• 10.06.2012 13:39

  • von Dieter Rencken

Hembery: "Mussten wissen, worauf wir uns einlassen"

Motorsportchef Paul Hembery schildert im Interview mit 'Motorsport-Total.com' unter anderem, wie viele Risiken Pirelli beim Formel-1-Comeback einging

(Motorsport-Total.com) - Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery spricht im Interview unter anderem über die Risiken, die der italienische Reifenhersteller bei der Formel-1-Rückkehr auf sich nahm, das Reifengeschäft an sich, die identischen Konditionen für alle Formel-1-Teams, den weltweiten Wettbewerb und die Bilanz nach knapp eineinhalb Saisons.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Paul Hembery zieht für Pirelli eine positive Zwischenbilanz

Frage: "Paul, Pirelli ist nun schon seit eineinhalb Jahren wieder in der Formel 1 vertreten. Was waren die Höhepunkte in dieser Zeit?"
Paul Hembery: "Nun, zunächst einmal unser erstes Rennen in Melbourne. Uns war wichtig, gleich bei unserem ersten Auftritt eine gute Figur zu machen. Wir hatten nur acht Monate Zeit gehabt, um uns darauf vorzubereiten. Das war also eine außergewöhnliche Leistung. Das kann man sich fast nicht vorstellen."

"Für uns wird all dies daher immer etwas Besonders bleiben. Dann würde ich auch noch das letzte Saisonrennen 2011 in Brasilien nennen. Wir hatten die erste Saison ohne Reifenschäden gemeistert. Die Qualität unserer Arbeit war sehr gut. So etwas macht dich sehr stolz. Es sind schließlich viele hundert Menschen involviert, um all dies in die Tat umzusetzen. Du spürst einen gewissen Stolz, wenn du daran denkst, was diese Leute gemeinsam erreicht haben."

Frage: "War es eine steile Lernkurve für Pirelli?"
Hembery: "Sie war sogar sehr, sehr steil. Wir durften uns aber glücklich schätzen, denn wir hatten bereits die Technologie, auf die wir uns aufstützen konnten. Hätten wir da nicht den richtigen Standard gehabt, wäre es ein schier unmögliches, aber auch ein sehr riskantes Vorhaben gewesen. Wir arbeiten mit unserem Unternehmen jedoch mit vielen Herstellern zusammen, weshalb wir unsere Technologie immer weiter entwickeln, vor allem natürlich auf dem Reifensektor."

"Ein Höhepunkt in dieser Hinsicht war für mich vielleicht Kanada. Ich habe besondere Erinnerungen an diesen Grand Prix. Wir kamen hierher und hatten eines der wahrscheinlich außergewöhnlichsten Rennen in der Geschichte der Formel 1. Es ist doch fast schon legendär, wie Jenson Button nach sechs Besuchen in der Boxengasse in der letzten Runde noch an Sebastian Vettel vorbeiging. Auch deshalb wird mir Kanada stets als spezieller Rennplatz in Erinnerung bleiben."

Frage: "Welches Rennen oder welchen Augenblick würdest du am liebsten vergessen?"
Hembery: "Nun, eigentlich hatten wir keine wirklich schlechten Momente. Es gab ein paar Situationen, in denen wir Diskussionen mit den manchen Teams hatten. Dazu fällt mir natürlich Spa-Francorchamps ein."

Bilanz fällt durchweg positiv aus

Frage: "Es muss kein Rennen sein, sondern kann gern auch jeder andere Augenblick sein ..."
Hembery: "Wenn wir über Rennen reden, dann waren wir in dieser Hinsicht ziemlich zufrieden. Gibt es etwas, was ich gern vergessen würde? Nein, ich denke nicht. Da gibt es keine schlechten Erinnerungen. Das sage ich ganz offen und ehrlich. Mir fällt wirklich nichts ein, was übel gewesen wäre. Natürlich kann man sich aber immer verbessern. Unser größtes Problem waren am Anfang vermutlich die Markierungen auf den Reifen. Wir hatten uns für bunte Kennzeichnungen entschieden. Das bereitete uns mehr Kopfzerbrechen und Probleme als alles andere. Es ist nämlich sehr schwierig umzusetzen. Bei allen künftigen Entwicklungen sind wir dafür aber Experten, was das Markieren der Reifen angeht (lacht; Anm. d. Red.)."

