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Erklärt: Warum sich nur Grosjean über die Bremsen beschwert

Haas wagte in Silverstone einen neuen Anlauf mit Carbon-Industrie-Bremsen - Wandert mit dem neuen Material das Problem jetzt zu Kevin Magnussen?

(Motorsport-Total.com) - Seit rund einem Jahr kämpft das Haas-Team in der Formel 1 mit den Bremsen bei Romain Grosjean. Zum Großen Preis von Großbritannien 2017 gab es einen erneuten Vergleichstest zwischen den Produkten von Carbon Industrie und Brembo. Romain Grosjean setzte auf das neue CI-Produkt, während Kevin Magnussen mit dem bisherigen Brembo-Material ausrückte. Für Grosjean ging es bis ins Q3, wo er sich mit Lewis Hamilton ins Gehege kam. Kevin Magnussen schied im nassen Q1 aus. (Zum Qualifying-Ergebnis)

Titel-Bild zur News: Bremse, Bremsscheibe

Die Bremsen trieben Romain Grosjean bisher in den Wahnsinn Zoom

Nach langen Vergleichstests am Freitag war jeder gespannt, mit für welchen Bremsenlieferanten sich Haas denn nun für den Rest des Wochenendes entscheiden würde. "Für beide!", lacht Teamchef Günther Steiner am Samstagmorgen. "Einer fährt mit Brembo und einer mit Carbon Industrie." Konkret fuhr Magnussen mit Brembo-Material, weil er im 1. Freien Training am Freitag sein Cockpit für Antonio Giovinazzi räumen musste.

Grundverschiedene Fahrstile machen es schwer

Doch warum ist es immer nur Romain Grosjean gewesen, der sich lautstark über die Bremsen beschwerte? "Es stimmt, Romain ist etwas empfindlicher, weil sein Fahrstil ein anderer ist", gibt Steiner die Antwort. Konkret ist Grosjean sehr spitz unterwegs. "Er fährt auf die Kurve zu, knallt die Bremse volles Rohr rein und lenkt dann erst ein", beschreibt es sein Teamchef. Magnussen hingegen verlässt sich mehr auf das sogenannte Trail Braking, bremst also in die Kurve hinein und nimmt den Bremsdruck kontinuierlich zurück. Ein Fahrstil, den das Brembo-Produkt bevorzugt. (So lief das Qualifying zum Großen Preis von Großbritannien 2017)

Mit Carbon Industrie hatte hingegen wieder Magnussen in seiner spärlichen Trainingszeit seine Mühe. Während Grosjean bei seinem brutalen Bremsvorgang vor der Kurve mit dem neuen Produkt glücklich zu werden scheint, hat Magnussen mit seiner feinfühligeren Art Probleme. Beim Trail Braking, das in Silverstone unter anderem in der Brooklands-Kurve angewendet wird, muss der Bremsdruck kontinuierlich zurückgenommen werden. Das ging Magnussen mit Brembo-Material deutlich leichter von der Hand. Dies wird mit ein weiterer Grund gewesen sein, warum er auf das bewährte Material setzt.

Ausgerechnet Verbremser kostet Grosjean in Q3

Im Qualifying gab es für Grosjean die Probe aufs Exempel. Und er kämpfte sich bis ins Q3, wo es dann aber nicht lief. Nachdem er auf seinem ersten Versuch sich durch Lewis Hamilton um dreieinhalb Zehntelsekunden betrogen fühlte, war es dann im zweiten Anlauf ausgerechnet ein Fehler beim Bremsen, der ihn um eine bessere Zeit brachte. "Wie aus dem Nichts sind mir plötzlich die Hinterräder in Kurve drei blockiert, das hat mich nahezu eine halbe Sekunde gekostet", ärgert sich der Franzose mit der doppelten Staatsbürgerschaft. Problem also doch noch nicht behoben? Darüber schweigt er sich aus.

Jedenfalls geht er mit einem ambivalenten Gefühl aus dem Qualifying auf dem Silverstone Circuit. "Ich bin mit Platz zehn nicht vollständig zufrieden. Es ist schön, es ins Q3 zu schaffen, aber dort wäre so viel mehr drin gewesen. Deshalb bin ich ein bisschen enttäuscht." Doch zumindest hat er seine neuen Bremsen.


Erklärt: So funktioniert Trail Braking

Magnussen verliert bei Regen-Lotterie

Die Bremsen können für Kevin Magnussens frühes Ausscheiden wohl am wenigsten. "Ich würde sagen, dass er auf der entscheidenden Runde, kurz bevor es wieder zu regnen begann, in der schlechtest denkbaren Position war", begründet Teamchef Günther Steiner den schwachen Auftritt des Dänen, der nur 17. wurde. "Wir haben in der Lotterie mit einem Fahrer gewonnen und mit dem anderen verloren. Wir müssen den Kopf hochhalten und schauen, dass wir ihn morgen in die Punkte bringen."

Magnussen sieht die Sache etwas negativer: "Wir waren einfach nicht schnell genug. Wir haben es nicht gut getimt mit dem Wetter. Aber wir hatten auch nicht die Pace. Es ist ein etwas merkwürdiges Gefühl, jetzt in Q1 auszuscheiden, nachdem wir zuletzt in Österreich noch Q3-Kandidaten waren. Es ist ein Auf und Ab, da müssen wir mehr Konstanz reinbringen." Die Frage bleibt nun, mit welchen Bremsen Haas die Saison nun weiterfährt. Momentan scheint ein Split zwischen den beiden Fahrern die sinnvollste Lösung zu sein.


Fotos: Großer Preis von Großbritannien, Technik