbeitszeit müssen sie sich eine Stunde Zeit für ein Training mit einem Fitnesstrainer nehmen. Sie haben alle ihre eigenen Programme, da die physischen Anforderungen an einen Mechaniker, der Reifen wechselt, ganz anders sind als die, die an einen Mechaniker gestellt werden, der den Wagenheber bedient. Das muss man mit jedem einzelnen intensiv trainieren, was wir jetzt schon seit einiger Zeit machen. Wir denken bei den Boxenstopps an jedes Detail und lassen diesbezüglich auch nicht viel an die Öffentlichkeit dringen."

An einem üblichen Arbeitstag, so Michael, würde man in der Fabrik 50 bis 60 Boxenstopps trainieren: "Diese sind auf 15 am Stück gestaffelt. Wenn man mehr hintereinander machen würde, würde man ineffektiver arbeiten, da man mit der Zeit immer müder wird."

Mit der Boxenmannschaft alleine sei es jedoch noch nicht getan. Denn speziell in diesem Jahr, wo das Feld extrem nah beieinander liegt, müsse man sich etwas einfallen lassen, um die entscheidende Sekunde schneller zu sein als die Konkurrenz. "Wir haben einige Designer, die extra die Schlagschrauber, die Radmuttern sowie die kleinen Hinweislichter für den Fahrer an der Box entwickeln", erläutert Michael.

Lewis Hamilton

Bei McLarens Boxenstopps wird auf jedes Detail geachtet Zoom

Zu Saisonbeginn zählte McLaren bei den Boxenstopps noch zu den langsamsten der vier Top-Teams. Die Stopps liefen teilweise alles andere als reibungslos ab. In Bahrain oder Barcelona wurden durch Probleme mit den Radmuttern beispielsweise bessere Resultate hergegeben. Daran hat der britische Traditionsrennstall jedoch gearbeitet, was man durch den Rekord eindrucksvoll unter Beweis stellte.

Und was, wenn es jetzt doch noch Probleme bei den Boxenstopps geben sollte? "Dann wickeln wir den Boxenstopp in 3,2 statt 2,3 Sekunden ab, was immer noch schneller ist als die meisten Boxenstopps der Konkurrenz", erklärt Michael voller Stolz.