• 05.10.2008 04:06

  • von Michael Noir Trawniczek & Helmut Zwickl

Interview: Simulation, Überholen, KERS & Co.

Technikfreaks, aufgepasst: Alles, was Sie über die Formel 1 noch nicht wussten, gibt es in diesem Interview mit Peter Schöggl nachzulesen!

(Motorsport-Total.com) - Peter Schöggl ist seit 1996 in der Grazer Zentrale der Firma AVL List GmbH als Leiter der Produktlinie Racing tätig. Er ist verantwortlich für die Rennsportaktivitäten im Geschäftsbereich Powertrain Engineering. AVL ist laut der firmeneigenen Website "das weltweit größte private und unabhängige Unternehmen für die Entwicklung von Antriebssystemen mit Verbrennungsmotoren und Mess- und Prüftechnik".

Titel-Bild zur News: David Coulthard

Simulationstechnik spielt in der Formel 1 eine immer größer werdende Rolle

Nicht nur Formel-1-Teams, sondern auch jene aus der NASCAR-Serie oder der Formel 3 gehören zu den Kunden von AVL. Die Firma beliefert die Rennställe mit hochmodernen Prüfständen und Simulationswerkzeugen.#w1#

Schöggl verfügt über ein ungeheures Insiderwissen - so hatte er auch Einsicht in die Ergebnisse der Overtaking-Working-Group, die im Windkanal die aerodynamisch abgerüsteten, überholfreundlicheren Boliden für 2009 erarbeitet hat. Gerade weil Schöggl quasi die technische Intimsphäre der Formel 1 kennt, muss er verständlicherweise auf höchste Diskretion achten.

Im Gastgarten des Wiener Lokals Concordia nahm sich Schöggl die Zeit, um in aller Ruhe unsere Fragen zu beantworten.

Frage: "Die Firma AVL entwickelt für die Formel 1 Software, um verschiedene Simulationen vorzunehmen..."
Schöggl: "Nicht nur für die Formel 1. Grundsätzlich ist AVL die größte Firma für die Entwicklung von Verbrennungsmotoren, für die Herstellung von Prüf- und Messsystemen und für Simulationswerkzeuge. In diesem Bereich ist AVL die größte Firma weltweit in Privatbesitz, mit mehr als 4.200 Mitarbeitern weltweit. Davon arbeiten knapp 2.000 in Graz. Ein Teil unserer Aufgaben ist der Motorsport. Dort arbeiten wir für mehrere Rennserien, nicht nur für die Formel 1, sondern auch in der NASCAR und in der Formel 3."

Frage: "Kann man das vergleichen mit Magneti Marelli?"
Schögglk: "Nein. Magneti Marelli liefert Steuergeräte und elektrische Komponenten für Fahrzeuge. Die AVL produziert über die AVL-Schrick-Tochter mechanische Bauteile wie Zylinderköpfe oder Nockenwellen, über unsere Instrumentation-Group verkaufen wir hochdynamische Prüfstände. Fast alle Formel-1-Teams setzen diese Prüfstände ein. Und wir verkaufen Simulationswerkzeuge. Damit können die Teams das gesamte Fahrzeug voroptimieren. Für ein gewisses Rennen beispielsweise. Ein Formel-1-Auto hat ungefähr 300 Parameter, an denen man drehen kann. Die Fahrwerksfeder vorne links, die Fahrwerksfeder vorne rechts, die Flügelstellung und so weiter. Man muss das Getriebe auf die jeweilige Strecke übersetzen, man muss das Motormapping anpassen."

"Allein wenn man einen Stoßdämpfer ansieht - der hat wiederum verschiedene Einstellmöglichkeiten. Den können Sie in der Zugstufe verstellen und in der Druckstufe - und dann können Sie ihn noch in der schnellen und in der langsamen Stufe verstellen. Und jede dieser Stufen hat 14 Klicks. So kommen Sie bei zwei Stoßdämpfern schon auf mehrere Millionen Einstellmöglichkeiten. Wenn man jetzt bedenkt, dass man nicht nur die Stoßdämpfer, sondern auch die Federn und vieles mehr hat, so ist das mit der richtigen Einstellung ungefähr wie im Lotto."

Frage: "Also geht es bei Ihrer Arbeit nicht nur um die Motoren-, sondern auch um Fahrwerkssimulationen?"
Schöggl: "Ja, es geht um den Motor und das Fahrwerk, aber auch um die Reifen und die Aerodynamik. Wir haben ein Simulationswerkzeug entwickelt, mit dem man wirklich jedes Teil eines Formel-1-Fahrzeugs optimieren kann. Dann dreht man halt virtuell am Computer seine Runden. Die guten Teams drehen tausende von Runden komplett virtuell am Computer."

Frage: "Also keine Fahrsimulation, wo ein Pilot am Steuer eines Simulators sitzt, sondern eine reine Simulation, oder?"
Schöggl: "Ja, da wird alles simuliert, auch der Fahrer."

