• 23.11.2012 08:50

  • von Dieter Rencken, Mario Fritzsche & Roman Wittemeier

HRT vor dem Aus?

Pedro de la Rosa zeigt sich alles andere als optimistisch, was die Zukunft des HRT-Rennstalls angeht - MotoGP als Vorbild für finanzschwache Teams?

(Motorsport-Total.com) - Wird der Grand Prix von Brasilien der letzte in der Geschichte von HRT? Im Zuge der Neuausrichtung als "spanisches Nationalteam" übernahm Luis Perez-Sala im Dezember 2011 den Posten des Teamchefs von Colin Kolles, nachdem dieser den Rennstall zwei Jahre lang geführt hatte. Schon in der Ära Kolles, als unter anderem Bruno Senna, Christian Klien, Daniel Ricciardo und Vitantonio Liuzzi ins Lenkrad griffen, kämpfte HRT mangels ausreichenden Budgets mit dem Rücken zur Wand.

Titel-Bild zur News: Pedro de la Rosa

Ob und wie es bei HRT weitergeht, ist derzeit noch völlig offen Zoom

Nun stehen die Zeichen endgültig auf Pleite. "Ich weiß nicht, was nach dem Saisonende passieren wird", so Stammfahrer Pedro de la Rosa im Vorfeld des Saisonfinales in Brasilien ernüchtert. "Ich habe keine Ahnung, ob es weitergehen wird. Am Montag sehen wir weiter. Vielleicht erfahren wir in der kommenden Woche etwas, vielleicht auch erst danach."

Nach Ansicht de la Rosas ist HRT bei weitem nicht das einzige Team, das sich mit Geldsorgen trägt. "Abgesehen von McLaren, Ferrari, Red Bull und vielleicht Mercedes ist die Zukunft aller anderen Teams nicht sonderlich sicher. Es geht immer nur, wenn ein Investor Geld hineinpumpt oder es findet sich ein wirklich großer Sponsor", sagt der Spanier und mahnt: "Es können jederzeit andere Teams in unsere Situation geraten."

Kritik am Teamstandort Spanien

Nicht zuletzt am für Formel-1-Verhältnisse exotischen Teamstandort Spanien übt de la Rosa Kritik. "Wenn dein Auto richtig schnell sein soll, dann musst du mit deinem Team in Großbritannien angesiedelt sein. Das ist kein Geheimnis, das wissen alle in der Formel 1", so der Routinier, der es für Arrows, Jaguar, McLaren und Sauber auf insgesamt 86 Grand-Prix-Starts brachte, bevor er im vergangenen Winter bei HRT andockte.

Zudem war de la Rosa jahrelang als McLaren-Testfahrer aktiv. Auch für Reifenhersteller Pirelli leistete der Spanier ausgiebige Testarbeit. Der mittlerweile 41-Jährige weiß also, wovon er spricht und hält in Bezug auf den Umzug des "Kellerkinds" der Formel 1 nach Spanien fest: "Es gab eben auch Argumente dafür, zum Beispiel die Kosten." Ohne ein gesichertes Budget in Form von Sponsorenverträgen kann jedoch kein Team auf Dauer betrieben werden - ganz gleich, wo es stationiert ist.

MotoGP als Vorbild?

Den Stein der Weisen kennt auch de la Rosa nicht, zieht aber eine Parallele zur Motorrad-Grand-Prix-Szene: "In der Formel 1 ist es schwierig, Anschluss zu finden - vor allem auch wegen der wenigen Testchancen. Vielleicht muss man kleinere Teams haben. In der MotoGP-WM war das so. Da gab es einen regelrechten Schwund von großen Teams."

"Mittlerweile fahren dort einige Mannschaften mit recht seriennahen Bikes, damit das Starterfeld überhaupt voll wird", spricht der Spanier die dortige CRT-Regel an. Eine ähnliche Variante wurde in Form von Kundenteams auch für die Formel 1 wiederholt diskutiert, letztlich aber nie in die Tat umgesetzt.

Unterm Strich bereut de la Rosa seinen Wechsel zu HRT dennoch nicht: "Ich bin sehr stolz auf diese Truppe. Als wir beim ersten Test in Jerez aufschlugen, hatten viele unserer Mechaniker kaum Erfahrung mit Formelautos. Denen mussten wir sogar zeigen, wie man die Reifenwärmer auflegt und ihnen erklären, warum das so wichtig ist. Mittlerweile sind das alles richtig gut ausgebildete und trainierte Jungs."

"Die meisten sind noch sehr jung. Es wäre schade, wenn sie keinen Job mehr finden würden", setzt der spanische Rennfahrer fort und drückt die schwierigen Umstände in Zahlen und Fakten aus: "Wir haben nur 83 Leute, kein KERS, waren kaum im Windkanal. Auf Grundlage dessen ist unsere Leistung doch wirklich bemerkenswert."