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"Du bleibst bei uns": Emotionaler vierter Platz für Sainz

Da kamen fast die Tränen: Der Fahrer, den Toro Rosso ziehen lassen muss, beschert dem Team das beste Resultat seit fast zwei Jahren - Sainz wächst über sich hinaus

(Motorsport-Total.com) - "Vamos, vamos, vamos, vamos, vamos, vamos, vamos, vamos!!!", schrie Carlos Sainz nach dem besten Formel-1-Ergebnis seiner Karriere in den Toro-Rosso-Funk. Die emotionale Antwort von Franz Tost folgte auf dem Fuße. "Du wirst bei uns bleiben, Carlos, wir lassen dich nicht gehen!", sagte der Teamchef den Tränen nahe. Carlos Sainz wird Toro Rosso in Richtung Renault verlassen. Durch den vierten Platz brachte er sein Team in der Konstrukteurswertung auf sieben Punkte an Williams heran.

Titel-Bild zur News: Carlos Sainz

Held des Rennens: Carlos Sainz setzte das lang ersehnte Highlight mit Toro Rosso Zoom

"Das war ohne Zweifel das beste Rennen meiner Formel-1-Karriere", jubelt der junge Spanier, der endlich einmal ein echtes Highlight setzen konnte - just als es ohnehin schon gut läuft. "Sonst landet man bei guten Leistungen im Mittelfeld auf Platz acht oder neun. Jetzt ist es endlich mal Platz vier geworden. Ich hatte eine sehr gute Pace zu Beginn und auf dem gebrauchten Intermediate. Und am Ende die Jungs auf dem Ultrasoft abzuwehren, war mit Sicherheit eine der besten Aktionen, die ich in der Formel 1 bislang gebracht habe." (So lief der Große Preis von Singapur 2017)

Nur einmal kam Sainz beim Singapur-Grand-Prix 2017 an die Box, um von Intermediates auf Supersofts zu wechseln. (Boxenstrategien im Überblick) Das war mit einer der Schlüssel zu seiner starken Position. Andere Fahrer legten bis zu vier Stopps ein. Sainz war zu Beginn auf dem richtigen reifen, obschon es nicht ohne Risiko war: "Ich hatte einige Male Aquaplaning. Aber es war definitiv die richtige Wahl." Er selbst hatte das Team vor dem Start zu dieser Entscheidung gedrängt, die sich als goldrichtig erweisen sollte. "Als sie mir sagten, dass Hamilton auch auf diesem Reifen ist, wurde ich zuversichtlich, weil ich wusste, dass ich nicht der einzige auf Inters war."

Nur der Start ging schief

Dabei ging der Start zunächst richtig in die Hose. "Ich weiß nicht, was da passiert ist", sagt Sainz über den einzigen Wermutstropfen in einem ansonsten perfekten Rennen. "Ich werde das analysieren müssen. Als ich die Kupplung losließ, ging Anti-Stall rein." Damit befand sich Sainz wieder in Neutral, damit der Motor nicht abstirbt. "Ich weiß nicht, ob das ein Bedienungsfehler war oder etwas anderes, aber wir müssen das analysieren. Ich bin ruhig geblieben, weil ich wusste, dass es ein langes Rennen werden würde."

Das Chaos in den ersten Kurven brachte ihm wieder einige Plätze ein, bevor er seine Aufholjagd startete: Ein Fahrzeug nach dem anderen auf Starkregenreifen fiel dem Vorwärtsdrang des Toro Rossos zum Opfer. Als im Zuge der zweiten Safety-Car-Phase mehrere Fahrer vor ihm an die Box kamen, wurde Sainz auf den vierten Platz nach vorn gespült. Allerdings hatte er nun gebrauchte Intermediate-Reifen auf dem Auto, während hinter ihm mehrere Fahrer auf frischeren Pneus Schlange standen. "Das war schon hart, die hinter mir zu halten", bemerkt er.


Fotostrecke: GP Singapur, Highlights 2017

Das sollte aber noch nicht die härteste Aufgabe des Rennens werden, die Sainz mit Bravour meisterte. Beim Wechsel auf Trockenreifen wurde er von Nico Hülkenberg abgefangen, der nach ihm an die Box kam. "Meine Outlap auf den frischen Supersofts war nicht die Beste", gesteht sich Sainz ein. Der Renault-Pilot sollte jedoch bald in technische Probleme geraten, wodurch Sainz den vierten Rang wieder erbte.

Abwehrschlacht mit härterem Reifen

Bevor er diesen Platz einnehmen konnte, wurde es aber richtig haarig. Anders als zu Beginn des Rennens befand sich der Toro Rosso mit der Startnummer 55 jetzt nämlich auf anderen Reifen als die Konkurrenz: Während Sainz auf dem Supersoft fuhr, hatten alle anderen den noch weicheren Ultrasoft drauf. Allen voran Sergio Perez, der ihn in den ersten Runden nach dem Boxenstopp wie ein Rotwild jagte.

"Das war richtig hart", stöhnt Sainz junior. "Er war auf grundsätzlich schon schneller als wir, aber dann war er auch noch auf Ultrasofts unterwegs, die eine Sekunde schneller sind. Er hatte DRS und all diese Dinge. Es war schwierig, ihn hinter mir zu halten, aber wir haben es geschafft." Wer diesmal die Idee hatte, nicht die weichste Reifenmischung zu nehmen? "Es war zumindest nicht meine Entscheidung", grinst der 23-Jährige. "Es hat mir aber nur zu Beginn des Stints mehr Arbeit eingebrockt. Ich musste Checo ungefähr zehn Runden lang abwehren. Das waren zehn Qualifying-Runden am Stück."

Sainz hat sich das Erfolgserlebnis redlich verdient und lässt das auch heraus: "Das ganze Rennen war viel schwieriger als es von außen ausgesehen hat. Ich habe die ganze Zeit in die Spiegel geschaut." Mit 48 Punkten hat er nun bereits mehr Zähler auf dem Konto als in der ganzen Saison 2016, als Toro Rosso gerade zu Beginn der Saison deutlich konkurrenzfähiger war. "Es ist ein gutes Jahr, weil wir unsere Gelegenheiten nutzen. In solchen verrückten Rennen muss man da sein und das waren wir", freut er sich. Es ist das beste Ergebnis für Toro Rosso seit Max Verstappens viertem Platz beim Großen Preis der USA 2015.

Kwjat fliegt im Regen ab

Teamkollege Daniil Kwjat hatte hingegen ein weiteres Rennen zum Vergessen. Während Sainz sich bei den schwierigen Verhältnissen zu Beginn des Rennens aus allem raushalten konnte, rauschte Kjwat in den Reifenstapel in Kurve 7. "Ich habe meine Vorderreifen blockiert, was ich nicht erwartet habe, und bin abgeflogen. Das war mein Fehler und ich habe eine gute Gelegenheit verpasst, ein gutes Resultat zu holen", ist alles, was der Russe zu seinem Unfall sagt.