Frage: "Auch die Unregelmäßigkeiten eines Piloten?"
Schöggl: "Ja, die kann man eingeben. Ich würde nicht von Unregelmäßigkeiten sprechen, ich würde es Fahrstil nennen. Jeder Fahrer hat einen eigenen Stil - wie er bremst, wie er lenkt, wie er Gas gibt, wie er reagiert, wenn das Auto über- oder untersteuert. Das macht jeder Fahrer anders und das kann man auch in ein Simulationsmodell integrieren."

Selbst der Fahrer kann simuliert werden

Frage: "Indem man Datenaufzeichnungen, die es von ihm gibt, heranzieht und Tendenzen herausrechnet?"
Schöggl: "Ein einfaches Beispiel: Das Auto bricht hinten aus und der Fahrer reagiert mit Gegenlenken. Jetzt kann ich eine Responsezeit eingeben: Wie lange braucht der Fahrer, um zu reagieren, und wie schnell lenkt er gegen? Ich kann aber auch die Intensität einstellen, mit der er gegenlenkt. So kann ich ein Modell erarbeiten, das den Fahrer ziemlich genau simuliert. Dann beginne ich, das Auto um den Fahrer herum zu justieren - für gewisse Rennstrecken."

"Zum Beispiel Spa-Francorchamps: Ich optimiere, fahre 500 Runden in Spa und ändere während dieser 500 Runden Getriebeübersetzungen, Federn, Reifen, Flügel. Dann habe ich ein Setup für Spa. Das funktioniert aber nur, wenn es trocken ist - und vielleicht auch nur am Samstag, wenn der Grip so und so hoch ist. Am Freitag ist der Grip aber sagen wir um sieben Prozent weniger, dann muss ich wieder das Setup optimieren - für den Samstaggrip. Da muss ich dann die Ingenieure davon überzeugen, dass die Lösung, die sie am Freitag hatten, mit der sie vielleicht sogar Schnellste waren, am Samstag nur noch den zehnten Platz liefert. Das glaubt nämlich keiner - weil sie sagen: 'Jetzt waren wir eh die Schnellsten, jetzt behalte ich dieses Setup!' Und das sind also jene Werkzeuge, die wir anbieten."

Frage: "Nehmen wir zum Beispiel einen Formel 1-Motor. Der kriegt doch im realen Leben Schläge ab, wenn ich über die Randsteine räubere, auf Bodenwellen und so weiter..."
Schöggl: "Die werden auch simuliert."

Frage: "Rein virtuell oder auch mechanisch?"
Schöggl: "Wovon wir bisher gesprochen haben, war rein virtuell, das ist die billigste Variante. Billig deshalb, weil nichts kaputt werden kann. Die nächste Steigerung ist, dass man das, was man zuvor in der Simulation gefunden hat, auf Prüfständen testet. Es gibt auch einen Getriebeprüfstand, wo in Wirklichkeit nur das Getriebe auf dem Prüfstand steht, und dann hat man zwei Elektromotoren: einen am Eingang und einen am Ausgang vom Getriebe. Der eine simuliert den Motor, der andere simuliert das Auto. Jetzt glaubt das Getriebe, es fährt ein Rennen in Spa-Francorchamps."

"Oder ich habe nur einen Motor am Prüfstand - und dazu eine Maschine, die den Rest des Autos simuliert. Das wird aber natürlich teurer als die rein virtuelle Variante. Es ist zwar viel günstiger, als wirklich zu fahren, aber immerhin, ein Motor ist nach 1.400 Kilometern auch kaputt. Heute machen es die guten Teams so, dass sie tausende Runden völlig virtuell am Computer simulieren und dann etwa 100 Runden auf Motorenprüfständen. Während dieser 100 Runden wird alle fünf bis zehn Runden irgendetwas geändert. Da fahre ich fünf virtuelle Runden und noch während der Fahrt spiele ich beispielsweise das nächste Motorenmapping rein oder verändere Setupeinstellungen am Auto. So kann ich dann feststellen, dass sich zum Beispiel in Runde neun die Rundenzeit verändert und dergleichen."

"Man hat noch einen zweiten Effekt: Wenn der Motor diese 100 Runden überlebt, wird er danach zerlegt und analysiert. Da gibt es Verschleißuntersuchungen von Teilen. Man überprüft die Lager, man begutachtet das Motoröl. Da stellen sich Fragen wie: Befinden sich Fremdkörper im Öl? Wie ist das Kolbenspiel?"

Frage: "Und bei diesen Untersuchungen ist AVL auch im Spiel?"
Schöggl: "Diese Untersuchungen machen die Teams meistens selbst. Wir liefern ihnen dazu die Prüfmethoden."

Frage: "Die wiederum auch eine Software benötigen, nicht wahr?"
Schöggl: "In der Regel benötigen die eine Software. Das gleiche Simulationsmodell, von dem wir gesprochen haben, wird auch danach eingesetzt. Nur schneide ich halt, wenn ich zum Beispiel einen Getriebeprüfstand habe, das virtuelle Getriebe heraus und ersetze es durch das wirkliche Getriebe. So einfach ist das. Man dreht pro Rennen wie gesagt rund 100 solcher Runden."

