Sebastian Vettel "pragmatisch": Im Qualifying fehlt noch was

Ferrari fehlen noch ein paar km/h Topspeed, aber die Stimmung im Team könnte vor Bahrain besser nicht sein - Sebastian Vettel: "Sind gleichwertiger Gegner"

(Motorsport-Total.com) - Für Ferrari hätte die Formel-1-Saison 2017 kaum besser beginnen können: Sieg durch Sebastian Vettel in Melbourne, Platz zwei in Schanghai - und mit 43 Punkten die WM-Führung, ex aequo mit Mercedes-Superstar Lewis Hamilton. Noch wichtiger als der Punktestand ist aber die Erkenntnis: Ferrari war nicht nur auf der wenig repräsentativen Strecke in Melbourne zumindest auf Augenhöhe mit Mercedes, sondern auch in Schanghai. Der positive Trend verfestigt sich.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel kommt mit einem positiven Gefühl nach Bahrain Zoom

"Wir haben als Team einen großen Schritt gemacht. Ich muss ihnen danken. Sie haben mir ein besseres Auto gegeben", lobt Vettel. Dass er das wirklich so meint, beweist sein Funkspruch nach der Zieldurchfahrt in Schanghai. Ferrari sei schneller als Mercedes gewesen, jubelte er da voller Adrenalin, und konnte sich ausnahmsweise auch über einen zweiten Platz freuen. Weil er weiß, dass er 2017 das Material hat, um es im WM-Kampf mit Hamilton aufzunehmen.

Doch Vettel lässt die Bäume nicht in den Himmel wachsen: "Pragmatisch betrachtet, wenn man den bisherigen Durchschnitt nimmt, kann man sagen, dass wir im Qualifying noch ein bisschen Rückstand haben. Im Rennen sind wir denke ich ein gleichwertiger Gegner. Lewis hatte in Australien Probleme mit seinen Reifen. Wir weniger." Und: "Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir dazu in der Lage sind, es mit Mercedes aufzunehmen. Hoffentlich gelingt uns das immer öfter."

Abstand wird immer geringer

Dem 29-Jährigen fehlten in Melbourne 0,268 Sekunden auf Hamiltons Pole-Position; in Schanghai, trotz extrem langer Gerade (aber dafür mit mehr mittelschnellen und schnellen Kurven), nur noch 0,186. Im ersten Sektor mit der Schneckenkurve, in der die Aerodynamik voll gefordert ist, war Vettel sogar schneller als Hamilton. Im zweiten und dritten Sektor, wo es mehr geradeaus geht, fehlten ein paar PS - beziehungsweise 2,7 km/h Topspeed.

Das mag zu einem nicht unerheblichen Teil am speziellen Qualifying-Modus liegen, den Mercedes antriebsseitig auf eine schnelle Einzelrunde freigeben kann. Prinzipiell kann das auch Ferrari, aber weniger stark ausgeprägt. Nur: Im Rennen war Vettel stets um einen Tick der Schnellere, wenn beide freie Fahrt hatten. Das kann einen leichten Vorteil für Ferrari bedeuten - oder dass Hamilton nicht voll gepusht hat, weil er nicht pushen musste.

Vettel hat in Bahrain schon zweimal gewonnen

Über all das macht sich Vettel keine Gedanken: "Einmal waren wir davor, einmal dahinter", sagt er. "Ich versuche, die Dinge nicht zu verkomplizieren. Das macht im Moment nicht viel Sinn. In Australien, kann man sagen, waren wir ein bisschen davor. In China ein bisschen dahinter. Nächste Woche werden wir sehen, wie es wird." Seit 2014 war Bahrain Mercedes-Terrain. Aber auch Vettel hat dort schon gewonnen: 2012 und 2013 auf Red Bull.

Der Vettel-Faktor spielt in der neuen Formel 1 mit breiteren Autos, breiteren Reifen und höheren Kurvengeschwindigkeiten wieder eine größere Rolle: "Ich mag diese Formel, in der man richtig ans Limit pushen muss. Jetzt sind die Autos wieder so, wie sie vor ein paar Jahren waren, und so soll es auch sein." Seine schwächste Saison war 2014, seine letzte auf Red Bull. Und noch nie war ein Bahrain-Grand-Prix so langsam wie in jenem Jahr: 185,476 km/h Siegerschnitt.


Fotostrecke: GP Bahrain, Highlights 2016

Vettel: Das Fundament steht

"Das Team", sagt er, "hat mir dieses Jahr ein tolles Auto gegeben, gleich vom ersten Tag an. Und ich bin guter Dinge, dass wir uns weiter steigern können. Das Team wächst noch zusammen. Wir können noch große Fortschritte machen, aber ich spüre und das Team spürt, dass es vorangeht, sowohl direkt als auch indirekt. Wir haben keine Hektik. Wir machen unsere Arbeit und wissen, dass wir stark sein können. Das Fundament steht. Jetzt müssen wir drauf aufbauen."

Denn bei aller Euphorie über den starken Ferrari-Saisonauftakt: Es sind erst zwei von 21 Rennen gefahren. "Wir haben April", relativiert Vettel. "Es ist noch eine lange Saison. Aber das Wichtigste ist, dass wir Spaß haben." Sowohl vor als auch hinter den Kulissen. Selbst der sonst oftmals kritische Oberboss Sergio Marchionne schlägt momentan versöhnliche Töne an: "Ich bin begeistert. Die ganze Arbeit, die wir von Anfang an in das Projekt gesteckt haben, hat sich gelohnt."

Sebastian Vettel

Sebastian Vettel wirft ein Auge auf das, was die Konkurrenz so treibt Zoom

"Trotzdem liegt noch ein langer Weg vor uns. Wir stehen ganz am Anfang", weiß der FIAT-Chrysler-Konzernchef. "Es sind aber die ersten Zeichen. Dieses Auto wurde von einer Gruppe von Leuten gebaut, die wir aus den eigenen Reihen geholt haben - sie haben die technische Verantwortung übernommen und den ganze Wagen inklusive des Motors zu verantworten." Unter der Gesamtregie von James-Allison-Nachfolger Mattia Binotto.