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Red Bull robbt sich ran: Den nächsten Sieg vor Augen?

Red Bull ist langsam in der Spitzengruppe angekommen: Zwar fehlt auf Mercedes und Ferrari noch ein Stück, doch die nächsten Strecken kommen den Bullen entgegen

(Motorsport-Total.com) - Wer hätte das zu Saisonbeginn gedacht: Daniel Ricciardo stand beim Großen Preis von Österreich bereits zum fünften Mal in Folge auf dem Podium. Der Australier ist immer da, wenn es von den Topteams Mercedes und Ferrari etwas abzustauben gibt. Red Bull kommt nach den anfänglichen Problemen zu Saisonbeginn immer besser in Fahrt und kann sich weiter an die Spitze heranrobben. Noch fehlt jedoch etwas.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo

Daniel Ricciardo konnte in Spielberg über den fünften Podestplatz in Serie jubeln Zoom

"Wir sind innerhalb von zehn Sekunden zum Rennsieger angekommen - und das in einem Rennen ohne Safety-Car", unterstreicht Teamchef Christian Horner die Fortschritte. "Wir haben den Abstand definitiv verringert", sagt er und hofft, dass sich der Trend auch in den weiteren Rennen fortsetzen kann. "Es kommen noch ein paar Dinge, und jeder arbeitet hart", so der Brite.

Geholfen hat, dass sich Design-Guru Adrian Newey in den vergangenen Wochen wieder mehr auf die Formel 1 konzentriert hat. Laut Horner arbeitet Newey zwar noch zu 40 Prozent an Projekten für Aston Martin, doch es sei großartig, den Hauptfokus wieder auf der Königsklasse zu haben. "Man kann aber nicht sagen, dass es eine 1:1-Reaktion ist", meint er weiter.

Mit anderem Motor auf Topniveau?

Red Bull habe die Korrelationsprobleme zwischen Windkanal und Strecke mittlerweile verstanden und konnte darauf reagieren. Hinzu kommt, dass auch Motorenpartner Renault Fortschritte bei der Antriebseinheit gemacht hat. Man hat die Zuverlässigkeit stark verbessert, wodurch man auch eine bessere Performance nutzen kann. "Der Renault-Antrieb ist ganz sicher schon erheblich besser geworden", bestätigt Max Verstappen.

Doch er weiß auch, dass andere Motorenhersteller noch besser sind: "Wo wären wir mit einem Mercedes- oder Ferrari-Aggregat im Heck?", fragt sich der Niederländer. Daniel Ricciardo kennt (vermutlich) die Antwort: "Bezüglich Chassis sind wir noch nicht ganz auf dem Niveau von Ferrari und Mercedes, aber schon sehr nahe dran", sagt der Australier. Also wäre man doch wieder in der gleichen Position hinter den beiden Topteams?

Verstappen hat seine Zweifel: "So richtige Vergleiche kann man nicht anstellen", sagt er. Denn so richtig auf die Probe stellen konnte man den RB13 noch nicht. "Wer mehr Power hat, kann auch mehr Abtrieb fahren. Das könnte dann sogar ein ganz gewaltiger Sprung sein", überlegt er sich, was passieren würde. "Aber man weiß es halt nie."

Bis zur Sommerpause gute Strecken

Und so muss sich der Rennstall auf das besinnen, was er hat. Der Renault-Motor ist ein kleiner Nachteil, wie sich auch in Spielberg wieder gezeigt hat. Lewis Hamilton konnte nämlich in der Schlussphase noch einmal deutlich zulegen und das wahre Potenzial seines Boliden zeigen. "Lewis durfte in den letzten zehn bis 15 Runden den Motor aufdrehen, und das waren plötzlich vier oder fünf Zehntelsekunden Unterschied. Diese Möglichkeiten haben sie noch", hat Horner erkannt.

Da verwundert es den Teamchef umso mehr, dass Daniel Ricciardo in Kanada, Aserbaidschan und Österreich jeweils auf dem Podium stand, obwohl die Kurse die Schwächen von Red Bull schonungslos offenlegen. Wie gut, dass nun bis zur Sommerpause Strecken anstehen, die dem Team eher in die Hände spielen sollten. Sowohl Silverstone wie auch Budapest gelten als gutes Pflaster.


Fotostrecke: GP Österreich, Highlights 2017

"In Spielberg waren wir in den schnellen und mittelschnellen Ecken gut dabei. In Silverstone gibt es auch zahlreiche solcher Kurven", meint Ricciardo. "Allerdings gibt es auch einige Geraden. Grundsätzlich denke ich aber, dass wir in Silverstone nah dran sein sollten. Und dann kommt Budapest. Das wird gut! Die Strecke liegt uns ganz einfach. Es kommen dann auch weitere Updates."

Antriebsstrafen drohen

Es scheint so ein wenig wie im vergangenen Jahr zu sein. Auch da war Red Bull am Saisonstart noch nicht wirklich bei der Musik, konnte am Saisonende aber durchaus eine gute Rolle spielen, wie der Doppelerfolg in Malaysia beweist. "Es ist so ähnlich wie im vergangenen Jahr", meint auch Ricciardo. "Vor der Sommerpause legen wir zu und finden noch richtig Tempo im Auto. Dieser Trend scheint 2017 genauso zu sein."

Jedoch gibt es auch noch die Kehrseite. In Spielberg verbauten Ricciardo und Verstappen jeweils die vierte MGU-H in Auto. Damit hat man schon vor der Saisonhalbzeit keinen Wechseljoker mehr. Auch beim Verbrennungsmotor und dem Turbolader ist man mit je drei Elementen schon über dem Soll angekommen. Das heißt, dass Red Bull bei den kommenden Rennen Strafversetzungen drohen.

Ricciardo hofft, dass man zumindest noch bis zur Sommerpause kommt, ohne in der Startaufstellung zurück zu müssen, denn die Strecken danach sind eher für große Aufholjagden geeignet: "Wenn ich es mir aussuchen könnte, dann würde ich einen solchen Rückschlag eher für Monza wählen als für Budapest", sagt er klar, während es Teamkollege Verstappen eher locker sieht: "Wenn es soweit ist, dann müssen wir damit umgehen. Dann kämpfen wir uns halt im Rennen nach vorn. Das wird ganz lustig."

WM-Zug ist abgefahren

Der Niederländer hat allen Grund, die Sache auf die leichte Schulter zu nehmen, denn viel kann er in diesem Jahr nicht mehr erreichen. Mit fünf Ausfällen in den vergangenen sieben Rennen ist der Zug für eine gute WM-Position schon abgefahren. Mit 45 Punkten liegt er sogar hinter Force Indias Sergio Perez und wird das Jahr Rennen für Rennen angehen. Ähnliches gilt für Ricciardo, der zwar 107 Punkte besitzt, ebenfalls aber keine großen Titelchancen mehr hat.

"Wir liegen 63 Punkte hinter Sebastian (Vettel; Anm. d. Red.)", winkt Horner ab. "Wir denken nicht an die Meisterschaft, sondern daran, Performance an das Auto zu bekommen. Wir sehen uns derzeit nicht als Titelkandidaten. Wir kommen zu jedem Rennen und wollen alles geben und die Lücke schließen. Wenn er innerhalb von 15 oder 20 Punkte wäre, wäre das eine andere Geschichte. Aber 63 vor der Halbzeit ist ein bisschen optimistisch."