Frage: "Man versucht sich also auf alle möglichen Um- und Zustände einzustellen..."
Schöggl: "Naja, man kann nicht alle Möglichkeiten einstellen. Ein Beispiel: In Hockenheim hatten wir das bereits, dass es auf der Westseite regnet und auf der Ostseite ist es trocken. Wenn man beginnen würde, auch solche Dinge zu berücksichtigen, dann würde man wohl verrückt werden. Man macht die Gripänderungen, man macht ein Regensetup - man kann ja oft nur weil es gerade ein bisschen regnet nicht sofort reinkommen und Reifen wechseln. Man muss schon wissen, ob das Auto überhaupt fahrbar ist, wenn es regnet."

Die Ferrari-Motorschäden

Frage: "Jetzt hatte beispielsweise Ferrari im Sommer diese beiden Motorschäden in kurzer Zeit. Kommt in einem solchen Fall dann Ferrari zu Ihnen und sagt: 'Wir müssen jetzt unbedingt am Prüfstand alle Möglichkeiten durchspielen, damit das ja nicht mehr passiert!' Wird dann speziell für dieses Problem von Ihnen eine Software geschrieben? Oder wie kann man sich das vorstellen?"
Schöggl: "Software ist dafür nicht unbedingt eine neue zu schreiben. Ferrari wird das Problem nachstellen und genauestens analysieren, wodurch der Schaden entstanden ist - wenn das ein Teil ist, den sie selbst hergestellt haben. Oder man wird mit den Partnerfirmen, welche die Teile liefern, eine Taskforce gründen und in einem Spezialfall dieses Problem analysieren. Unter Umständen wird man versuchen, den Vorgang auf den Prüfständen nachzustellen, um so schnell wie möglich Lösungen zu finden, wie man das Problem beheben kann."

Frage: "Ich nehme einmal an, dass es in der Praxis so sein könnte, dass jeder die Schuld auf den anderen schieben will?"
Schöggl: "Nein, das ist nicht so. Wenn ein Teil bricht, ist es eigentlich völlig egal, wer schuld ist. Alle, die an dem Projekt beteiligt sind, sind ausgefallen."

Frage: "Man hat dann ja die Recordings von jenem Rennen oder Rennwochenende, an dem so ein Motorschaden vorgefallen ist. Spielt man dann diese Recordings immer wieder ab, um der Ursache auf den Grund zu gehen?"
Schöggl: "Man muss zunächst einmal herausfinden, warum der Teil gebrochen ist - und das erkennt man unter Umständen nicht an den Datenaufzeichnungen. Es gibt Motorschäden, die sich ankündigen. Entweder geht der Öldruck verloren oder die Öl- oder Wassertemperatur steigen. Es hat sich beispielsweise irgendwann einmal die Kühlluftzufuhr verstopft oder der Boxenstopp hat zu lange gedauert, wodurch die Wassertemperatur kurz in einen kritischen Bereich kam. Dann weiß ich jedenfalls, dass es einen Auslöser für das Problem gab."

"Es gibt aber auch Strukturbrüche, zum Beispiel am Kolben - und so etwas kündigt sich nicht an. Da findet man nicht einmal eine Zehntelsekunde vor dem Schaden einen Hinweis - plötzlich ist der Kolben zerbrochen. Dann hat man folgendes Problem: Wenn so ein Kolben zerbricht, bricht meistens auch das Pleuel oder auch die Kurbelwelle, der Kopf, sodass man unter Umständen gar nicht so genau sagen kann, von wo dieser Schaden ausgegangen ist. Ein kaputter Motor ist unter Umständen so kaputt, dass man nicht so einfach den Auslöser erkennen kann."

Frage: "Kann man dann quasi virtuell in den Motor reingehen und sagen: Ich bin jetzt das Pleuel oder ich befinde mich im Pleuel und ich schaue jetzt einmal: Wie ist die Temperatur?"
Schöggl: "Also das Pleuel selbst ist thermisch ein nicht so sehr belasteter Bauteil. Das Pleuel wird eher von der Schmierung und von der Festigkeit her belastet, von den anderen beiden Seiten - und schon auch von Vibrationen, dass es also irgendwie kraftgeschädigt wurde. Aber es ist nicht so einfach, hier eine Lösung zu finden. Vor allem: Man glaubt dann eine Lösung zu haben, aber ob es letztendlich wirklich die Lösung ist - selbst wenn man es glaubt -, zeigt oft erst das nächste Rennen. Da ist man dann schon sehr nervös."

"Man kann sich dann vielleicht auch drei oder vier Lösungen überlegen - wissend, dass wahrscheinlich nur eines das echte Problem war. Aber sicherheitshalber, denn ich habe nicht die vier Rennen Zeit, dass ich dann womöglich beim vierten Rennen draufkomme, dass es die vierte Lösung war. Ich könnte mehr Öldruck fahren, ich könnte das Spiel in den Lagern ändern, ich könnte die Wärmebehandlung vom Pleuel ändern. Oder noch ein Beispiel: Man spritzt immer mit Öl auf die Kolben und ein bisschen etwas geht auch auf das Pleuel. Ich könnte also die Richtung der Spritzdüsen so ändern, dass ich halt auch das Pleuel ein bisschen mit schmiere und kühle."

