Honda in der Defensive: Verständnis für harte McLaren-Kritik

Hondas Motorenchef Yusuke Hasegawa zeigt Verständnis für die harte Kritik von Zak Brown - Der McLaren-Boss erklärt die Beweggründe für seine scharfen Worte

(Motorsport-Total.com) - Zak Brown sorgte in dieser Woche mit einem Interview für eine Menge Aufsehen. Der McLaren-Geschäftsführer kritisierte Honda im Gespräch mit 'Reuters' so scharf wie noch nie und stellte sogar eine Trennung vom Motorenpartner am Ende des Jahres in Aussicht. "Die Grenze ist erreicht", stellte Brown klar. Logischerweise ist seine harte Kritik auch an den Japanern nicht vorbeigegangen. Honda-Motorenchef Yusuke Hasegawa zeigt sich jedoch verständnisvoll für die harten Worte aus Woking.

Titel-Bild zur News: Yusuke Hasegawa

Yusuke Hasegawa kann und will der Kritik von Zak Brown nicht widersprechen Zoom

"Ich werde nicht darauf antworten", erklärt Hasegawa im Rahmen des Großen Preises von Kanada in Montreal mit einem etwas gequält wirkenden Lächeln. Der Japaner verrät: "Wir haben erst heute Morgen noch miteinander gesprochen. Die Situation ist natürlich frustrierend, und wir sind von den Ergebnissen enttäuscht. Daher ist es kein Wunder, dass einige Beschwerden kommen. Wir können nur unser Bestes für das Team geben."

Besonders Browns Aussage, dass Honda aktuell ratlos wirke, wie man die Krise überwinden könne, dürfte die stolzen Japaner getroffen haben. "Es ist sehr schade, dass wir sie nicht überzeugen können, dass wir es schaffen", gibt sich Hasegawa auch hier verständnisvoll und erklärt, dass man wisse, dass man sich "in allen Bereichen" verbessern muss. Er betont, dass man mit McLaren weiterhin "in die gleiche Richtung" arbeiten werde.

Brown legt mit Kritik noch einmal nach

Brown nutzt seinen obligatorischen Medientermin am Freitagabend in Montreal derweil, um seiner Kritik noch einmal Nachdruck zu verleihen. In diesem Jahr habe Honda einen "Rückschritt" gemacht, was für McLaren "inakzeptabel" sei. "Die Dinge müssen sich ändern - und sie müssen sich schnell ändern", fordert der McLaren-Boss noch einmal. Den Wechsel zu einem anderen Motorenhersteller schließt er erneut nicht mehr aus.

"Wir müssen die Entscheidung nicht heute treffen, aber wir werden es bald genug tun. Wir werden die Entscheidung treffen, die im besten Interesse von McLaren ist", stellt Brown klar. Eine offizielle Deadline gibt es in der Motorenfrage für 2018 zwar nicht, aber Brown deutet an, dass man die Sommerpause ungefähr als "Zeitfenster" anpeile. Diese beginnt Ende Juli nach dem Großen Preis von Ungarn.

Gleichzeitig betont Brown auch noch einmal, dass eine weitere Zusammenarbeit mit Honda trotz allem die erste Wahl für das Team sei. Dafür müsste sich allerdings eine deutliche Besserung der aktuellen Situation einstellen. Aktuell sei man noch immer bereit, "110 Prozent" in die Partnerschaft mit den Japanern zu investieren. Für 2018 müsste Honda allerdings große Fortschritte garantieren können, damit es weitergeht.


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Doch woher kommt dieser Sinneswandel? Noch vor kurzer Zeit betonte Brown, dass McLaren komplett hinter Partner Honda stehe. Zu diesem Zeitpunkt ging man in Woking allerdings auch noch davon aus, dass die Japaner einige große Updates nach Kanada mitbringen würden. "Vor einiger Zeit haben wir dann erfahren, dass wir diese nicht bekommen werden. Das waren sehr enttäuschende Nachrichten", erklärt Brown.

Honda konnte Versprechen nicht halten

Offenbar brachte das das Fass dann letztendlich auch zum Überlaufen. "Während der Testfahrten (im Winter; Anm. d. Red.) waren wir sehr frustriert und enttäuscht. Aber sie haben uns einen Plan vorgelegt", berichtet Brown. Daher sei man zunächst einmal ruhig geblieben. Doch einige der versprochenen Updates hätten später nicht wie gewünscht funktioniert, und anderen seien eben noch nicht einmal fertig.

Jetzt müsse man "hinterfragen", ob man unter diesen Umständen noch zusammen weitermachen kann. Honda müsse nachweisen, dass man die Schwächen des Antriebs in den kommenden Monaten beheben kann. "Ich denke, dass ich nichts gesagt habe, was unfair oder falsch war", verteidigt Brown sein Interview noch einmal und erklärt: "Wir haben viele Fans und Partner, die Fragen stellen, auf die sie Antworten verdient haben."

Ist das Vertrauensverhältnis zwischen beiden Parteien nun nachhaltig gestört? Laut Brown ist die Beziehung zu Hasegawa weiterhin "gesund", man spreche permanent miteinander. Für ihn sei es die einzige Möglichkeit, "offen und transparent" über die Probleme zu sprechen. "Wenn wir hier säßen und sagen würden, wie toll das Leben doch ist, dann würden sich alle fragen, warum ich noch nicht gefeuert wurde", lacht er.


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"Ich denke, dass niemand McLaren am Boden sehen will. Das ist nicht gesund für den Sport", erklärt Brown weiter und ergänzt, dass man im Falle einer Trennung von Honda auf jeden Fall einen neuen Motorenpartner finden werde. Details will Brown allerdings nicht verraten. Gegenüber 'BBC Radio 5' hatte er zuvor bereits nebulös angedeutet, dass es für 2018 "einen Plan B und einen Plan C" gibt.