Marussia: "2013er-Auto sieht sehr ermutigend aus"

Sollte Marussia den Winter überleben, könnte es 2013 mit dem ersten echten Windkanal-Auto Fortschritte geben, glaubt Teammanager Graeme Lowdon

(Motorsport-Total.com) - Umgerechnet 75 Millionen Euro Schulden, aber noch kein Concorde-Deal mit Bernie Ecclestone: Das Marussia-Team ist in der gegenwärtigen Formel 1, in der viele Teams ums Überleben kämpfen, ganz besonders gefährdet. Doch sollte es gelingen, den Winter irgendwie zu überstehen und am 17. März 2013 in Melbourne am Start zu sein, dann, so glauben die Verantwortlichen, wird man sportlich gut aufgestellt sein.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Graeme Lowdon und Timo Glock hoffen auf eine erfolgreiche Saison 2013 Zoom

"Das Design des 2013er-Autos sieht wirklich sehr, sehr ermutigend aus. Wir sind sehr aufgeregt über nächstes Jahr", erklärt Teammanager Graeme Lowdon gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Das 2013er-Auto wird viel besser widerspiegeln, welche größeren Ressourcen uns nun zur Verfügung stehen." Denn Mitte vergangenen Jahres wurde ein Umstrukturierungsprozess in Gang gesetzt, der der Papierform nach 2013 endlich Früchte tragen müsste.

So erklärte die sportliche Führung das CFD-Projekt von Nick Wirth, der die ersten beiden Autos komplett ohne Windkanal designt hat, für gescheitert, feuerte den britischen Technikchef und machte Pat Symonds heimlich, still und leise zu Wirths Nachfolger. Außerdem wurde Wirths bestehende Fabrik in Banbury übernommen und eine technische Partnerschaft mit McLaren Applied Technologies abgeschlossen.

Finanzen schwelen im Hintergrund

Wegen offener Rechnungen soll es im Sommer zu einer lautstarken Diskussion zwischen Teamchef John Booth und McLarens Martin Whitmarsh gekommen sein, was Booth jedoch bestreitet. Auch Williams, ab 2013 KERS-Lieferant für Marussia, erkundigt sich in der Branche bereits, ob überhaupt eine realistische Chance besteht, vom zukünftigen Kunden Geld zu sehen. Aber von der Nutzung der McLaren-Ressourcen verspricht sich Marussia 2013 endlich den ersehnten Höhenflug.

Denn erst diesen Winter ist der Designprozess wirklich eingespielt: "Das 2012er-Auto ist unter unserer neuen technischen Führung entstanden", gibt Lowdon zwar zu, aber: "Wir hatten noch keinen Zugang zu einem Windkanal, daher war es ein reines CFD-Auto. Wir haben den McLaren-Vertrag Mitte 2011 bekannt gegeben, aber es dauert sechs bis neun Monate, um die Basis zu legen, ein erstes Modell des Autos zu bauen und die ersten Ergebnisse zu verifizieren."

Umstellung hat gedauert

Denn man geht nicht einfach in einen Windkanal und schaltet diesen per Knopfdruck ein: "Wir müssen alles selbst bedienen, denn wir können den Windkanal im Sinne der Turbine nutzen, aber alles andere müssen wir selbst machen. Daher hat es ein bisschen gedauert, das Programm an den Punkt zu bringen, an dem sich die erhofften Ergebnisse einstellen, aber jetzt kommen wir da langsam hin. Das ist sehr positiv", findet Lowdon.

Das neue Auto wird Marussias erstes echtes Windkanal-Design sein: "Es ist bekannt, dass wir mit dem 2012er-Auto im Winter nicht getestet haben. Die erste Ausfahrt war in Melbourne, beim Australien-Grand-Prix", erinnert Lowdon. "Zu dem Zeitpunkt war es ein rein auf CFD-Basis designtes Auto. Dann kamen die verschiedenen Updates, und ab Monaco war es eine Kombination aus Windkanal- und CFD-Arbeit."

Timo Glock

Timo Glock plagt sich in Sao Paulo ein letztes Mal mit dem aktuellen Auto ab Zoom

"Was den Windkanal angeht, verwendet wir die McLaren-Anlage. Das ist Bestandteil unseres Vertrags mit McLaren Applied Technologies, dass wir Zugang zu Infrastruktur haben, die wir vorher nicht hatten. Wir sehen mit dem jetzigen Auto wirklich gute Verbesserungen", spielt er auf den teilweise verkürzten Abstand zu Caterham und den derzeit gehaltenen zehnten Platz in der Konstrukteurs-WM an.

CFD wird weiterhin genutzt

Natürlich setzt Symonds' Ingenieursteam weiterhin auf CFD-Computertechnik, wie das alle anderen Teams auch tun, doch die Nutzung des McLaren-Windkanals ist ein wichtiger Schritt. Das, was an CFD-Ressourcen notwendig ist, hat man jedoch weiterhin in Banbury in den eigenen vier Wänden. Dort kommt 2013 die neue Herausforderung dazu, technische Informationen von den Partnern McLaren und Williams vertraulich zu behandeln.

Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums nimmt das Team "sehr ernst", unterstreicht Lowdon: "Es gibt interne Vorschriften dafür, wie sich die Leute mit Projekten zu befassen haben. Jeder, der damit zu tun hat, weiß genau, wie unser Vertrag aussieht, welche Dienstleistungen inbegriffen sind, was wir tun dürfen und was nicht. Da kann kein Irrtum passieren. Das hat etwas mit Projektmanagement zu tun, und das nehmen wir sehr ernst."


Fotos: Marussia, Großer Preis von Brasilien, Freitag