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Analyse: Das macht die Höhenluft mit der Formel 1

Der Mexiko-Grand-Prix ist das höchstgelegene Rennen der Formel 1 2017 und stellt die Fahrer und Teams vor besondere physische und technische Anforderungen

(Motorsport-Total.com) - Formel 1 extrem: Der Grand Prix von Mexiko auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez in Mexiko-Stadt ist das vielleicht anspruchsvollste Rennen der Formel-1-Saison 2017. Und das gleich in vielerlei Hinsicht. Denn die Höhenlage von im Schnitt 2.310 Metern über dem Meeresspiegel verlangt Fahrern, Teams und Fahrzeugen mehr ab als anderswo. Rein technisch gilt das Mexiko-Rennen etwa als echter Härtetest, hält aber auch physisch die eine oder andere Stolperfalle für die Beteiligten bereit.

Titel-Bild zur News: Lance Stroll

Die Formel 1 steht in Mexiko vor einer ganz besonderen Herausforderung Zoom

Zur Erinnerung: Mexiko ist die drittletzte Station der Formel 1 2017. Jedem im Fahrerlager stecken also schon 17 harte Rennwochenenden in den Knochen. Und seit September befindet sich die Rennserie in ihrer Übersee-Saison mit mehreren Back-to-Back-Rennen und vor allem reichlich Zeitverschiebung von einem Rennplatz zum nächsten. Das zehrt nicht nur am Nervenkostüm, sondern auch an der persönlichen Fitness. Deshalb warnt Formel-1-Arzt Riccardo Ceccarelli davor, den Grand Prix in Mexiko-Stadt auf die leichte Schulter zu nehmen.

Die Formel 1 hetzt aufgrund ihres engen Zeitplans von einem Rennen zum nächsten. "Dabei bräuchte es eigentlich etwa einen Monat, damit sich der Körper perfekt akklimatisieren kann", erklärt Ceccarelli. "Die Formel-1-Fahrer kommen aber erst fünf Tage vor dem Rennen an Ort und Stelle an. Der Körper kann sich also unmöglich so rasch umstellen. Und es gibt kein Training, das die Akklimatisierung einfacher gestalten könnte." Immerhin: Aufgrund ihrer körperlichen Fitness müssen die Rennfahrer laut Ceccarelli keine allzu großen Nebenwirkungen befürchten.

Die Fitness leidet unter der Höhe

Doch die ungewohnten Bedingungen, vor allem die Höhenlage verbunden mit weniger Sauerstoff in der Luft, hinterlassen ihre Spuren: "Die Höhe kann definitiv Auswirkungen auf deine Konzentration und deine Müdigkeit haben. Es ist schwierig, das in Prozente zu fassen, weil es keine echten Referenzpunkte gibt, doch es hat einen Einfluss - auch auf die individuelle Rundenzeit", sagt Ceccarelli und nennt ein Beispiel: "Wenn du nur ein bis zwei Zehntel pro Runde verlierst, dann summiert sich das über die Renndistanz vielleicht auf zwei oder drei verlorene Positionen."

Und die Formel-1-Perfektion leidet auch an anderer Stelle: in den Garagen der Teams. "Bei Rennen in großer Höhe wie in Mexiko verzeichnen wir generell mehr Kopfweh als anderswo." Gepaart mit dem späten Zeitpunkt im Jahr, wo die Beteiligten körperlich ohnehin auf dem Zahnfleisch gehen, sei mit den meisten Erkrankungen pro Rennwochenende zu rechnen. "Vieles davon", räumt Ceccarelli aber ein, "ist hier aber eher Magen-Darm-Problemen geschuldet. Man nennt es Montezumas Rache." Dennoch: "Die Leute werden allmählich müde, die Höhenlage macht es noch schlimmer. Der eine oder andere wird auch krank werden."