Frage: "2011 gab es Situationen, in denen die Reifenmarkierung vielleicht nicht so gut sichtbar war, wie ihr euch das vorgestellt hattet. Ich nehme an, das ist ebenfalls Teil der Lernkurve ..."
Hembery: "Ja, in der Tat."

Die Reifenmarkierungen stellten für Pirelli anfangs die größte Herausforderung dar Zoom

Frage: "Kommen wir noch einmal auf die Anfänge zu sprechen: Es liegt nun bereits zwei Jahre zurück, dass Pirelli den Vertrag unterschrieben hat. Du warst damals ebenfalls hier vor Ort dabei ..."
Hembery: "Ja, wir rannten hier mit unseren Verträgen im Fahrerlager auf und ab. Williams war das erste Team, das bei uns unterschrieb. Adam Parr war der mutige Erste. Der Letzte war Eric Boullier (Lotus-Teamchef; Anm. d. Red.). Ich erinnere ihn immer wieder daran (lacht; Anm. d. Red.)."

Gleiche Konditionen für alle Teams: "Verträge sind identisch"

Frage: "Wie war das bei den Verhandlungen? Wollten manche gewisse Konditionen herausschlagen? Du musst keine Namen nennen, keine Angst ..."
Hembery: "Nein, nein. Der Plan war, alle mit einem identischen Vertrag zu versehen. Damit wollten wir verhindern, individuelle Diskussionen führen zu müssen. Ich denke, das war der richtige Weg. Es ist auch die einzige sinnvolle Maßnahme."

Frage: "Es gab also niemanden, der ein bisschen mehr herausholen wollte?"
Hembery: "Nein. Es gibt aber auch ein paar Teams, mit denen wir außerhalb der Formel 1 zusammenarbeiten. Gemeinsam mit Ferrari bringen wir zum Beispiel schon seit über 20 Jahren die Ferrari Challenge an den Start. Manchmal führen wir auch Aktivitäten mit den Straßenwagen durch. Die McLaren-Straßenwagen rücken nun beispielsweise mit Pirelli-Reifen aus. Da spielt es keine Rolle, ob wir in der Formel 1 aktiv sind oder nicht. Mercedes ist ein weiterer unserer Großkunden. Was auch immer wir mit unseren Kunden veranstalten, mit dem Formel-1-Vertrag hat das nichts zu tun. Wie gesagt: Die Verträge sind identisch."

Jenson Button

Pirelli möchte alle Formel-1-Teams gleich behandeln Zoom

Frage: "Laut deiner Auskunft war es ein gewisses Risiko für Pirelli, der Formel 1 beizutreten. Was muss man darunter verstehen?"
Hembery: "Wir mussten natürlich erst einmal selbst erkennen, was die Auswirkungen unseres Formel-1-Engagements sein würden. Als wir zur Formel 1 hinzustießen, hatten wir schließlich nur acht Monate, um uns darauf vorzubereiten. Das bringt ein paar Risiken mit sich, die einen großen Einfluss auf dein Geschäft haben können."

"Für uns ist die Formel 1 eine Ergänzung zu unseren Kernaktivitäten. Für einige Teams ist die Formel 1 hingegen das Kerngeschäft. Wir mussten einfach genau wissen, auf was wir uns da einlassen würden. Das geht bis zu den Leuten, die mit unseren Investoren arbeiten. Du musst dich ja schließlich auch vor deinen Investoren rechtfertigen. Es besteht logischerweise ein gewisses Risiko, die Marke zu schädigen."

Frage: "Du sprichst hier von einem geschäftlichen Risiko. Es gibt aber natürlich auch auf sportlicher Seite gewisse Risiken. Habt ihr euch mit all dem auseinandergesetzt?"
Hembery: "Na klar. Du musst dir aller Risiken bewusst sein, die der Marke abträglich sein könnten. Da geht es um allerlei praktische Dinge, wie zum Beispiel die Verbindung zu den Fabriken und dergleichen. Du musst dir einfach alles anschauen. Das ist aber wahrscheinlich bei jedem größeren Unternehmen der Fall."

Frage: "Die Formel-1-Reifen von Pirelli werden in einem Werk in der Türkei gefertigt. Warum eigentlich?"
Hembery: "Diese Entscheidung wurde bereits getroffen, als wir der Rallye-WM (WRC; Anm. d. Red.) beitraten. Wir wollten dort eine neue Fabrik errichten, weil wir das Werk in Turin zumachen wollten. Es ging darum, eine neue Örtlichkeit zu finden. In der Türkei sind wir schon seit Langem vertreten - und dort steht auch eine unserer größten Fabriken. Wir hatten dort das Land, um ein ganz neues Motorsport-Werk zu errichten. Dort werden unsere sämtlichen Motorsport-Reifen produziert."