Frage: "Dürfte man das vom Reglement her überhaupt?"
Schöggl: "Ja, das geht schon. Wenn etwas kaputt wird, kann man solche Änderungen durchführen. Was man in einem solchen Fall machen würde - und ich sage jetzt ganz bewusst Dinge, die auf Ferrari nicht zutreffen: Man kann durchaus drei bis vier Änderungen gleichzeitig machen, einfach nur um sicher zu gehen. Es kann aber auch sein, dass diese Änderungen dann fünf PS kosten, aber das nimmt man dann in Kauf."

Frage: "Kann es sein, dass Ferrari beim letzten Motorenupdate auf irgendeinem Gebiet zu optimistisch war?"
Schöggl: "Das ist eine Frage, in der ich nicht zu sehr ins Detail gehen darf - aus Geheimhaltungsgründen. An und für sich gibt es ein Designfreeze - das heißt: Die Motoren, wie sie jetzt gefahren werden, wurden bei allen Teams am 31. März eingefroren."

Frage: "Aber wenn man Sorgen hat, dass etwas bricht, darf man ja etwas ändern - und da kann man ja im Zuge dieser Änderungen auch etwas so mit ändern, dass man daraus ja vielleicht doch einen kleinen Performancegewinn ziehen kann?"
Schöggl: "Die FIA ist nicht dumm. Die FIA weiß schon ganz genau, was man ändert."

Alle Teams müssen zustimmen

Frage: "Diese Änderungen werden auch an alle anderen Teams verschickt, richtig?"
Schöggl: "Es werden alle anderen Teams über die Änderungen informiert. Und wenn jemand Bedenken hätte, dass diese Änderungen also nicht nur die Lebensdauer, sondern auch die Leistung beeinflusst..."

Frage: "... dann würden sie sofort Einspruch erheben."
Schöggl: "Ja, dann könnte ein Einspruch eingelegt werden oder aber es könnte jemand fordern, dass er diese Änderungen ebenfalls durchführen möchte. Das ist momentan ziemlich transparent."

Frage: "Bei Ferrari ist dann ja ein Materialbruch die Ursache gewesen."
Schöggl: "Schon. Zum Teil wird das Material eingesetzt, das schon seit zwei oder drei Jahren im Einsatz war. Da sind Teile gebrochen, die zwei oder drei Jahre lang nicht gebrochen sind. Im Prinzip sind die Motoren, wie sie jetzt eingesetzt werden, schon länger im Spiel. Aber es kann schon einmal etwas passieren. In zwei, drei Jahren erzeuge ich hunderte von Teilen, dann gab es halt einmal beim 640. Teil ein Problem, aus irgendeinem Grund - weil es bei der Materialherstellung Probleme gab, weil beim Transport irgendwas passiert ist oder was auch immer. Und das herauszufinden, ist unheimlich schwierig."

Frage: "Oder eben, dass eine ganze Lage von Teilen einen Produktionsfehler aufweist und dann genau diese Teile in den jeweiligen Motoren gelandet sind..."
Schöggl: "Ja, das kann sein. Das ist ein Riesenproblem. Wenn es eine ganze Charge ist, stellt sich die Frage, wie ich so schnell neue Teile herbekomme? Wie kriege ich für das übernächste Rennen andere Teile her? Ich meine, möglich ist alles, aber... Vor allem steht dann alles andere."

Frage: "Also haben Sie schon gemerkt, dass man bei Ferrari ziemlich besorgt war wegen der Motorschäden?"
Schöggl: "Ich persönlich habe es nicht zu spüren bekommen, aber es ist so üblich, dass alle fürchterlich im Kreis rennen, wenn etwas passiert."

Frage: "Und das alles, obwohl das Motorenreglement eingefroren wurde, aus Kostengründen. Auf Ihre Firma dürfte das aber keinen Einfluss ausgeübt haben, denn es wird trotzdem fleißig simuliert und das wahrscheinlich rund um die Uhr, nehme ich an?"
Schöggl: "Naja, das spürt man schon. Wenn die Motoren eingefroren sind, wird weniger Entwicklung betrieben - und zwar Grundsatzentwicklung. Früher hat man halt immer wieder während der Saison nach etwas Neuem gesucht. Da ist der Kolben während der Saison drei- oder viermal geändert worden - oder andere Teile. Die mussten natürlich getestet werden - das fällt jetzt eigentlich weg."

"Das Interessante an den letzten Formel-1-Jahren war, dass die Leistung, die richtige Motorleistung, eigentlich während der Saison gefunden wurde. Über die Winterpause hat man meistens gar nicht so viel gefunden, denn während der Saison hatte man den Vorteil, auch bei Rennbedingungen zu fahren. Das fällt jetzt weg. Das ist eingefroren. Das heißt schon, dass weniger am Prüfstand getestet wird. Das heißt jetzt allerdings nicht, dass wir weniger Prüfstände verkaufen, aber es bedeutet zum Beispiel, dass Zulieferfirmen wie Mahle oder Pankl sicherlich weniger Teile verkaufen. Der Sinn des Kostensparens ist schon eingetroffen. Die Firmen haben zum Teil massiv Leute abgebaut."

