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Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Dumme Fehler sind auch schon anderen passiert, aber Valtteri Bottas' Safety-Car-Dreher in Schanghai kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt

Liebe Leser,

selten ist es uns so schwer gefallen wie nach dem Grand Prix von China in Schanghai, einen Verlierer des Wochenendes "schlecht schlafen" zu lassen. Fernando Alonso? Hatten wir schon nach Melbourne. Pascal Wehrlein? Hätte sicher schlechter geschlafen, wenn sein hochgelobter Ersatzmann nicht zweimal gecrasht wäre. Jemand von Red Bull? 2017 nur noch Nummer 3 im Feld, ja, aber Tendenz immerhin steigend. Gar nicht so einfach also.

Einer dürfte allerdings in der Tat geplagt sein, weil er im Rennen richtig Mist gebaut hat: Valtteri Bottas. Sich beim Aufwärmen der Reifen hinter dem Safety-Car zu drehen, das (oder ähnliches) ist schon Größeren passiert. Michael Schumacher, David Coulthard, Juan Pablo Montoya fallen einem da ein.

Unglücklich ist aber das Timing eines solchen Anfängerfehlers. Denn Bottas traut ohnehin kaum jemand zu, die Fußstapfen von Nico Rosberg ganz zu füllen. Wenn er überhaupt eine Chance haben möchte, mit Hamilton auf Augenhöhe zu kommen, dann am ehesten noch über das vielzitierte Momentum. Das ist wohl die einzige Chance für etwas weniger begnadete Fahrer, mit den außergewöhnlich begnadeten mitzuhalten oder sie sogar einmal zu schlagen.

Rosberg hat das gegen Hamilton geschafft, indem er auf einer Welle von Seriensiegen surfte (Momentum eben) und 2016 härter denn je arbeitete, um endlich Weltmeister zu werden. Ich stelle die gewagte Theorie auf: Hätte Hamilton 2016 in Melbourne gewonnen, wäre alles ganz anders gekommen.

Bottas hatte in Melbourne ein Erfolgserlebnis. Er war Hamilton zwar nicht ebenbürtig, aber er war näher dran, als ihm viele zugetraut hätten. Auch im Qualifying in Schanghai. Aber das Tausendstel-Pech gegen Sebastian Vettel ist ebenso unglücklich wie der Verlauf des Rennens.

Jetzt könnte man sagen: dumm gelaufen, kann passieren. Das Problem ist nur: Super-Champions wie Hamilton (jetzt schon) oder Verstappen (vielleicht in Zukunft) passieren solche Dinge eben nicht. Sie haben kein Tausendstel-Pech, sondern Tausendstel-Glück, und das Momentum haben sie meistens auf ihrer Seite.

Bottas ist sicher kein neuer Heikki Kovalainen. Dafür ist er viel zu talentiert. Aber wenn er nicht bald sein erstes großes Erfolgserlebnis hat und Hamilton einmal knackt, läuft er Gefahr, bei Mercedes in genau die Rolle geschoben zu werden, in der ihn viele Beobachter ohnehin schon längst sehen.

Nämlich die der Nummer 2.

Wer sonst noch schlecht geschlafen hat:

Kimi Räikkönen: Nun ist es kein Drama, gegen Sebastian Vettel nach zwei Rennen mit 22:43 Punkten und 0:2 Qualifyings im Hintertreffen zu sein. Ungünstig ist aber, wenn Oberboss Sergio Marchionne anfängt, öffentlichen Druck auszuüben - und obendrein auch noch der Vertrag am Jahresende ausläuft. Der 37-Jährige kommt mit dem Untersteuern des neuen Ferrari nicht klar. Sollte er aber bald. Sonst wird er 2018 mehr Zeit haben, sich um Sohn Robin zu kümmern, als ihm lieb ist. Schade eigentlich, denn so viel geredet wie in dieser Saison hat der "Iceman" noch nie!

Antonio Giovinazzi: Nach Melbourne schon als künftiger Ferrari-Star gefeiert, wurde der GP2-Vizemeister in Schanghai von der Realität eingeholt. Gleich zweimal verschrottete er seinen Sauber mit einem Anfängerfehler, und manche werden sich erinnern: Auch in Melbourne hat er einen besseren Startplatz im entscheidenden Moment selbst verschenkt. Fehler, die einem Rookie mal passieren können. Die aber auch einiges in die richtigen Relationen setzen. Und, nebenbei bemerkt, Pascal Wehrlein wieder beruhigt schlafen lassen ...

Ihr

Christian Nimmervoll

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