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  • 02.09.2017 20:39

  • von Dominik Sharaf

So fuhr Hamilton Pole: Playstation gezockt, um cool zu bleiben

Eine spontane Videospiel-Runde in der Regenpause war kein Zeitvertreib, sondern ein Psychotrick - Bottas brachte die Reifen in Q3 nicht auf Temperatur, er ließ Federn

(Motorsport-Total.com) - Cool, cooler, Lewis Hamilton: Noch während der Regenunterbrechung des Qualifyings zum Großen Preis von Italien am Samstag in Monza zockte der Mercedes-Star bestens gelaunt Videospiele - um wenig später auf die regennasse Bahn zu fahren und sich bei widrigsten Bedingungen die Pole-Position mit einer Wunderrunde unter den Nagel zu reißen. Eigentlich hatte der Ausflug vor den Fernseher einen trivialen Grund: "Ich habe Playstation gespielt, weil ich etwas nervös war", so Hamilton.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton dankte dem lieben Gott und einer japanischen Spielekonsole Zoom

Ergo lümmelte er sich mit Teamkollege Valtteri Bottas auf ein Sofa in der Mercedes-Hospitality und spielte grinsend die Motorcross-Simulation "Trials Fusion". Das Ganze war aber nicht so entspannt, wie es seinen Fans in den sozialen Netzwerken suggerieren wollte. "Heute war es mit der Pause eine Herausforderung", schnauft Hamilton. Die Befürchtung, es könne jede Sekunde mit dem Qualifying weitergehen, spukte in seinem Kopf. In diesem Moment war jede Ablenkung willkommen.

"Man steigt aus, hat 15 Minuten zum Ausruhen, steigt ein und aus. Es war schwierig, im Kopf vor lauter Energie nicht zu ermüden", sagt er über die schier endlose Warterei. Bottas erging es ähnlich, bis die Rennleitung ein Einsehen hatte und das Paddock über eine Vorwarnung vor einem Neustart informierte: "Erst als klar war, dass es zehn Minuten zuvor eine Mitteilung geben würde, konnten wir etwas relaxen", so der Finne. Kraft getankt hatte vor der Playstation offenbar nur Hamilton.

Seine Galavorstellung - 1,148 Sekunden schneller als der Rest des Feldes - lieferte er in Q3 unter enormem Druck und widrigsten Bedingungen. "Es war sehr schwierig und die Linien waren kaum zu sehen", sagt Hamilton, der in letzter Sekunde die Bestzeit Max Verstappens (Red Bull) knackte. Dass er nicht sofort auf Vollregenreifen gesetzt und damit zunächst wertvolle Zeit auf der Strecke verschenkt hatte, wertet er nicht als Versäumnis: "Der Intermediate war für alle ein Problem. Es war an der Grenze. Man konnte nicht schnell genug fahren, um sie auf Temperatur zu bekommen."

Dass es für Mercedes im Regen derart bravourös läuft, hatte Bottas nicht erwartet: "Sogar wir sind überrascht, wie schnell wir im Nassen waren - und von dem Abstand, mit dem Lewis die Pole geholt hat", staunt der Neuzugang der Silberpfeile, der Ferrari und Red Bull stärker eingeschätzt hätte. Auch Bottas ließ in Q1 und Q2 mit starken Zeiten aufhorchen, ließ danach aber mächtig Federn.

Mit dem Glanz auf seinem Haupt war es fix vorbei: "Es hat gut angefangen. Die Reifen haben funktioniert", denkt Bottas an die ersten Abschnitte. Doch schon in Q2 unterlief ihm ein Fehler in der ersten Schikane, in Q3 schwammen die Felle davon: "In der ersten Runde habe ich überhaupt keine Temperatur in die Reifen bekommen. Dann blieb mir nur noch ein Versuch. In Kurve 1 und 4 bin ich dann zu weit rausgekommen und konnte kaum bremsen, da habe ich die Runde abgebrochen."


Fotos: Valtteri Bottas, Großer Preis von Italien, Samstag


Ohne zwei saubere Runden am Stück kam er über den sechsten Rang nicht hinaus und musste sich von Hamilton 2,279 Sekunden Rückstand aufbrummen lassen. Der Brite hätte seine Pneus besser angewärmt, folgert Bottas: "Ob die Reifen im Fenster sind oder nicht, kann zwei Sekunden ausmachen." Aber: Dank der Red-Bull-Strafen hat er mit Startplatz vier eine gute Ausgangsposition. "Es sieht auf dem Papier übel aus, ist aber nicht schlecht." Bottas erwähnt ein gutes Auto und sieht es als Pflichtaufgabe, sich rasch die vor ihm startenden Lance Stroll und Esteban Ocon zu schnappen.

Lewis Hamilton

Feindliches Terrain: Auch Lewis Hamilton erkundete in Monza die Auslaufzone Zoom

Und Hamilton? Für ihn zählt nur der Sieg. Noch mehr als vor dem Qualifying. "Hoffentlich ist es ein normaler italienischer und schöner Tag", setzt er seine Jetons trotz der starken Regenleistung auf Kaiserwetter. Rutschig wird es nach den Schauern jedoch trotzdem, weil der Gummi von der Bahn gespült worden ist: "Selbst dann wir die Strecke grün sein", prognostiziert Hamilton. Mercedes' Team-Aufsichtsrat Niki Lauda weiß ohnehin, dass für die Silberpfeile in Monza die Stunde geschlagen hat: "Mercedes muss hier gewinnen - mit Hamilton auf Platz eins und Bottas auf Rang zwei, wenn wir etwas für den Titel tun wollen. Ferrari war in Spa etwas schneller. Wenn wir so nach Singapur fahren, wo wir sicher verlieren werden, dann ist es schneller vorbei als wir denken."