Frage: "Weil weniger Motoren im Umlauf sind."
Schöggl: "Weil weniger im Umlauf sind und weil keine mehr konstruiert werden. Wenn keine mehr konstruiert werden, dann brauchen keine mehr gefertigt werden, und wenn keine mehr gefertigt werden, dann brauchen auch keine mehr getestet werden. Und das ist viel."

Frage: "Aber das ersparte Geld wird ja sofort umgeschifft und in anderen Bereichen eingesetzt. Dann arbeitet man noch mehr im Windkanal oder man nimmt einen dritten Windkanal dazu..."
Schöggl: "Naja, mehr als 24 Stunden am Tag kann niemand arbeiten."

Frage: "Oder man kauft noch mehr Computer, lässt Computer bauen..."
Schöggl: "Ja, wobei das eine billigere Variante ist. Aber auf der Motorenseite haben die Sparmaßnahmen wirklich zu einer Kostenreduktion geführt."

Frage: "Und wie groß war diese Einsparung in Prozent?"
Schöggl: "Das kann ich nicht genau sagen. Ich weiß, dass teilweise viele Leute weggegangen sind, dass viele Leute gekündigt wurden oder dass sie gewechselt haben. Bei einigen Teams sind Leute in die Serie gegangen."

Hybridtechnologie in der Formel 1

Frage: "Ab 2009 kommt das Energierückgewinnungssystem KERS. Das hat ja auch wieder irgendwie etwas mit dem Motor zu tun, oder?"
Schöggl: "Naja, ich würde sagen jein."

Frage: "Wenn ich mehr Leistung abrufen kann..."
Schöggl: "Ich kann aus einem Kolbenkonstrukteur nicht über Nacht einen Elektromotorenexperten machen, das geht nicht."

Frage: "Aber für Ihre Firma AVL war die Einführung von KERS wahrscheinlich kein Nachteil, oder?"
Schöggl: "Ja, die KERS-Einführung war okay. Generell ist einem Engineering-Partner gut getan, wenn er das ausnutzt, dass es ein neues Reglement gibt und er dafür Lösungen anbietet, für die er noch dazu Geld verlangen kann."

Frage: "Welchen Einfluss wird KERS auf die Rennen haben? Und haben Sie das bereits simuliert?"
Schöggl: "Ja."

Frage: "Wird es mehr Überholmanöver geben oder drücken dann wieder alle gleichzeitig auf das Knopferl?"
Schöggl: "Es wird viel ändern - wenn es funktioniert. Möglicherweise wird es auf die Spannung der Rennen einen Einfluss haben. Es wird für die Fernsehzuseher interessant sein. Wenn es jeder hat, sind alle je nach Strecke um zwei oder drei Zehntelsekunden pro Runde schneller - das kann man dann vergessen. Wenn alle um zwei, drei Zehntel schneller sind, dann hat sich nichts geändert. Dann sind die Schnellen wieder vorne, aber halt um zwei, drei Zehntel schneller."

Frage: "Und die KERS-Entwicklung kostet so viel wie eine Motorenentwicklung - oder mehr?"
Schöggl: "Das sagen sicher die Motorenentwickler, oder? Ich sage, das KERS kostet nicht so viel. KERS könnte man kaufen - es gibt Firmen, die bieten ein KER-System an. Das braucht man dann nur noch integrieren. Also das ist sicher nicht so teuer wie die Motorenentwicklung."

Frage: "Gut, da gibt es ja verschiedene Varianten an KER-Systemen..."
Schöggl: "Natürlich kostet die KERS-Entwicklung etwas. Aber die ganze Formel 1 ist finanziert vom Marketing und von OEMs (Originalausrüstungshersteller; Anm. d. Red.). Wenn die OEMs sich damit brüsten wollen oder können, grüne Autos zu bauen, und sie können das auch in der Formel 1, dann ist das ein Imagegewinn. Wenn sie das ausnutzen können, dann ist das optimal."

Frage: "Dr. Indra sagt: KERS in einen Formel 1-Rennwagen, in ein bestehendes Konzept zu implementieren, ist abartig und es kann zu sehr vielen technischen Problemen führen - vor allem zu fahrtechnischen Problemen, wo also die Fahrer zum Handkuss kommen."
Schöggl: "Das sehe ich anders. Natürlich: Es wird sicherlich Probleme geben. Es gab ja auch schon einen Test, bei dem ein Mechaniker einen Stromschlag erlitten hat. Das wird es wieder geben, aber das ist immer kompliziert bei einer neuen Technologie. Man hofft, dass es zu keinen Verletzungen kommt, keine Frage! Aber jede neue Technologie bringt am Anfang ihre Probleme mit sich."

Frage: "Wird es in punkto KERS von der Formel 1 Brückenschläge zur Serienproduktion geben oder braucht man das nicht?"
Schöggl: "Da habe ich gemeinsam mit dem Herrn Stockmar einen Vortrag beim Automobilforum in Graz - genau zu dem Thema! Ich glaube schon, dass solche Brückenschläge möglich sind, denn die KERS-Entwicklung in der Formel 1 hat etwas ganz Spezielles an sich: Ich muss den Speicher beim Bremsen aufladen und dafür habe ich aber nur Sekundenbruchteile oder maximal Sekunden für die Aufladung zur Verfügung. Eine normale Batterie oder ein normaler Akku, wie wir ihn kennen, ist dafür völlig ungeeignet. Den Bleiakku im Auto lade ich in zehn Stunden auf."

