• 24.06.2017 17:49

  • von Dominik Sharaf

Von wegen Debakel: Neues Set-up rettete Lewis Hamilton

Die Mercedes-Mannschaft lief in Baku unter widrigen Umständen zur Topform auf und schnappte sich die erste Startreihe - Hamilton hielt Wunderrunde für unmöglich

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton kann's nicht lassen: Im Qualifying zum Aserbaidschan-Grand-Prix zauberte der Mercedes-Star wieder eine Fabelrunde in 1:40.593 Minuten auf denn Asphalt, die ihm die Pole-Position für das Rennen in Baku sicherte. "Extraklasse" nennt Sportchef Toto Wolff die Leistung. Niki Lauda kommt aus dem Schwärmen nicht heraus: "Lewis' Runde war unvergleichlich. Es gibt niemanden sonst, der das kann." Dabei standen noch 24 Stunden zuvor die Zeichen auf Enttäuschung.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Hamilton rief in Baku eine fast perfekte Runde ab - als der Druck am größten war Zoom

Denn Hamiltons schwache Leistung im ersten und zweiten Freien Training hatte Mercedes bangen lassen, ob wie in Russland und Monaco die Vorderreifen beim Briten nicht auf Temperatur kommen würden. "Es war eine Dysbalance im Auto, sodass der Pilot kein Vertrauen aufbauen konnte", sagt Wolff. Doch die Ingenieure leisteten ganze Arbeit: "Es ist mit einer Set-up-Änderung behoben worden. Die Fahrer fühlen sich viel wohler." Und haben Vertrauen in ein rutschendes Auto gefunden.

'RTL'-Experte Timo Glock weiß, woran die Silberpfeile geschraubt haben: "Bei Lewis ist das innere Rad immer ein bisschen abgehoben", erinnert er an die Probleme des Freitag. "Die Hinterachse war im Rollen relativ weich. Vorne fährt man dann relativ steif um die aerodynamische Balance hinzubekommen. Das hat man anscheinend besser in den Griff bekommen." Mit mehr Flexibilität vorne hatten die Mercedes-Asse mehr Kontrolle. Beim Bremsen und Einlenken waren sie viel präziser.

Dennoch standen Hamilton vor dem letzten Versuch in Q3 die Schweißperlen auf der Stirn. Denn bei seinem ersten schnellen Umlauf war ihm in der Schlusskurve ein Verbremser unterlaufen, der rund 0,6 Sekunden gekostet hatte. Er wusste, dass die Zeit, die ihn bis dato auf Platz zwei hinter Valtteri Bottas hielt, für Ferrari und für Red Bull angreifbar war. Eine sichere Bank war der Wert nicht. "Ich stand so unter Druck", meint Hamilton über "eine der spannendsten Runden des Jahres".

Hinzu kam, dass Mercedes aufgrund der roten Flagge durch den Unfall Daniel Ricciardos umdisponieren musste. Statt zweien fuhr man nur eine Aufwärmrunde, um vor Ablaufen der Restzeit von 3:33 Minuten über den Zielstrich zu kommen. Das sorgte bei Wolff für Bauchschmerzen, schließlich sind die Piloten mit der "kapriziösen Diva" W08 auf eine optimale Vorbereitung angewiesen: "Weil der Reifen so lange braucht, um in ein optimales Betriebsfenster zu kommen", erklärt er.

Valtteri Bottas

Valtteri Bottas wurde vom Teamrivalen einmal mehr knapp geschlagen Zoom

Auch Hamilton ahnte, dass die Pneus mit nur einem vorausgegangen Umlauf zu kalt sein könnten: "Es war mir klar, dass es mit einer Runde schwierig würde. Lewis hat im Auto gesagt, dass es sich nicht ausgehen würde", so Wolff. Doch der Ex-Weltmeister reihte Sektorbestzeit an Sektorbestzeit, war sich einer Sache aber nicht sicher: "Ich sah Valtteri vor mir und ahnte, wie gut die Runde war", erinnert Hamilton an den vor ihm fahrenden Stallgefährten Bottas, dem 0,434 Sekunden fehlten.

Ärgerlich für den Finnen, der im bisherigen Saisonverlauf die Reifen am Mercedes besser auf Temperatur bekam als Hamilton: "Es ist enttäuschend. Ich hatte auf die Pole-Position gehofft", hadert Bottas, der im Gegensatz zum Teamrivalen nach dem ersten Versuch in Q3 eine Zeit nahe dem Limit verbucht hatte - in Kurve 8 hatte er die Bande touchiert. Zum Schluss passte es nicht mehr: "Die Runde war nicht perfekt. Ich habe vorne links keine Temperatur in den Reifen bekommen."

Den Sieg in Aserbaidschan hat Toto Wolff trotz der perfekten Ausgangsposition nicht als sicher verbucht: "Wir wissen nicht, was das richtige Set-up für das Rennen ist", grübelt er und hofft, dass seine Schützlinge sich beim Losfahren vor den Ferrari halten: "Vieles hängt vom Start ab, weil man danach nur schwierig vorbeikommt. Bei den Strategien gibt es nicht viele Spielvarianten, aber man hat in Monaco gesehen, dass ein Overcut funktionieren kann." Auch Red Bull hat Wolff noch auf der Rechnung.