powered by Motorsport.com
  • 14.11.2016 01:12

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Drama der Hinterbänkler: Sauber gewann 30-Millionen-Rennen

Zitterpartie und direktes Duell mit Esteban Ocon: Felipe Nasrs neunter Rang in Sao Paulo spülte die Schweizer vorbei an Manor und beschert ihnen wohl viel Geld

(Motorsport-Total.com) - Während es an der Spitze des Feldes um den Sieg und den Formel-1-WM-Titel ging, spielte sich weiter hinten das wahre Drama des Brasilien-Grand-Prix ab: Mit dem neunten Platz holte Felipe Nasr bei seinem Heimrennen die ersten zwei Zähler des Jahres für das Sauber-Team, das so Manor in der Konstrukteurs-Wertung überholte und auf Rang zehn vorrückte. Weil der Elfte nicht bei der Ausschüttung der Serieneinnahmen bedacht wird, ist der Platz mehr als 30 Millionen Euro wert.

Entsprechend groß war die Erlösung nach der Zieldurchfahrt: "Ein Traum wird wahr, ich hätte es mir gar nicht besser wünschen können", war Nasr den Tränen nahe. "Es fühlt sich wahnsinnig gut an und ich vermag es gar nicht zu beschreiben." Auch der Teamchefin fielen gleich mehrere Steine vom Herzen: "Manchmal braucht man einfach ein bisschen Glück", freut sich Monisha Kaltenborn. "Wir konnten nur dasitzen und sicherstellen, dass wir da sind, wenn wir gebraucht werden."

Und Sauber wurde gebraucht, als der Himmel über Sao Paulo seine Schleusen öffnete. Regenchaos war die einzige Chance für die Schweizer, denen es 2016 erst am Geld mangelte und jetzt an Tempo fehlt, noch Zählbares einzufahren und dem zweiten Hinterbänkler ein Schnippchen zu schlagen. "Manor hat dieselbe Herangehensweise gewählt", meint Kaltenborn über den Pascal-Wehrlein-Punkt in Spielberg, dem das Team Monate hinterherhechelte: "Es gab Druck von allen Seiten."

Reifen gingen in die Knie: Nasr kämpfte gegen Crash

Am meisten davon spürte Nasr auf seinen Schultern, als er vor seinen Heimfans von Startplatz 21 losfuhr. Mit einer Sahneleistung am Volant, aber auch begünstigt durch einige Boxenstopps lag er bei der Unterbrechung in Runde 28 auf Rang sechs. Das Problem zu diesem Zeitpunkt: Manor hatte mit Esteban Ocon und Wehrlein auf den Plätzen acht und neun auch noch Eisen im Feuer. Und bei dieser Konstellation wären die Briten in der Konstrukteurs-Wertung weiter vor Sauber gewesen.

Nasr meint, das er ständig informiert gewesen wäre, wo die Manor lagen. "Ich habe alles gegeben. Bei diesen schwierigen Bedingungen konnte ich von Autos wegziehen, die sonst viel schneller sind. Aber als die Strecke abtrocknete..." War es vorbei mit der Herrlichkeit und Nasr lief sogar Gefahr, in ein direktes Duell mit Ocon verwickelt zu werden. Nach dem Stopp von Max Verstappen, von dem er nochmals profitierte, lagen zwischen ihm und dem Franzosen nur 2,4 Sekunden und Nico Hülkenberg. Der Deutsche fackelte nicht lange, ging in Runde 60 vorbei und der Fight war eröffnet.

Es gelang dem auf Rang sieben fahrenden Nasr, den Abstand konstant zu halten - selbst, nachdem sich die beiden Red Bull ihren Weg vorbei gebahnt und ihn auf den neunten Platz zurückgeworfen hatten. Fünf Runden vor Schluss tauchte Ocon groß im Rückspiegel auf und war auf 1,2 Sekunden dran. "Ich hatte meine Reifen seit dem Restart. Die hinteren Pneus gingen in die Knie. Es ging nur darum, das Auto auf der Strecke zu halten. Es war mental eine Herkulesaufgabe", erzählt Nasr.

Er wusste aber: Einen Punkt mehr zu holen als Manor wäre genug gewesen, weil bei Gleichstand die besseren übrigen Resultate für Sauber gesprochen hätten. "Ich habe mir einfach eingeredet, ich müsste das Auto nach Hause bringen, egal wie", meint Nasr. "Fernando Alonso kam sehr schnell von hinten. Zwei Runden mehr und er hätte mich kassiert, ich hätte nichts ausrichten können."

Es war Manors letzte Chance, dass der heranfliegende McLaren-Pilot und Daniil Kwjat im Toro Rosso sowohl ihn als auch Ocon aus den Top 10 werfen würden. So wäre es bei dem einen Punkt Vorsprung geblieben. Doch Alonso erwischte nur noch Ocon und ließ Sauber jubeln. "Es gibt dem Team, mir und einfach jedem, der mit dem Projekt zu tun hat, so viel Motivation", freut sich Nasr, der noch keinen Vertrag für 2017 und angeblich Probleme mit seinem persönlichen Sponsor hat. "Das hilft jetzt für das nächste Jahr. Ich habe nie das Vertrauen in Sauber verloren und es schmeckt wie ein Sieg."