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  • 29.09.2017 13:06

  • von Dominik Sharaf

Grosjean-Crash: Fahrer nennen Gullydeckel "beängstigend"

Die FIA verspricht eine Lösung, doch noch ist unklar, wie sich der Kanaldeckel trotz Verschraubung und Verschweißung löste - Felipe Massa an 2009er-Unfall erinnert

(Motorsport-Total.com) - Es war der Schreckmoment der ersten beiden Trainings zum Malaysia-Grand-Prix am Freitag: Erst nachdem eine Viertelstunde vor Ende Haas-Fahrer Romain Grosjean mit einem Reifenplatzers bei 260 km/h abgeflogen, durch das Kiesbett gerauscht und in die Reifenstapel gekracht war, wurde klar, dass ein Gullydeckel die Ursache war. Das in Randsteine eingelassene Gitter hatte sich durch den Sog überfahrender Autos gelöst und den Pneu aufgeschlitzt. Die Rennleitung brach sofort ab.

Titel-Bild zur News: Charlie Whiting, Sebastian Vettel

Whiting wird Vettel erklären müssen, wie er die Strecke sicher machen will Zoom

Rennleiter Charlie Whiting klemmte sich hinter das Steuer des Safety-Cars und fuhr persönlich zur Unfallstelle, um das Corpus Delicti mit Stellvertreter Laurent Mekies zu inspizieren. "Normalerweise sind Gullys verschraubt und verschweißt, aber es sieht so aus, als sei er komplett rausgebrochen", diagnostiziert der Brite. Was ihm mehr Sorge bereiten dürfte: Drei weitere Kanaldeckel in Kurve 12 zeigten ähnliche Symptome und sollen in den kommenden Stunden wieder hergerichtet werden.

Whiting verspricht, dass zum dritten Freien Training am Samstagvormittag die Strecke bedenkenlos befahrbar ist: "Wir werden uns den Rest des Tages damit beschäftigen, alle vier in Schuss zu bringen. Es wird aber etwas dauern", erklärt der FIA-Mann - und hat die Teams und Fahrer im Nacken.

Schließlich kam die Szene bei den Aktiven nicht gut an. "Ich bin kein Gullydeckel-Experte, aber es muss eine Lösung her! Sonst wird es verdammt riskant", macht Sauber-Teamchef Frederic Vasseur Druck. Force Indias Betriebsdirektor Otmar Szafnauer wittert sogar Verfehlungen im Vorfeld: "Es lehrt uns, dass demnächst kontrolliert werden sollte, ehe solche Dinge passieren." Denn neben dem Risiko für die Gesundheit ihrer Fahrer entstehen den Teams bei solchen Crashes hohe Kosten. Immerhin darf Haas per Sondergenehmigung die Sperrstunde brechen, ohne dafür einen Joker ziehen zu müssen.

Wieso sich die Gullydeckel lösten, ist derzeit unklar. Dass die neuen Formel-1-Boliden mit ihrem Plus an Abtrieb am Unterboden und höheren Kurvengeschwindigkeiten verantwortlich sind, ist nur eine These, die im Raum steht. "Ich kann es mir zumindest vorstellen", meint Renault-Fahrer Nico Hülkenberg. "Vor dem Zwischenfall gab es kein Problem. Ich habe nichts gesehen", deutet Red-Bull-Fahrer Max Verstappen an, dass sich die Teile ohne Vorankündigung verselbstständigt hätten.

Ferrari-Konkurrent Sebastian Vettel erkannte frühzeitig, dass in Kurve 12 etwas nicht stimmte: "Ich dachte nur nicht, dass es ein Kanaldeckel wäre. Ich hielt es für ein bisschen abplatzende Farbe und fuhr drumherum." Kurz darauf krachte es - und Grosjean, der wie Verstappen nichts erspäht hatte, wurde kalt erwischt: "Ich war auf der Ideallinie. Plötzlich gab es einen heftigen Schlag hinten rechts. Als nächstes weiß ich nur, dass der Reifen weg war. Ich mich gedreht habe und bin auf die Mauer zugeschossen", berichtet der Franzose, dem bei dem Einschlag kein Haar gekrümmt wurde.

Trotzdem warnt Felipe Massa die Formel-1-Verantwortlichen davor, am Samstag und Sonntag eine Blaupause seines Unfalls vom Ungarn-Grand-Prix 2009 zu riskieren, als ihm eine Stahlfeder an den Helm donnerte. "Ich fuhr hinter dem Auto (Grosjeans; Anm. d. Red.). Glücklicherweise ist diesmal nichts auf mich zugeflogen", poltert der Brasilianer im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Mein erster Gedanke war, dass ich schon eine Feder am Kopf hatte. Ein Gullydeckel wäre etwas zu viel."

Vettel stimmt zu und nimmt die Offiziellen in die Pflicht: "So etwas darf eigentlich nicht sein. Es liegt in der Verantwortung der FIA und der Strecke, dafür zu sorgen, dass solche Dinge nicht passieren." Hülkenberg bezeichnet die Szene als "furchteinflößend", während Red-Bull-Eminenz Helmut Marko sich Gedanken darüber macht, welche Alternativen zur derzeitigen Fixierung der Kanalabdeckungen es überhaupt gibt: "Sie müssen irgendeine Lösung finden, die auf die Renndistanz hält."