Frage: "Was wird mit der Anlage passieren, wenn Pirelli das Engagement in der Formel 1 einstellt?"
Hembery: "Nun, wir könnten die Produktion natürlich zurückfahren. Das wäre möglich. Wir haben aber genug Meisterschaften, mit denen wir arbeiten. Im kommenden Jahr sind es rund 140 nationale Rennserien, die wir ausrüsten. Wir arbeiten also an recht vielen Projekten. Manche davon sind aber recht klein."

Weltweiter Wettbewerb nimmt ab

Frage: "Rüstet ihr all diese Rennserien exklusiv aus?"
Hembery: "Das ist unterschiedlich. Um ehrlich zu sein: Sehr viel Wettbewerb gibt es weltweit gar nicht mehr. In der American Le-Mans-Series (ALMS; Anm. d. Red.) und der Langstrecken-WM gibt es das noch ein bisschen, auch bei den japanischen GTs. Das ist es dann aber auch schon. Die Leute wollen nicht, dass die Reifenhersteller Geld dafür ausgeben, noch schneller zu werden. Sie wollen lieber, dass das Geld in die Werbung gesteckt wird."

Frage: "Was Pirelli sicherlich in die Karten spielt. Hättet ihr euch die Formel 1 bei einem Wettbewerb der Reifenhersteller leisten können?"
Hembery: "Wie ich schon sagte: In diesem Fall gibst du Geld aus, um schneller zu werden. Im Rallyesport hatten wir über viele Jahre hinweg Konkurrenz. Wir haben in Le Mans schon in unterschiedlichen Klassen gewonnen, wir haben auch bereits in der ALMS gewonnen. Ich persönlich - und da spreche ich auch von unserem Team - mag den Wettbewerb, weil es eine spannende Geschichte ist. Für das Unternehmen ist es aber besser, man ist der einzige Reifenhersteller. Das ist klar."

Paul Hembery

Paul Hembery und Hersteller Pirelli lieben den Wettbewerb Zoom

"Wir geben das Geld dafür aus, ein Ziel zu erreichen. Deshalb engagiert man sich im Motorsport. Du willst Spaß haben und deine Markenbekanntheit steigern. Bei einer Konkurrenzsituation kannst du nur schwer kommunizieren, dass du besser bist. Unterm Strich geht es um Fahrer und ihre Fahrzeuge. Manche davon dominieren das Geschehen. Heutzutage wäre es schwierig, alleine durch die Reifen einen großen Unterschied auszumachen. Vor allem, wenn jeder klar sieht, dass du von deinem Wettbewerber geschlagen wird. Das ist eine schwierige Nummer."

"Wir geben das Geld dafür aus, ein Ziel zu erreichen. Deshalb engagiert man sich im Motorsport." Paul Hembery

Frage: "Du meinst, Pirelli betreibt Motorsport, um die Bekanntheit der Marke zu steigern. Gibt es auch einen Entwicklungstransfer, den der Motorsport mit sich bringt? Könnt ihr davon profitieren?"
Hembery: "Ja. Es gibt vieles, was wir im Motorsport lernen. Selbst in der italienischen Rallye-Meisterschaft musst du dein Produkt entwickeln, um deine Konkurrenz zu schlagen. Dadurch machst du deine eigenen Produkte besser oder deine Rivalen sehen sich dazu veranlasst, den Markt zu verlassen, weil sie aufgeben. Dafür brauchst du viel Technologie, um diese Entwicklung umzusetzen. Durch die Formel 1 kannst du deine Bandbreite an Technologie weiter ausbauen. Die Anforderungen, die die Formel 1 selbst in einer Situation, in der es nur einen Reifenlieferanten gibt, stellt, sind sehr hoch. Das betrifft zum Beispiel die technischen Grundlagen oder die Anforderungen, die die Teams an dich stellen. Es gibt also viele Dinge, von denen wir durch unser Formel-1-Engagement profitieren."

Frage: "Als ihr eine Risikoanalyse durchgeführt habt, kam dabei dann auch zur Sprache, was vor einigen Jahren in den USA passiert war? Du weißt schon, die Situation in Indianapolis ..."
Hembery: "Natürlich. Ganz klar."

