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Button: Mit den 2012er-Autos auf Kriegsfuß?

Durch das Verbot des abgasangeblasenen Diffusors neigen die aktuellen Autos zum Übersteuern - Eine mögliche Ursache für Jenson Buttons derzeitige Krise

(Motorsport-Total.com) - Jenson Button hat in seiner Karriere schon viel erlebt: das überraschende Aus bei Williams, den Konflikt mit Flavio Briatore, das Vertragschaos bei BAR oder das Beinahe-Karriereende bei Honda, ehe er mit Brawn aus dem Nichts Weltmeister wurde. Doch die aktuelle Ratlosigkeit bei McLaren zählt definitiv zu den Tiefpunkten in seiner Laufbahn. Zumal sie genau so unerwartet kam wie der WM-Triumph 2009, denn Button war 2012 als Titelkandidat in die Saison gestartet.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button fühlt sich derzeit in seinem McLaren alles andere als wohl

In den vergangenen vier Rennen hat Button gerade mal zwei mickrige WM-Punkte an Land gezogen und war alles andere als konkurrenzfähig, während Teamkollege Lewis Hamilton mit einem furiosen Sieg in Kanada die Führung in der Gesamtwertung an sich riss. Und das in einer Saison, in der der Umgang mit den Reifen - eigentlich Buttons Spezialgebiet - wichtiger scheint als je zuvor.

Button: Psyche leidet nicht unter Krise

"Ich verstehe das nicht", gibt Button gegenüber dem 'Guardian' seine Ratlosigkeit wegen der rasch abbauenden Reifen offen zu. "Wir müssen herausfinden, wo das Problem liegt, denn in den 12 Jahren meiner bisherigen Karriere war ich dabei immer ziemlich gut."

Vor allem mental muss die aktuelle Lage für den Briten herausfordernd sein, denn nach dem Sieg beim Auftakt in Melbourne war er für viele der logische WM-Tipp. Doch seine enorme Erfahrung und die Achterbahnfahrt seiner bisherigen Karriere helfen ihm dabei, mit der Krise bei McLaren zurecht zu kommen. "Mental ist das kein Problem für mich, denn ich weiß nach wie vor, wie man ein Rennauto fährt", sagt er. "Ich werde jetzt keinen Urlaub nehmen. Ich fahre mir das Herz aus dem Leib, aber irgendetwas läuft nicht zu meinen Gunsten."

Passen die aktuellen Autos nicht zu Buttons Fahrstil?

Fakt ist, dass Buttons Ruf als "Reifenflüsterer" nicht unbedingt darauf beruht, dass der Brite in allen Situationen das richtige Rezept für die Behandlung der Reifen hat. Vielmehr ist er ein Pilot, der besonders sorgsam mit den Pneus umgeht. Das kann aber auch zum Problem werden, wie man in seiner Weltmeistersaison 2009 gesehen hat, als der Brawn-Pilot oft während des Rennens Zick-Zack fahren musste, um die Reifen auf die richtige Temperatur zu bringen.

Dazu kommt, dass der aktuelle McLaren ein übersteuerndes Auto ist, was unter anderem auf das Verbot des abgasangeblasenen Diffusors zurückzuführen ist. Mit dieser Charakteristik kommt Teamkollege Hamilton deutlich besser zurecht als Button. Zur Erinnerung: Selbst in seinem Titeljahr 2009 kam der Brite in den Genuss des Doppeldiffusors, der bei seinem Boliden eine stabile Heckpartie gewährleistete - der abgasangeblasene Diffusor hatte einen ähnlichen Effekt. Durch das Verbot wurden die Autos unruhiger - und der derzeit schwächelnde McLaren-Fahrer gab gegenüber 'Sky' vor einigen Wochen zu, dass dies für seinen Fahrstil eher ein Nachteil ist.

"Du hast ein Problem, wenn du Unter- oder Übersteuern bekommst, denn das Rutschen ist dann ungewohntes Terrain." Jenson Button

Denn während es aggressive Fahrer angesichts ihres Fahrstils gewohnt sind, mit einem rutschenden Auto durch die Kurven zu rasen, ist dies nicht Teil von Buttons Kurventechnik. "Du hast ein Problem, wenn du Unter- oder Übersteuern bekommst, denn das Rutschen ist dann ungewohntes Terrain", bestätigt er. "Die aggressiven Fahrer mögen das Rutschen und fühlen sich damit sehr wohl, andere kommen damit gar nicht klar."

Ehe zwischen McLaren und Button auf dem Prüfstand

Die katastrophale Leistung in Montreal sollte Button aber rasch abhaken, denn sie war auch ein Resultat des verpatzten Freitags, als er wegen technischer Probleme kaum zum Fahren gekommen war. Und wenn man ohnehin schon in Problemen steckt, dann ist ein derartiger Rückschlag nicht gerade hilfreich. Ein weiterer Hoffnungsschimmer ist der tolle Sieg in Melbourne, der bewiesen hat, dass die aktuelle Fahrzeuggeneration und Buttons Fahrstil nicht grundsätzlich im Widerspruch zueinander stehen.


Fotos: Jenson Button, Großer Preis von Kanada


Eines ist klar: Die aktuelle Krise Buttons wird beweisen, ob es sich bei seinen Aussagen im vergangenen Jahr, wie wohl er sich bei McLaren fühle, um wahres gegenseitiges Vertrauen oder bloß um Lippenbekenntnisse handelte. "Niemand zeigt mit dem Finger auf den anderen", schildert er in Kanada, dass der Zusammenhalt nach wie vor passt. "Das spricht für das Team und für mich. Jetzt müssen wir uns hinsetzen und die Probleme finden. Jedes Mal, wenn ich den Helm aufsetze und ins Auto einsteige, bin ich zuversichtlich, dass wir die Probleme gelöst haben und ich um den Sieg kämpfen kann. Es ist nicht so, dass ich mir denke, schon wieder das gleiche."

"Niemand zeigt mit dem Finger auf den anderen." Jenson Button

Button macht seiner Mannschaft Mut und übt sich in Durchhalteparolen: "Wir werden es herausfinden, denn es handelt sich um ein großes Team, das viele Rennen und Weltmeisterschaften gewonnen hat - wir haben viele großartige Rennen gemeinsam gewonnen. Ich werde die Probleme lösen - oder besser gesagt: Wir werden die Probleme gemeinsam lösen."