• 02.01.2018 09:18

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Wieso Ferrari dreimal schlechter wirtschaftet als Force India

Die große finanzielle Formel-1-Jahresanalyse 2017: Wie viel gaben die Teams aus? Welche Mannschaft wirtschaftete am effizientesten? Alle Zahlen, Daten, Fakten

(Motorsport-Total.com) - In der Formel-1-Saison 2017 hat nur ein Team einen finanziellen Gewinn erwirtschaftet. Wie eine exklusive Analyse von 'Motorsport-Total.com' zeigt, verzeichnete die Red-Bull-Mannschaft einen Profit von 5,6 Millionen Euro, während acht Konkurrenten eine schwarze Null verbuchten. Das einzige Minus in der Szene handelte sich McLaren ein - 11,2 Millionen Euro gingen in Woking verloren. In unserer Infografik-Fotostrecke zeigen wir zahlreiche weitere wirtschaftliche Indikatoren.

Anzumerken ist, dass die positiven und ausgeglichenen Bilanzen bei Red Bull, Ferrari, Toro Rosso und Haas zustande kamen, weil die hinter den Formel-1-Teams steckenden Konzerne Geld zur Verfügung stellten. Nicht berücksichtigt ist aber der Werbewert, den das Engagement in der Königsklasse den Unternehmen brachte. Er wiegt die Investitionen in vielen Fällen um ein Vielfaches auf.

Über das größte Budget verfügte Ferrari. 395 Millionen Euro standen der Scuderia zur Verfügung, rund 23 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Davon ausgenommen: die Motorenabteilung mit 344 Millionen Euro Etat. Mercedes (327) war die Nummer zwei, gefolgt von Red Bull (242). Mit dem kleinsten Betrag auskommen musste Force India (109), wurde aber WM-Vierter der Konstrukteure.

Die Einnahmen der Teams aus Töpfen des Formula One Managements (FOM), in die TV-Gelder und Zahlungen der Seriensponsoren fließen, beliefen sich auf rund 778 Millionen Euro für das ganze Jahr. Dass Neo-Besitzer Liberty Media massive Investitionen auf Kosten des Gewinns tätigte, zeigte sich ab dem dritten Quartal. Es wurden 12,5 Prozent weniger ausgezahlt - trotz acht Prozent mehr Zuschauern bei den Grands Prix. Wahrscheinlich hält dieser Trend mindestens zwei Jahre an.

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Auf der Sponsorenseite fällt die Bilanz ambivalent aus. Zwar gewann Force India mit dem Wasserfilter-Spezialisten BWT einen zentralen Geldgeber. Gleichzeitig waren jedoch die Abgänge der Bank Santander bei Ferrari und des Modelabels Hugo Boss bei Mercedes zu verzeichnen.

Eine janusköpfige Rolle spielte der Brexit: Einerseits traf er die Formel 1 mittelbar oder unmittelbar wie die gesamte Weltwirtschaft. Andererseits war er für die Teams von Vorteil, weil sie ihre FOM-Gelder in US-Dollar beziehen, ihre Ausgaben bei Motorenherstellern und Reifenzulieferer Pirelli aber in Euro tätigen. Ergo kommen ihnen Kursschwankungen zuungunsten des Euro entgegen.

Auf der Ausgabenseite schlugen Mehrkosten für die Regelnovelle des vergangenen Winters kaum noch zu Buche, schließlich wurden sie größtenteils in der Saison 2016 budgetiert. Bei den Mitarbeiterzahlen und den Personalkosten hat die Sache jedoch spuren lassen: Insgesamt beschäftigten die Teams fünf Prozent mehr Angestellte. 100 neue Jobs und damit die meisten gab es bei Renault. Stellenabbau fand nur bei McLaren statt, wo 40 Menschen weniger arbeiteten als im Vorjahr.

Ein weiteres Instrument ist die "Bang-for-buck"-Tabelle (B4B), die den Fortschritt eines Teams während der Saison 2017 in Relation zu seinem Budget abbildet. Dazu wurden die Positionen, die eine Mannschaft in der WM-Tabelle der Konstrukteure im Laufe des Jahres gutmachte, berechnet. Als Ausgangswerte wurde durchgängig die Position zehn angesetzt, weil 2017 zehn Teams am Start waren. Mercedes als Weltmeister holte also neun Plätze auf. Dieser Wert dient als Indikator für eine positive Auswirkung des Budgeteinsatzes und wurde in der folgenden Tabelle mit dem Budget in Verhältnis gesetzt:


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"Bang-for-buck"-Index der Saison 2017:
1. Force India - 18,2 Millionen Euro pro Position
2. Williams - 27 Millionen Euro pro Position
3. Red Bull - 34,5 Millionen Euro pro Position
4. Mercedes - 36,2 Millionen Euro pro Position
5. Toro Rosso - 41,3 Millionen Euro pro Position
6. Renault - 42,2 Millionen Euro pro Position
7. Ferrari - 49,2 Millionen Euro pro Position
8. Haas - 56,2 Millionen Euro pro Position
9. McLaren - 196,6 Millionen Euro pro Position
10. Sauber - kein Fortschritt

In Summe bleibt nach der ersten Saison unter Ägide Libertys zaghafter Optimismus. Mit kommerziellen Erfolgen ist nicht vor Ende 2020 zu rechnen - wenn die Formel 1 in Sachen Einnahmenverteilung sowie beim Sportlichen und Technischen Reglement auf den Kopf gestellt werden könnte.