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Horner: FIA hat sich bei Halo "in die Ecke drängen lassen"

Red-Bull-Teamchef "hasst" den Cockpit-Schutzbügel Halo, erkennt aber an, dass die FIA letztlich an der Einführung nicht mehr vorbei kam

(Motorsport-Total.com) - Die vom Automobil-Weltverband FIA beschlossene Einführung des Cockpit-Schutzbügels Halo in der Formel 1 sorgt im Fahrerlager weiterhin für große Diskussionen - und die Stimmen der Kritiker werden nicht leiser. So ist Red-Bull-Teamchef Christian Horner auch nach der Präsentation von Rennleiter Charlie Whiting am Donnerstag nach wie vor nicht überzeugt von Halo - im Gegenteil. "Ich hasse das Ding", spricht Horner im Interview mit 'Sky Sports F1' Klartext. "Es geht gegen den Grundsatz offener Cockpits im Formelsport."

Titel-Bild zur News: Max Verstappen

Wenig geliebt, aber aus Sicht der FIA alternativlos: Der Schutzbügel Halo Zoom

Neben ästhetischen Gesichtspunkten geht es Horner dabei auch die abstrakte Attraktivität der Formel 1. "Es gibt immer ein gewisses Risiko. Das akzeptiert man, wenn man in solch ein Auto einsteigt. Die Fahrer sind die Helden. Die Frage ist aber: Ab wann macht man es zu sicher? Ab wann braucht man den Fahrer nicht mehr?", so Horner und verweist auf eine andere Serie, in der die Piloten größeren Risiken ausgesetzt sind. "In der MotoGP gibt es auch keine Überrollkäfige oder Stützräder."

Allerdings spricht dabei vor allem der Motorsportfan aus Horner. Aus Sicht eines Verantwortlichen kann der Red-Bull-Teamchef nachvollziehen, was die FIA zu dieser unpopulären Entscheidung getrieben hat. "Nachdem es einmal am Auto montiert war, befand sich die FIA in einer schwierigen Situation", sagt er. "Es ist ein Szenario entstanden, bei dem die FIA sich dann zum Verantwortlichen macht, wenn ein Unfall passiert und es nicht eingeführt wurde."

Angst vor Klagen führt zur Einführung von Halo

Hintergrund ist eine Untersuchung der FIA, die ergeben hat, dass Halo bei bestimmten Unfällen Kopfverletzungen verhindern kann. Vor dem Hintergrund der immer noch laufenden Klage der Familie des verstorbenen Jules Bianchi gegen die FIA fanden sich die Vertreter des Automobil-Weltverbands rund um Jean Todt in einer misslichen Lage.

Würde die FIA wider besseres Wissen keinen Cockpitschutz einführen, und würde dadurch zukünftig ein Fahrer bei einem Unfall am Kopf verletzt, könnte sich die FIA mit neuerlichen Klagen und eventuell mit hohen Schadensersatz- oder Schmerzensgeld-Zahlungen konfrontiert sehen. "Sie haben sich in eine Ecke drängen lassen", steht für Horner fest. "Aber die FIA ist für die Sicherheit verantwortlich und ist verständlich, dass sie keine andere Möglichkeit mehr hatten."

Und letztlich sei Stand heute Halo die praktikabelste aller Lösungen gewesen, nachdem die Windschutzscheibe "Shield" beim Test durch Sebastian Vettel in Silverstone durchgefallen war. "Nachdem Sebastian gesagt hatte, dass ihm dadurch schwindelig wurde, war es im Grunde vom Tisch und uns wurde der 'Flip-Flop' Halo von der FIA aufgezwungen", sagt Horner.

Horner erkennt an: Halo kann Leben retten

Ganz wohl ist Horner bei dem Gedanken, dass die Formel 1 ab 2018 mit Halo fahren wird, allerdings nicht. Denn immerhin sind Szenarien denkbar, in denen der Schutzbügel neue Gefahren heraufbeschwört. So ist noch nicht geklärt, ob und wie sich ein Fahrer nach einem Überschlag aus einem kopfüber liegenden Auto befreien kann. "Andererseits: Hätte es Justin Wilson oder Henry Surtees das Leben retten können?", denkt Horner an zwei Fälle, in denen Fahrer von Teilen am Kopf getroffen und tödlich verletzt wurden. "Wenn man diese Frage bejaht, kann man verstehen, warum die FIA es einführt."

So oder so, in der Formel 1 und auch in anderen Rennserien wird man sich wohl oder übel an Halo gewöhnen müssen, denn eine Wahl haben die Teams dabei nicht. "Es handelt sich um ein verpflichtendes Sicherheits- und Standardbauteil. Jedes Auto wird es haben. Nach und nach wird es auch in den kleineren Serien eingeführt werden.", sagt Horner. "So werden Rennautos in Zukunft aussehen."