Frage: "Du brauchst das nicht in Zahlen zu fassen, aber hat die betreffende Marke damals einen Schaden davongetragen?"
Hembery: "So etwas schädigt deine Marke und deine Anteilseigner sicher ganz gewaltig. Also ja."

Frage: "Das ist demnach ein ziemlich großes Risiko ..."
Hembery: "In der Tat. Das Schlimmste, was für einen Reifenhersteller passieren kann, ist, dass ein Rennen abgesagt wird. Das wäre das Schlimmste. Wir hatten das mal vor ein paar Jahren im Porsche-Supercup. Das war in Barcelona. Das Rennen wurde aus mehreren Gründen gestrichen. Das ist schon hart. Andererseits sagt man ein Rennen im Zweifelsfall besser ab, statt unnötige Risiken einzugehen. Das ist ein Weg, den du als Reifenhersteller nicht einschlagen willst. Die Sicherheit geht nämlich vor. Unsere Produkte haben in erster Linie sicher zu sein."

Hembery: "Ein ganz faszinierendes Geschäft"

Frage: "Du liebst Reifen und du liebst Motorsport?"
Hembery: "Nun, ich glaube, es würde schwer fallen, einen Reifen zu lieben (lacht; Anm. d. Red.). Ich mag, was durch sie möglich ist. Deshalb ging ich eigentlich zu Pirelli. Damals arbeitete ich zunächst noch für die Konkurrenz. Ein paar meiner Freunde gingen zu Autoherstellern. Sie arbeiteten dann fünf Jahre lang an einem Auto mit Schrägheck. Wo ich arbeitete, wurden indes Reifen für viele unterschiedliche Fahrzeuge hergestellt - und auch für viele richtig tolle Autos. Aus diesem Grund fand ich viel Gefallen an Reifen. Es ging um die Dinge, an die sie geschraubt wurden."

"Es ging mir nicht zu sehr um den Reifen allein. Es ist aber auf jeden Fall ein ganz faszinierendes Geschäft. Die Technologie, die in einem solchen Reifen steckt, ist ungeheuer kompliziert. Von außen sehen die Reifen meist gleich aus, wohingegen sich die Autos über die Jahre äußerlich verändern. Die Modelle der 1950er-Jahre sind ganz klar anders als die heutige Generation von Fahrzeugen. Es scheint gewisse Ähnlichkeiten zu geben, doch es ist schwierig, die zugrunde liegende Technologie zu erklären."

"Die Technologie, die in einem solchen Reifen steckt, ist ungeheuer kompliziert." Paul Hembery

"Ein Reifen ist eben ein komplexes Produkt. Da steckt nicht nur Gummi drin. Es ist halt ein sehr faszinierendes und komplexes Produkt. Die Technologie, die in diesem Geschäft steckt, ist wirklich riesig. Das betrifft nicht nur, was letztendlich im Produkt steckt, sondern auch die Produktion. Nehmen wir zum Beispiel unsere Pressen. Es ist wahrhaft erstaunlich, mit welcher Präzision da gearbeitet wird."

Frage: "Die Regeln für die Saison 2014 stehen mittlerweile fest. Werdet ihr dann an den Reifen mit großer Flanke festhalten oder wird es da eine Änderung geben?"
Hembery: "Hey, wir reden da von unserer Werbefläche (lacht; Anm. d. Red.)! Wenn wir zu 18-Zoll-Rädern wechseln würden, könnte man unseren Schriftzug nicht mehr lesen. Für uns würde aber das Grundproblem erhalten bleiben: Wo würde man beginnen, die Veränderungen umzusetzen? Das kannst du nicht mal eben aus dem Handgelenk schütteln. Da wir uns in einem professionellen Sport befinden, würden wir auf jeden Fall gern Testfahrten absolvieren. Wir bräuchten einfach ein Auto, mit dem wir nachstellen könnten, was mit der Aufhängung passiert. Dann könnten wir es machen."

Pirelli-Reifen

Pirelli möchte gerne an der aktuellen Reifengröße festhalten Zoom

Frage: "Würdet ihr ein anderes Fahrzeug brauchen oder könntet ihr es auch an einem bereits existierenden Auto ausprobieren?"
Hembery: "Das ist wohl etwas, was uns die Teams sagen müssen. Du meinst, die Regeln stehen fest, doch da gibt es noch immer ein paar Fragezeichen."