Thema Überhitzung

Frage: "Also müssen neue Speichermedien entwickelt werden?"
Schöggl: "In der Formel 1 soll ich den Akku innerhalb kürzester Zeit aufladen, mit einem guten Wirkungsgrad. Deshalb sind die Dinger ja auch warm geworden, weil man innerhalb kürzester Zeit so viel Strom hineinschickt. Dann explodiert er halt - aber es ist lösbare Technologie. Und ich glaube: Wenn man diese Technologie beherrscht, wenn ich die Frage löse, wie ich einen Akku in so kurzer Zeit aufladen kann, ohne dass er überhitzt, dann kann das für die Serie auch sehr interessant sein. Das ist natürlich nur ein kleines Detail. Ich werde jetzt nicht das Formel 1-KERS nehmen und in ein Serienauto einbauen."

Frage: "Dass es also auch im Stadtverkehr etwas bringt..."
Schöggl: "Ja, zum Beispiel."

Frage: "Oder vielleicht sogar für ganz andere Industriezweige, oder?"
Schöggl: "Ja, klar. Da diskutiert man ja noch, ob Batterien möglich sind, also Akkus. Oder es gibt ja auch diese Supercaps, Kondensatoren. Ich glaube schon, dass man diese Dinge aus technischer Sicht und auch aus Marketingsicht nutzen wird. Es gibt jetzt schon zwei Hersteller, die sagen: 'Wir machen ein KERS für unsere Serienautos.'"

Frage: "Honda und?"
Schöggl: "Ferrari. Ferrari hat gesagt, sie machen ein KERS für die Serie. Sie meinen kein KERS, sie meinen einen normalen Hybrid - ist im Prinzip ja dasselbe. Aber sie sagen bewusst KERS, weil sie sagen: Wenn das einmal in den Köpfen drinnen ist, dann nütze ich das als Marketing."

Frage: "Simulieren Sie da bereits ganze Rennen mit dem KERS? Simuliert man da auch das Verhalten der Fahrer, wann wer auf den Knopf drückt?"
Schöggl: "Das wollte ich vorher schon sagen: Die Tatsache, dass man nicht genau weiß, wann wer das Knopferl drückt, und dass wenn man das Knopferl drückt, es möglicherweise doch leichter sein wird zu überholen, wird, so glaube ich, de Spannung für den Zuschauer erhöhen. Da gibt es ja sogar die Überlegung, dass man es dem Nutzer von Pay-TV sichtbar macht, wann wer auf den Knopf drückt. Vielleicht mit ein bisschen Verzögerung, denn würde man es synchron machen, könnte der Ingenieur seinen Piloten darüber informieren, dass sein Gegner den Knopf gedrückt hat. Da gibt es verschiedene Varianten - und man denkt darüber nach, wie man sogar das Pay-TV attraktiver machen kann."

Frage: "Diese Energie, die gespeichert und freigegeben wird, die soll ja in den nächsten Jahren von Saison zu Saison gesteigert werden."
Schöggl: "Das ist noch nicht fix. Das hat man einmal geplant, da diskutiert man noch herum. Man sagt jetzt 60 Kilowatt, das sind knapp 82 PS, und 400 Kilojoule ist die Speichermenge. Da kann ich cirka sieben Sekunden lang pro Runde diese 60 Kilowatt abrufen. In jeder Runde sieben Sekunden lang 82 PS - viel ist das natürlich nicht."

Frage: "Aber 82 PS dann dazuschießen, das ist wie wenn der Turbo einsetzt..."
Schöggl: "Naja, wie gesagt: 82 PS. Am Ende der Geraden sind es je nach Länge der Geraden zwei, drei oder vier km/h - manchmal reicht das, um den Gegner auszubremsen."

Frage: "Reagiert das sofort, ohne Verzögerung, wenn er auf den Knopf drückt?"
Schöggl: "Da gibt es höchstens eine Verzögerung, die sich maximal im Millisekundenbereich befindet - also so gut wie keine Verzögerung."

Frage: "Wenn ein Pilot merkt, der Gegner hinter ihm drückt auf den Knopf, dann wird er auch draufdrücken..."
Schöggl: "Wenn man es im Rückspiegel sieht, ist es bereits zu spät. Es bringt nur dann etwas, wenn man am Anfang der Geraden drückt. Wenn man zur Mitte der Geraden drückt, ist der Effekt vernachlässigbar - und das wird ja das Interessante sein: Es gibt ja auf jeder Strecke nur ein, zwei Geraden, die geeignet für Überholmanöver sind, und man wird in der Regel dort drücken. Jetzt kann es aber sein, dass ein Pilot auf der einen Geraden nicht drückt und er dafür für die nächste Gerade noch ein bisschen mehr Energie zur Verfügung hat. Ich sehe also einen gewissen Spannungsfaktor für die Zuschauer."