Fotostrecke: FIA-Fast-Facts Mexiko-Stadt

Red-Bull-Teamchef Christian Horner kann das gut verstehen. Er hat die entsprechenden Signale bereits in seiner Mannschaft erkannt und meint: "Die Leute sind recht müde zu dieser Jahreszeit. Sie haben schon viele Langstrecken-Flüge hinter sich, einige Back-to-Back-Rennen. Sie waren zuletzt nur für wenige Tage am Stück zuhause. Austin war schon ein hartes Rennen, danach ging es direkt weiter nach Mexiko, wo alles von vorn beginnt. Das schlaucht."

Auch die Technik muss Abstriche machen

Als Faustregel gilt: Pro Stunde Zeitverschiebung braucht der menschliche Körper einen ganzen Tag, um sich auf die neuen Bedingungen einzustellen. "So viel Zeit hatten unsere Leute aber nicht", sagt Horner. Denn der Formel-1-Rennkalender 2017 lässt nicht viele Lücken. Das bedeutet im Umkehrschluss: Bei einer so engen Taktung arbeiten die Teams nicht nur gesundheitlich, sondern auch technisch am Limit. Auf 2.310 Metern über dem Meeresspiegel trifft das noch viel mehr zu als andernorts.

"Aufgrund der Höhe verringert sich der Luftdruck", erklärt Formel-1-Experte Pat Symonds. "Dadurch hast du weniger Abtrieb und weniger Luftwiderstand. Und weil wir Turbomotoren haben, ist zwar der Leistungsverlust nicht so groß, aber der Turbo muss mehr arbeiten. Denn es muss mehr Luft eingesogen und verdichtet werden, um den gleichen Ladedruck zu erzeugen."

Aus diesem Grund rechnet sich zum Beispiel Red Bull größere Chancen aus als sonst: "Weil die Luft so viel dünner ist, bekommt der Motor gewissermaßen Atemnot. Die Leistung geht etwas zurück. Das ist gut für uns, weil so das Kräfteverhältnis ein bisschen nivelliert wird", meint Horner. Doch sein Rennstall wird in Mexiko nicht der einzige sein, der auf ein Set-up mit viel Abtrieb setzen wird - kurios, wo das Autodromo Hermanos Rodriguez doch eine der längsten Geraden im gesamten Formel-1-Kalender aufweist. Dennoch fahren die Teams dort mit maximalem Anpressdruck, also steil gestellten Flügeln, und erreichen selbst damit Geschwindigkeiten von rund 350 km/h.


Fotostrecke: GP Mexiko, Highlights 2016

Die Bremsen als entscheidender Faktor

Die hohen Topspeeds gehen jedoch zulasten der Bremsen. Die im Vergleich weniger dichte Luft sorgt also für eine weniger effiziente Bremskühlung, wie Symonds ausführt. Die Konsequenz sind große Öffnungen an den Rädern, wo die Luft zur Kühlung der Bremsen abgezweigt wird. "Überhitzung ist in Mexiko ein großes Thema", sagt Symonds. "Die Teams nutzen daher die maximalen Kühlöffnungen. Und trotzdem ist es schwierig, die einzelnen Komponenten im jeweiligen Arbeitsfenster zu halten."

"Die Temperaturen", sagt Horner, "schießen nur so in die Höhe, weil weniger Kühlluft vorhanden ist. Wenn du alleine auf der Strecke bist, ist das kein großes Problem. Knifflig wird es nur, wenn du einem anderen Fahrzeug dichtauf folgst." Und genau das wird zumindest im Rennen passieren und möglicherweise dafür sorgen, dass Duelle auf Abstand geführt werden - oder mit der Brechstange.

Dass Mexiko anders ist als andere Rennen, das hat Formel-1-Neuling Pierre Gasly übrigens schon virtuell erfahren. "Du kannst es im Simulator bis zu einem gewissen Grad spüren", sagt er über die speziellen Bedingungen vor Ort. "Doch in der Realität ist es immer ein bisschen anders. In der Realität gibt es sehr viele Parameter, die du im Simulator gar nicht kontrollieren kannst." Sein Simulator-Test in Mexiko-Stadt habe sich jedoch "ziemlich normal" angefühlt. Gasly meint aber auch: "Sonntagnacht, nach 71 Runden, könnte es sich anders anfühlen ..."

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