Barrichello über Spielberg 2002: Ferrari brach Versprechen

Rubens Barrichello erinnert sich an seinen bittersten Moment zurück: Ferrari habe versichert, ihm keinen Sieg zu stehlen - Auch heute fordert er Freiheit für die Fahrer

(Motorsport-Total.com) - In Zeiten, in denen das Thema Stallorder so aktuell wie selten ist, werden immer wieder Erinnerungen an Spielberg 2002 wach. Damals musste Ferrari-Pilot Rubens Barrichello seinem Teamkollegen Michael Schumacher auf der Start- und Zielgeraden seinen Sieg überlassen - obwohl der Deutsche schon einen komfortablen Vorsprung in der Weltmeisterschaft hatte. Was folgte war ein gellendes Pfeifkonzert und eine kuriose Siegerehrung, bei der Schumacher seinen Kollegen auf das oberste Podest steigen ließ.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello hat Ferrari die Stallorder-Geschichte nie verziehen

Doch während es im Fall Sebastian Vettel und Mark Webber nur kurze Anweisungen gab, die Position zu halten, hätte der Brasilianer damals acht Runden lang Diskussionen geführt. "Sie haben mir gesagt, ich solle etwas tun, was nicht abgesprochen war", erinnert sich Barrichello gegenüber 'CNN'. "Die Leute denken, dass diese Sache in meinem Vertrag so geregelt war - das war sie aber nicht." Besonders geärgert hätte ihn die Sache, weil bereits im Vorjahr ein ähnlicher Fall aufgetreten war.

"Das Jahr davor musste ich Michael vorbeilassen als ich Zweiter und er Dritter war. Ich hatte danach ein Gespräch mit dem Team, bei dem ich gefragt habe: 'Hört mal, was würde passieren, wenn ich Erster gewesen wäre?'", so Barrichello. "Sie haben mir gesagt: 'Wir würden dich das niemals bitten, wenn du Erster wärst'", hört er die Worte noch ganz genau. Doch 2002 musste Rubinho an genau dieser Stelle Schumacher erneut passieren lassen - entgegen den Versprechungen seines Teams.

Vertrauensbruch vom Team

"Ich habe mich bis zur letzten Kurve geweigert, das zu tun, weil es so nicht vereinbart war", schildert der Rekord-Grand-Prix-Teilnehmer. "Es war sehr hart, es war wirklich sehr, sehr hart. Ich habe mein Bestes versucht, um zu sehen, ob das Team letztlich seine Philosophie ändern würde." Doch das hat Ferrari nicht getan. Barrichello gehorchte und führte die Stallorder so spät wie möglich - und so offensichtlich wie möglich - aus.

Die Stallorder von Österreich 2002 ist wohl eines der berühmtesten Beispiele für Teamanweisungen. Der Funkspruch von Jean Todt ein Jahr zuvor ("Let Michael pass for the championship"; Anm. d. Red.) ging bereits um die Welt. Dieses Szenario nahm die FIA auch zum Anlass, um Stallordern aus der Königsklasse vorerst zu verbannen. Barrichello verließ Ferrari daraufhin vorzeitig - wenn auch erst 3,5 Jahre später. "Ich habe gesehen, dass es für mich kein Gewinn-Szenario gab, der Fall war verloren."


Fotos: Großer Preis von China, Freitag


Barrichello fordert freien Kampf

Doch wie die Ironie manchmal so spielt, war es ausgerechnet wieder eine Ferrari-Order, die das Verbot kippte: Nach dem Manöver zwischen Fernando Alonso und Felipe Massa in Hockenheim 2010 sah man keinen Sinn mehr darin, offensichtliche Teamtaktiken zu verschleiern. "Natürlich ist es im Interesse, das Beste für das Team herauszuholen", weiß Barrichello. "Alles was ein Team sehen will, ist, wenn ein Fahrer ein Problem hat, dass er es seinem Teamkollegen nicht schwer macht."

Doch anders als es ihm 2002 ergangen ist, würde Barrichello gerne vor dem Rennen wissen, was das Team vorhat - ähnlich wie Nico Rosberg es auf seine Stallorder in Malaysia angesprochen erklärt hat. "In den Teammeetings vor dem Rennen muss man darüber sprechen", fordert Barrichello und bezieht sich sogleich auf den Red-Bull-Fall vor drei Wochen. "Wenn beide Fahrer vorher vereinbart hätten, dass sie auf niedrigere Drehzahl gehen müssen - und wenn das der Code für ein Überholverbot ist - dann ist es das, was sie vereinbart haben."

Michael Schumacher, Rubens Barrichello

Gespieltes Lächeln: Barrichello versuchte Ferrari acht Runden lang umzustimmen Zoom

Doch gebrochene Versprechungen, plötzliche Meinungsänderungen oder unplanmäßige Stallordern - darauf reagiert nicht nur Barrichello allergisch: "Ich glaube nicht, dass die Fahrer das akzeptieren", spricht der 324-fache Grand-Prix-Teilnehmer aus eigener Erfahrung. "Es gibt Rennstrecken, bei denen ein Fahrer eben besser ist als ein anderer. Sie sollten die Freiheit haben, es selbst untereinander zu entscheiden. Es sollte ihnen erlaubt sein zu kämpfen."

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