Frage: "Zugleich wird 2009 auch eine stark reduzierte Aerodynamik eingeführt, die das Überholen erleichtern soll und damit ebenfalls die Spannung der Rennen erhöhen sollte. Da nehme ich einmal an, dass Sie auf diesem Gebiet ebenfalls bereits Simulationen abgehalten haben..."
Schöggl: "Wir wissen ein bisschen etwas darüber, ja."

Frage: "Wie groß schätzen Sie die Chance ein, dass diese Aerodynamikreduktion das Überholen erleichtern wird? Ist diese Reduktion schon genug oder könnte man da noch ein bisschen mehr machen?"
Schöggl: "Ich denke, dass es eine gute Lösung ist. Es gibt ein Detail am Rande: Nämlich dass der Pilot während der Fahrt die Möglichkeit haben wird, aus dem Auto heraus den Frontflügel zu verstellen."

Comeback der verstellbaren Flügel

Frage: "Ist das schon fix?"
Schöggl: "Das ist fix, ja. Das ist ganz neu, das hat es noch nie gegeben, weil die verstellbare Aerodynamik bis jetzt absolut tabu war..."

Frage: "Weil es in den 1960er-Jahren ganz schlimme Unfälle gab mit einer vorsintflutlichen verstellbaren Aerodynamik..."
Schöggl: "Die heutigen Lösungen sind mit den damaligen Lösungen nicht vergleichbar. Der Hintergrund ist: Man hat im Heck eines Vordermannes aufgrund der Turbulenzen an der Vorderachse deutlich reduzierten Abtrieb und oft ein fürchterlich untersteuerndes Auto. Nach vier Runden sind die Vorderreifen so überhitzt, dass man wieder Abstand gewinnen und einige Runden warten muss, bis die Reifen wieder abkühlen. Das will man mit der verstellbaren Aerodynamik beheben. Wenn er im Windschatten eines Vordermanns ist, soll er mehr Flügel am Frontwing geben können, sodass sein Auto neutral ist. Allein das wird einiges ausmachen."

Frage: "Simulieren Sie das auch?"
Schöggl: "Das kann man simulieren, ja."

Frage: "Tun Sie es auch?"
Schöggl: "Ja, das machen wir."

Frage: "Simulieren Sie dabei, wie mehrere Autos hintereinander fahren und so weiter? Kann man den erzielten Fortschritt in Prozent beschreiben?"
Schöggl: "Das ist schwer zu sagen. Aber es gibt Veröffentlichungen, die besagen, dass der Abtrieb an der Vorderachse um 30 Prozent zurückgeht, wenn man hinter einem anderen Auto herfährt. Aber jetzt zu sagen, um wie viel mehr Überholmanöver es geben wird, ist sehr schwierig. Es wird mehr Überholmanöver geben, würde ich behaupten."

Frage: "Die Gefahr, dass sich diese verstellbaren Frontflügel selbständig machen und ein Auto abheben könnte oder dergleichen, diese Gefahr ist überhaupt nicht mehr gegeben?"
Schöggl: "Was Sie ansprechen, sind die Autos aus den 1960er-Jahren, zum Beispiel der Chaparral, wo die Flügel zwei Meter über dem Auto montiert waren. Wir reden heute jedoch von einer streng limitierten Justierung, von einem Verstellfenster von gerade einmal sechs Grad. Wenn das System verrückt spielen sollte, geht es auf das eine Ende dieser sechs Grad zurück."

Frage: "Es kann sich demnach nicht so verstellen, dass aus dem Formel-1-Auto plötzlich ein Flugzeug wird?"
Schöggl: "Normalerweise nicht. Ich klopfe auf Holz und sage nein. Aber man soll niemals sagen... Wenn es irgendwie falsch konstruiert wurde, könnte es sein, aber das ist eigentlich auszuschließen."

Frage: "Es wurde eine Arbeitsgruppe formiert, das Überholkomitee mit Pat Symonds, Ross Brawn und Rory Byrne. War AVL in diese Arbeitsgruppe involviert?"
Schöggl: "Nein, aber wir hatten Einsicht in die Ergebnisse dieser Studien."

Frage: "Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe haben zu dem neuen Aerodynamikreglement geführt. Wurde das 1:1 umgesetzt?"
Schöggl: "Es wird niemals etwas 1:1 umgesetzt. Man macht halt dann verschiedene Loops und dann nimmt man das Reglement. Ich muss sagen, dass sehr viel von diesem Dossier umgesetzt wurde."

Frage: "Geht die Formel 1 mit KERS und der Aerodynamikreduktion in die richtige Richtung?"
Schöggl: "Es hängt davon ab, was man für die Formel 1 als die richtige Richtung betrachtet. Ich habe es so miterlebt, dass sich die Macher der Formel 1 sehr stark an Amerika orientieren - und mit unserer Firma machen wir auch relativ viel in den USA. Dort geht der Zuschauer über alles - und dem Zuschauer ist es laut Amerika völlig egal, ob der einen Zweizylinder, Vierzylinder oder Zwölfzylinder fährt. Auch die Anzahl der Nockenwellen interessiert ihn nicht. Er möchte lediglich Spannung sehen!

