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  • 29.06.2012 18:12

Boullier: "Wir machen unsere Hausaufgaben"

Lotus-Teamchef Eric Boullier spricht über den Podestplatz von Valencia, das Pech von Romain Grosjean und die Aussichten seines Rennstalls

(Motorsport-Total.com) - Freud' und Leid liegen im Rennsport mitunter sehr eng beisammen: Während Kimi Räikkönen beim Stadtrennen in Valencia einen zweiten Platz einfuhr und einmal mehr knapp den Sieg verpasste, hatte Romain Grosjean eben diesen vor Augen, als sein Lotus den Dienst quittierte. So kam nur einer der beiden E20-Boliden ins Ziel, weshalb Lotus-Teamchef Eric Boullier mit gemischten Gefühlen auf dieses Wochenende zurückblickt. Insgesamt zeigt sich der Franzose aber sehr zuversichtlich.

Titel-Bild zur News: Eric Boullier (Lotus-Teamchef)

Lotus-Teamchef Eric Boullier zeigt sich zufrieden mit der Form seines Rennstalls

Frage: "Eric, wie lautet deine Zusammenfassung des jüngsten Rennens?"
Eric Boullier: "Lasst mich euch die Version mit dem Glas, das halb voll ist, erläutern: Es war ein gutes Ergebnis für das Team und für Kimi. Der zweite Platz brachte uns viele Punkte ein und wir verloren keinen Boden auf die Teams, die in der Gesamtwertung vor uns liegen."

"Und jetzt bekommt ihr die Version, wonach das Glas halb leer ist: Es war ein enttäuschender Tag für Romain. Er befand sich in einer sehr guten Position, um zumindest einen Podestplatz zu erreichen. Wir hätten mit beiden Autos auf das Treppchen fahren und auf McLaren aufholen können."

"So ist das aber im Motorsport. Wir werden eng mit unseren Partnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass wir in Zukunft keinen derartigen Defekt mehr sehen. Unterm Strich haben die Fahrer und das Team klasse Arbeit geleistet. Wir haben gezeigt: Wenn wir im Qualifying eine gute Position herausfahren, dann können wir auch um den Sieg kämpfen."

Wann folgt der erste Saisonsieg?

Frage: "Bist du zufrieden mit der Leistung des Lotus E20?"
Boullier: "Ja. Auch, obwohl wir uns kontinuierlich verbessern müssen, wenn wir am Ball bleiben wollen. Wir sehen freitags oft nicht so gut aus wie unsere Konkurrenten. Das liegt daran, dass wir an der Renngeschwindigkeit arbeiten. Wir haben es dann nicht nur auf das Tempo über eine schnelle Runde abgesehen."

"Wir machen unsere Hausaufgaben und achten nicht zu sehr darauf, was unsere Gegner anstellen. In Valencia lief das gesamte Wochenende sehr ordentlich. Wir qualifizierten uns besser, was uns für das Rennen in eine bessere Ausgangslage brachte. Im Rennen hatten wir dann eine gute Geschwindigkeit. Wir müssen nun einfach bis zum Saisonende so weitermachen."

"Wir sehen freitags oft nicht so gut aus wie unsere Konkurrenten." Eric Boullier

Frage: "Silverstone stellt eine Art Heimrennen für das Team dar. Wie geht die Mannschaft damit um?"
Boullier: "Es ist gut für alle Beteiligten, so nahe an der Fabrik zu sein. Unsere Reisekosten sind bei dieser Veranstaltung auf jeden Fall geringer als sonst. Wir werden viele Besucher aus Enstone haben. Es ist fantastisch, die Unterstützung von allen zu haben, die im Jahresverlauf so hart arbeiten."

"Schauen wir einmal, was das Wetter in Silverstone macht. Unabhängig davon, ob es warm oder kalt wird: Wir müssen gut abschneiden. Es handelt sich um ein anderes Kurslayout. Wir sind wieder zurück auf einer permanenten Rennstrecke, nachdem wir nun mindestens drei Straßenkurse gehabt haben. Schauen wir einmal, wie gut wir dort aussehen."

Aufbruchsstimmung bei Lotus

Frage: "Wie ist es derzeit um die Atmosphäre in der Fabrik bestellt?"
Boullier: "Vor einem Jahr hatte ich das Gefühl, jeder wäre so motiviert wie niemals zuvor. Jeder Einzelne war bereit dazu, diesen extra Kilometer zu gehen, damit wir auf der Strecke noch besser abschneiden konnten. Nun ... 2011 ist kein Vergleich zu 2012. Ich denke, wir haben einen weiteren Schritt gemacht. Abgesehen von der Leistung machen sich die jüngsten Investitionen des Teams auch in einer verbesserten Effizienz in allen Bereichen bemerkbar."

"Unsere jüngste Neuerung, das neue Ingenieursbüro an der Strecke, ist sehr beeindruckend und hat einen sehr positiven Einfluss auf unsere Arbeitsweise. Die jüngsten Ergebnisse haben zudem noch einmal die Hoffnungen und die Entschlossenheit jedes Einzelnen bestärkt. Das Team steht geschlossen und die Erwartungen sind hoch. Die Stimmung vom Ende der Saison 2009 ist ganz weit weg."

"Das Team steht geschlossen und die Erwartungen sind hoch." Eric Boullier

Frage: "Das Team ist sehr beliebt bei den Fans und hat ein einmaliges Image im Fahrerlager. Was zeichnet das Lotus-Team denn so sehr aus?"
Boullier: "Das ist eine Mischung aus diversen Dingen. Zunächst einmal war es unser Team schon immer gewohnt, seine Ressourcen zu maximieren. Wir verfügen in diesem Jahr zwar über ein sehr ordentliches Budget, doch wir wissen, wie man es effizient einsetzt."


Fotos: Lotus, Großer Preis von Europa


"Wir verschwenden kein Geld und verbrennen auch kein Geld mit Erste-Klasse-Flügen oder mit Gold bedruckten Visitenkarten. Zudem bleiben wir mit beiden Füßen auf dem Boden. Bescheidenheit dürfte unsere Qualität sein, die am meisten hervorsticht. Das bedeutet: Wir sind nahe an unseren Fans dran. Wir pflegen einen guten Dialog mit ihnen und vergessen nie, wie glücklich wir uns schätzen dürfen."

"Wir fahren Rennen, weil wir gewonnen wollen. Wir wollen unseren Unterstützern und Partnern aber auch etwas Besonderes präsentieren. Firmenansprachen und politische Spielchen sind nichts für uns. Wir haben nichts mit den Firmengiganten zu tun, gegen die wir auf der Strecke antreten. Vielleicht gelingt es Romain und Kimi deshalb so gut, ihren Persönlichkeiten am Lenkrad freien Lauf zu lassen."