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  • 02.03.2014 16:50

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

"Alle Teams machen sich Sorgen"

Lotus' Technischer Direktor Nick Chester spricht über die Lage seines Rennstalls nach den Formel-1-Wintertests und erklärt, wie man sich bis Melbourne steigern kann

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Wintertests sind beendet. Es gibt aber noch viele Fragezeichen bei den Teams. Da wäre zum Beispiel der neue Antriebsstrang mit dem neuen Energie-Rückgewinnungs-System (ERS), was sich speziell für die Renault-Teams als Stolperstein erwiesen hat. Auch der geringere Abtrieb im Vergleich zum Vorjahr stellt die Rennställe vor Schwierigkeiten, wie Nick Chester in Bahrain erklärt.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Albtraum-Szenario für viele Teams: Die Saison beginnt und die Technik streikt... Zoom

Der Technische Direktor von Lotus vertritt allerdings auch die Ansicht, dass niemand mit absoluter Gewissheit zum Saisonauftakt nach Melbourne reisen könne. Dafür sei die Formel-1-Technologie der Generation 2014 für alle Beteiligten noch zu neu. "Ich denke daher, alle Teams machen sich gewisse Sorgen", sagt Chester. Einhundertprozentig vorbereitet sei am Ende der Wintertests kein Rennstall.

Und so begebe sich die Formel 1 in Australien auf eine Entdeckungsreise ins Ungewisse. "Denn wenn zum Beispiel ein Problem beim Antriebsstrang oder beim ERS auftritt, kann es gut und gern drei, vier Stunden dauern, bis es gelöst ist. Jeder kann im ersten Freien Training in Schwierigkeiten geraten. Und das könnte bedeuten, dass man als Konsequenz das zweite Training verpasst", so Chester.

Die neue Formel 1 ist komplexer als je zuvor

Zumal bis Melbourne keine weiteren Tests mehr anberaumt sind und Fortschritte nur bedingt möglich sind. Zumindest haben die Teams nun aber genug Daten an der Hand, um die so wichtigen nächsten Schritte einleiten zu können, meint Chester. "Und wir werden bis Australien noch gewisse Fortschritte machen. In jedem Fall liegt viel Arbeit vor uns. Es gilt, das Paket als Ganzes zum Laufen zu bringen."

Das ist aber leichter gesagt als getan - vor allem im Fall von Renault, die von den drei Formel-1-Motorenherstellern am meisten Probleme zu haben scheinen. Doch Lotus-Fahrer Romain Grosjean will davon nichts wissen: "Was können wir da schon tun? Wir müssen einfach konzentriert am Ball bleiben. Es nützt ja niemandem, wenn wir schreiend durch das Fahrerlager rennen", erklärt er.

Auch er verweist auf das Datenstudium und sagt: "Du musst einfach das Positive sehen. Und du musst den Leuten vertrauen, dass sie ihre Arbeit gut machen. Renault tut wirklich alles. Und sie wissen ja, wie man einen Motor baut. Das haben sie in der Vergangenheit unter Beweis gestellt, indem sie gewonnen haben. Es wird funktionieren", meint Grosjean, mit viel Zurückhaltung in der Stimme.


Fotos: Testfahrten in Sachir


Welche Rolle spielt das Glück?

Aus gutem Grund, schließlich hat Lotus die angestrebten Testziele nicht zur Gänze erfüllt, wie der Formel-1-Pilot hinzufügt. Man habe "gerade mal die Hälfte" geschafft, was natürlich "nicht ideal" sei, so Grosjean. Er sei aber zuversichtlich, dass die größten Baustellen bis Melbourne abgearbeitet sein werden. Technikchef Chester baut dafür allerdings, so sagt er am Sonntag, auch auf den Glücksfaktor.

"Es braucht etwas Glück, damit alle Elemente des Autos gut miteinander harmonieren", meint der Brite, verweist zugleich aber auch auf die Bemühungen von Motorenpartner Renault. "Sie werden schon in Melbourne gewisse Veränderungen umgesetzt haben. Hoffentlich bietet uns das bessere Chancen." Chester nimmt aber auch Lotus selbst in die Pflicht, denn auch das Team habe Fehler gemacht.

Zum Beispiel am letzten Testtag in Bahrain, wie er erklärt. "Heute hatten wir zwar ein Problem mit dem Antriebsstrang, das uns aufgehalten hat, doch es traten auch ein paar Probleme mit dem Auspuff auf. Schon für Melbourne erhalten wir aber eine neue Auspuff-Spezifikation. Wir denken nämlich, wir wissen, warum es mit der bisherigen Variante schiefgegangen ist", so der Technische Direktor.


Fotostrecke: Die Nasen der Formel 2014

Auch deshalb wird, laut Chester, in Melbourne vieles aus dem Stehgreif passieren. "Und die ersten Rennen dürften richtig schwierig werden. Etwa beim dritten Rennen sollten wir uns dann aber schon in einer viel besseren Position befinden", sagt er. Fest stehe am Ende der Formel-1-Wintertests nur: "Jedes Team würde gern noch mehr testen." Doch das ist vor dem Saisonauftakt am 16. März nicht mehr drin.