Hersteller mit Situation unzufrieden

Und da sehe ich schon, dass die Formel 1 zugenommen hat. Für die Hersteller ist das momentane Reglement traumatisch. Die Formel-1-Hersteller, vor allem die großen OEMs, sind völlig frustriert mit dem Motorenreglement. Ob das jetzt optimal ist oder nicht - die Vergangenheit hat gezeigt, dass es doch immer wieder spannende Rennen zu sehen gab. Die Formel 1 hat in den letzten Jahren oftmals sehr rasch reagiert."

Frage: "Für Formel-1-Verhältnisse hat sie rasch reagiert..."
Schöggl: "Ein Beispiel: Die Anforderungen an die Lebensdauer der Motoren hat sich innerhalb der letzten fünf oder sechs Jahre ständig geändert. Da ist man einmal auch zu weit gegangen, da sollte der Motor zwei Rennwochenenden halten - inklusive dem Freien Training. Das Ergebnis war, dass am Freitag niemand mehr auf die Strecke gefahren ist. Dann hat man relativ rasch reagiert und gesagt: 'Okay, das ist es nicht!' Man hat es auf Samstag und Sonntag eingeschränkt. Da stimme ich überein. Die Formel 1 hat relativ rasch reagiert. Aber oft brauchte sie eine ganze Saison. Wenn es sich jedoch um eine Sicherheitsfrage handelt, kann eine solche Entscheidung auch schneller getroffen werden. Natürlich: Es gibt immer etwas zu verbessern, aber da muss sich jeder selbst ein Bild davon machen."

Frage: "Besteht nicht die Gefahr, dass jene Fans, die aufgrund der technischen Ebene von der Formel 1 begeistert sind, nun auf einiges verzichten müssen?"
Schöggl: "Ja, vielleicht. Dass Motoren über fünf Jahre hinweg unverändert bleiben, gab es noch nie in der Formel 1. Das gab es einfach nicht. Das ist etwas, mit dem sowohl die Hersteller als auch die Zuschauer fertig werden müssen."

Frage: "Man hatte ja früher auch verschiedene Motorenkonzepte."
Schöggl: "Ja, das hat sich geändert. Das ist momentan weg, aber für 2013 soll es ja hier eine Änderung geben."

Frage: "Eine erneute Öffnung der Motorenkonzepte wäre toll..."
Schöggl: "Das wird es leider nicht geben. Aber es wird in die Richtung von mehr aktueller und seriennaher Motorentechnologie gehen."

Frage: "Eine Rückkehr zum Turbo ist angedacht, aber ist das gut?"
Schöggl: "Das werden wir sehen."

Frage: "Die Amerikaner wollen auch wieder zum Turbo zurück."
Schöggl: "Also generell ist ja auch in der Serie das Downsizen ein Thema - kleinere Motoren mit Turboaufladung. Und in dem Fall nimmt man hier ein Beispiel. Turbomotoren sind auch leichter und kostengünstiger über den Ladedruck einzuschränken oder zu erweitern. Der Basismotor kann in der Regel gleich bleiben."

Frage: "Kann man diesen Turbo dann kombinieren mit KERS?"
Schöggl: "Ja, das wird sicherlich gemacht werden."

Frage: "Ich habe mit Dr. Indra gesprochen - und er hat gesagt: Seiner Meinung nach müsste man die Energie vorschreiben. Du kriegst ein gewisses Volumen an Energie und jeder kann machen, was er für richtig hält - Benzin, Diesel und so weiter. Das wäre doch eine gigantische Sache, die auch für die Serie interessant wäre, oder?"
Schöggl: "Aus technischer Sicht betrachtet ist das etwas sehr Gutes - weil wirklich derjenige Wettbewerber vorne ist, der einen verbrauchsarmen Motor baut. Aber auch hier gibt es die Orientierung in Richtung der USA: Die Formel-1-Regeln gehen sehr stark in Richtung Zuschauer - und aus Zuschauersicht ist es nicht nachvollziehbar, warum der eine plötzlich langsamer wird, weil er Sprit sparen muss. Das hatten wir schon Ende der 1980er-Jahre mit den 195 Litern, 210 Litern Sprit - es war fad."

Frage: "Ein Economyrun."
Schöggl: "Die Rennen wurden fad, weil man gesehen hat, dass die meisten irgendwann einmal langsamer wurden. Der Zuschauer möchte aber, dass die von der ersten bis zur letzten Runde mit dem Messer zwischen den Zähnen fahren. Das haben wir momentan. Die fahren derzeit 70 Runden Qualifying."

Frage: "Aber oft mit einigen Wagenlängen zwischen den Autos..."
Schöggl: "Aber ein Fehler und er ist weg. Aber noch mal: Aus technischer Sicht hat Dr. Indra absolut Recht - aus Marketingsicht befürchte ich, dass wir damit Fernsehzuschauer verlieren würden."

Frage: "So was wie in Valencia war ein Abklatsch eines Autorennens..."
Schöggl: "Ja, aber vielleicht wird es mit dem neuen Reglement besser."