• 23.03.2017 07:30

  • von Sven Haidinger & Dominik Sharaf

Aus für "Verstappen-Regel": Vettel wäre nicht bestraft worden

Die Rennkommissare sollen ab sofort nur mehr eingreifen, wenn es nötig ist: Charlie Whiting erklärt, was das genau bedeutet und wie sich das 2016 ausgewirkt hätte

(Motorsport-Total.com) - In der Winterpause kündigte die FIA an, dass die Rennkommissare 2017 nur noch eingreifen und Strafen verhängen werden, wenn es absolut notwendig ist. Doch wie wird sich diese neue Herangehensweise tatsächlich auf die Rennen auswirken? Ein gutes Beispiel dafür ist der Grand Prix von Mexiko aus dem Vorjahr. Das Strafenchaos, als zuerst Max Verstappen seinen dritten Platz aufgeben musste, ehe das gleiche dann Sebastian Vettel widerfuhr und Daniel Ricciardo schließlich den Podestplatz abstaubte, wäre uns dieses Jahr erspart geblieben. "Heute würden wir damit anders umgehen", bestätigt FIA-Rennleiter Charlie Whiting.

Titel-Bild zur News: Derek Warwick, Charlie Whiting

Weniger Strafen: Rennkommissar Derek Warwick (li.) soll sich zurückhalten Zoom

"Ich hätte gerne meinen Pokal zurück", nutzt Vettel gleich die Gelegenheit, um den Lokalmatador zu necken. Der größte Unterschied zum Vorjahr: die sogenannte Verstappen-Regel, die einen Spurwechsel auf der Bremse in einem Zweikampf verboten hatte, ist Geschichte. "Früher haben wir gesagt, dass jede Bewegung auf der Bremse untersucht wird", erklärt Whiting. "Jetzt haben wir eine einfache Regel, wonach ein Fahrer untersucht wird, wenn er sich unberechenbar bewegt, unnötigerweise langsam fährt oder mit seinem Verhalten andere Fahrer gefährden könnte."

Kurz gesagt: die Rennkommissare greifen nur noch ein, wenn die Sicherheit auf dem Spiel steht. "Die Regel ist jetzt sehr breit angelegt", präzisiert Whiting. "Die Rennkommissare sollten jeden Zwischenfall für sich bewerten - und zwar ausschließlich nach dem Gesichtspunkt, ob es sich um ein gefährliches Manöver handelt", während im Vorjahr ab dem Rennen in Austin jeder Spurwechsel auf der Bremse grundsätzlich als gefährlich eingestuft worden war.

Neuer FIA-Kurs auf Drängen der Teams

Die neue Herangehensweise hätte laut Whiting im Vorjahr nicht nur in Mexiko zu einem anderen Urteil geführt. "Wir haben uns gestern mit den Rennkommissaren alle kontroversen Zwischenfälle des Vorjahres noch einmal angesehen", gibt der Brite interessante Einblicke. "Ich werde jetzt nicht ins Detail gehen, aber es war ziemlich interessant. Wir würden heute anders agieren."

Max Verstappen, Sebastian Vettel, Daniel Ricciardo

Sebastian Vettel wäre unter neuen Regeln in Mexiko nicht bestraft worden Zoom

Auslöser für diese neuen Benimmregeln im Zweikampf waren die Teams, die sich gegen den von Medien und Fans kritisierten "Strafenwahn" aussprachen. "Wir wurden von den Teams beauftragt, die Sache allgemeiner zu halten, und alles einer Grundregel unterzuordnen", sagt Whiting. "Sie wollten weniger Untersuchungen."

Dem können auch die Fahrer, die am Freitag im Fahrerbriefing von Whiting noch genauer informiert werden, einiges abgewinnen. "Wir können es auf der Strecke austragen, das ist doch positiv", meint Ricciardo. "Hoffentlich können wir uns revanchieren, wenn es mal nicht für uns läuft." Verstappen, der im Vorjahr mit kompromisslosen Manövern für Diskussionen sorgte, wird seinen Fahrstil nicht verändern: "Für mich ändert sich nichts. Ich finde es immer besser, wenn man uns frei kämpfen lässt. Darum geht's doch beim Rennfahren."


Fotostrecke: FIA-Fast-Facts Melbourne

Spurwechsel beim Verteidigen weiter nur einmal erlaubt

Doch nicht alles wird sich nun ändern: Auf die Frage, ob die Fahrer nun auch im Zweikampf auf der Geraden öfter die Spur wechseln können, klärt Whiting auf: "Das ist eine andere Regel. Es ist nach wie vor nicht erlaubt, bei der Verteidigung seiner Position mehr als einmal die Spur zu wechseln."

Und obwohl sich die FIA bemühen wird, bei eventuelle Untersuchungen nach dem Rennen "viel schneller" zu einem Ergebnis zu kommen, kann Whiting nichts versprechen: "Es gibt kein konkretes Zeitlimit." Helfen soll eine neue Video-Datenbank. "So können sich die Rennkommissare sofort auf andere ähnliche Zwischenfälle beziehen und müssen nicht mehr auf Basis ihrer Erinnerung entscheiden." Das soll eine Entscheidungsfindung nicht nur beschleunigen, sondern auch für vergleichbarere Urteile sorgen, obwohl es bei jedem Rennen andere Rennkommissare gibt.