• 30.10.2008 17:13

Mallya-Interview: Ferrari oder McLaren-Mercedes?

Force-India-Boss Vijay Mallya hat die Qual der Wahl: Soll er Ferrari verlassen, um eine technische Partnerschaft mit McLaren-Mercedes einzugehen?

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Vijay, wie würdest du die vergangenen paar Rennen zusammenfassen?"
Vijay Mallya: "Wir hatten ein fehlerhaftes Jahr. Wir begannen ziemlich gut, aber dann bauten wir ab. Wir verbesserten uns wieder und wir bauten wieder ab. Seit dem Europa-Grand-Prix ist unsere Leistungskurve flach."

Titel-Bild zur News: Vijay Mallya

Vijay Mallya steht nun auch offiziell zu Verhandlungen mit McLaren-Mercedes

"Ich habe nach der Einführung des Getriebes ohne Zugkraftunterbrechung gesagt, dass wir das 2008er-Auto nicht mehr groß weiterentwickeln und dass wir uns lieber auf 2009 konzentrieren. Vielleicht hat sich das ausgewirkt, aber ich glaube, dass man immer nach vorne schauen sollte und nicht nach hinten. Man lernt sicherlich aus der Vergangenheit, aber man kann nicht ständig jammern und der verschütteten Milch nachtrauern. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir uns 2009 besser präsentieren werden."#w1#

Die Qual der Wahl

Frage: "Was steckt hinter der Entscheidung für nächstes Jahr?"
Mallya: "Ich habe bei beiden potenziellen Lieferanten um den gesamten Antriebsstrang samt KERS angefragt. Ferrari ist nicht sicher, ob sie den kompletten Antriebsstrang zur Verfügung stellen können. Adrian hat in Shanghai einen Getriebeschaden erlitten. Was für einen Sinn macht es, einen großartigen Motor zu haben, ein großartiges KERS, aber ein fehleranfälliges Getriebe? Darum habe ich gesagt, dass wir lieber das ganze Paket holen, ein gutes, erprobtes und getestetes Paket von einem der beiden Topteams. Das ist mein Ziel."

Frage: "Steht ihr nicht bei Ferrari unter Vertrag?"
Mallya: "Ferrari und wir sind sehr gut befreundet, wir pflegen ein exzellentes Verhältnis. Wir haben ihnen genau gesagt, was wir wollen, und wir stehen in Gesprächen. Sie wissen, dass ich mit McLaren gesprochen habe, also ist alles transparent. Und selbst wenn wir uns trennen sollten, wird es eine freundschaftliche Trennung sein. Darauf haben wir uns geeinigt. Wenn sie Entwicklungskosten für uns für nächstes Jahr budgetiert haben, werden wir darüber reden. Wir werden sicher nicht auf stur schalten. Wenn ich Kosten verursacht habe, dann erstatte ich die auch zurück. Abgesehen davon herrscht auf beiden Seiten ein sehr positiver und freundlicher Geist, also werden sie nicht gegen unseren Willen auf dem Vertrag bestehen."

Frage: "Ihr habt in Silverstone eine eigene Getriebeabteilung. Müsst ihr mit einem Kundengetriebe nicht eine Neuorganisation vorantreiben?"
Mallya: "Jeder in dieser Firma muss realisieren, dass Forschung und Entwicklung und eigene Entwicklungen eine Sache sind, aber wir müssen vorausdenken - und wir müssen groß denken. Wir müssen konkurrenzfähig sein, unsere Performance verbessern, müssen regelmäßig in die Punkte fahren. Wir können diese Situation nicht akzeptieren und uns zurücklehnen und den anderen dabei zuschauen, wie sie sich weiterentwickeln."

"Es gibt Bestrebungen, die Kosten in der Formel 1 massiv zu beschränken. Wir reden vom Preis eines Motors - man weiß, was Max Mosley vorschlägt. Es wird darüber geredet, wie viele Angestellte ein Team haben sollte, über eine Budgetobergrenze und wie viel man ausgeben kann. Worauf man sich wirklich konzentrieren sollte, ist, dass das meiste Geld für Testfahrten und die Weiterentwicklung draufgeht. Das sind keine kleinen Ausgaben. Selbst wenn man die Ausgaben für den Motor und den Antriebsstrang senkt, muss man auch die Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Betracht ziehen, wenn man eine ernsthafte Kostenreduktion erzielen will."

Mallya begrüßt aktuellen Sparkurs

"Jedes Team hat bei den FOTA-Meetings in Shanghai erkannt, dass wir angesichts der Finanzmarktkrise unsere Gürtel enger schnallen müssen. Wir sollten versuchen, die Formel-1-Teams profitabel zu machen und nicht Unsummen ohne Kontrolle investieren, wie das viele Teams in den vergangenen Jahren getan haben. Ich sage zu meinen Leuten in Silverstone: 'Wir haben Verwendung für euch, wir schätzen eure Talente und Fähigkeiten.' Wir werden sie beschäftigen, aber wir werden sie effizienter nutzen, um ein besseres Team mit einem besseren Auto zu werden. Nur weil ich den Antriebsstrang von einem externen Lieferanten kaufe, bedeutet das noch lange nicht, dass meine Leute nichts mehr zu tun haben werden."

Frage: "Bist du zufrieden mit den jüngsten FOTA-Meetings und über die Gespräche mit der FIA?"
Mallya: "Zum ersten Mal, seit ich mich erinnern kann, haben alle Teams gemeinsame Entscheidungen getroffen. Wir haben das auf einem Stück Papier niedergeschrieben. Das ist schon mal ein großer Schritt, denn in der Vergangenheit haben sich alle widersprochen. Es geht um den Motor, eine Antwort auf das, was die FIA veröffentlicht hat, um KERS, um Kostensenkungen. Es ist ein sehr umfangreiches Dokument und es enthält zahlreiche Empfehlungen der Sportlichen und Technischen Arbeitsgruppe. Die Initiativen der FIA erfordern eine umfassende Antwort. Wir haben unseren Input abgeliefert und wir haben uns auf eine gemeinsame Vorgangsweise verständigt. Das ist ein gutes Zeichen."

Frage: "In China hast du bestätigt, dass Giancarlo und Adrian 2009 im Teambleiben werden. Wie würdest du ihre Saisonleistungen beurteilen?"
Mallya: "Ich wurde gefragt, ob ich an den Fahrern etwas verändern werde, und ich habe nein gesagt. Sobald wir das Auto aussortiert haben, werden unsere Jungs Leistung bringen, denn sie haben unbestrittenes Talent. Ich denke, dieses Jahr kamen mehrere Faktoren zusammen. Meine Fahrer haben manchmal Fehler gemacht, aber meistens wurden sie vom Auto im Stich gelassen. Denjenigen, die an Glück glauben, kann ich sagen, dass wir kein Glück hatten."

Frage: "Die Saison ist sehr schnell vorbei gegangen. Welche Gedanken gehen dir vor dem letzten Rennen durch den Kopf?"
Mallya: "Das Jahr ist erstaunlich schnell vergangen. Wir haben uns verbessert, so viel kann ich sagen. Wir haben uns nicht genug verbessert, das ist auch klar. Schreie ich ein Rennen vor Schluss meine Leute an? Nein. Ich motiviere sie lieber, indem ich ihnen sage, dass wir aus 2008 lernen werden, um 2009 mit einem Paket von einem der beiden Topteams anzugreifen - mit einem sehr konkurrenzfähigen Auto."