Frage: "Nun, ich rede hier von den Motorenregeln. Die stehen fest. Jetzt geht es noch um das Chassis und dergleichen. Gibt es da Bestrebungen, schon für 2013 etwas an den Reifen zu ändern?"
Hembery: "Zum jetzigen Zeitpunkt liegt keine Anfrage seitens der Teams vor. Wir selbst bitten nicht um eine Veränderung. Das Aussehen der Formel-1-Autos hat sich in der Vergangenheit aber schon oft verändert. Vielleicht tut sich da bald wieder etwas. Vielleicht brauchen wir größere Reifen oder breitere. Damit könnte man ein bisschen des verlorenen Abtriebs zurückgewinnen."

Frage: "Das wären dann aber sicher nur kleine Änderungen, ansonsten würde es ja eine Neuentwicklung darstellen, oder?"
Hembery: "Nun, man könnte es machen. Es wird ohnehin nie wirklich so weit kommen, dass du sagen kannst, die Reifen, die ein Porsche fährt, sieht man auch an einem Formel-1-Auto. Wenn man sich technisch darauf einlässt, Niederquerschnittsreifen zu fahren, dann wird es richtig schwierig."

18-Zoll-Räder einzuführen "wäre ein ziemlich großes Unterfangen"

Frage: "Wären 18-Zoll-Räder für euch das Minimum in der Formel 1?"
Hembery: "18 Zoll, 19, vielleicht 20 Zoll. Das wäre schon ziemlich außergewöhnlich. Eine solche Veränderung herbeizuführen, wäre ein ziemlich großes Unterfangen. Vielleicht wäre dieser Schritt aber auch eine Nummer zu groß für die Teams. Möglicherweise wäre es zu viel und zu früh. Es ist nicht immer klug, eine Veränderung durchzuführen, einfach, weil man eine Veränderung haben möchte. Das kann ins Auge gehen."

Frage: "Es ist aber schon so, dass viele Sportwagen größere Räder haben als die Formel 1 ..."
Hembery: "Ja, doch diese Fahrzeuge generieren aber nicht so viel Anpressdruck und sonstige Kräfte, wenn sie durch Kurven wie die Eau Rouge fahren. Sollte man technisch einen solchen Wechsel anstreben, hat man schlicht und ergreifend das Problem, dass man das testen muss. Du willst schließlich keine Schwierigkeiten für das Rennen heraufbeschwören."

Frage: "Auch Sportwagen fahren durch die Eau Rouge ..."
Hembery: "Klar. Das ist möglich. Es handelt sich aber um ganz andere Autos. Formel-1-Fahrzeuge verhalten sich völlig anders. Versteh' mich nicht falsch: Möglich ist es und wir könnten es tun, aber wir bräuchten ein Auto, um es testen zu können. Derzeit gibt es jedoch kein Formel-1-Fahrzeug, das auf 18-Zoll-Räder ausgelegt ist. Das ist im Prinzip der Hauptgrund. Wenn wir eine Möglichkeit finden würden, es zu testen, dann würden wir es tun. Im Augenblick bittet uns aber niemand darum und wir forcieren dieses Thema nicht weiter."

"Derzeit gibt es jedoch kein Formel-1-Fahrzeug, das auf 18-Zoll-Räder ausgelegt ist." Paul Hembery

Frage: "Heutzutage kann man einen Flug zum Mond simulieren. Könnt ihr nicht einfach die 18-Zoll-Räder an einem Auto simulieren?"
Hembery: "Natürlich, klar. Man schickt aber auch nicht ein paar Flugzeuge in die Luft, nur um zu sehen, ob sie fliegen. Es wäre möglich, das zu tun. Man darf allerdings nicht vergessen: Die Formel 1 ist noch immer ein sehr extremer Sport."

"Du kannst zwar vieles nachstellen, aber halt nicht ein Auto, das ein Rennen fährt, mit anderen Fahrzeugen darum herum. Dann hätten wir da auch noch einige Faktoren wie Randsteine und dergleichen. All dies könnten wir sicher meistern. Du musst dich aber gut vorbereiten, wenn du es professionell machen willst. Ansonsten könntest du Gefahr laufen, dass du vielleicht ein Rennen absagen musst, weil all deine Simulationen die tatsächlichen Bedingungen unterschätzt haben. Als Sport solltest du die Sache etwas anders angehen, um einen solchen Wechsel durchzusetzen."