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Adrian Newey warnt: Zeit für Reglement 2021 läuft davon

Stardesigner Adrian Newey freut sich über die durchdachte Herangehensweise des neuen Regelmachers Ross Brawn und fordert einen raschen Arbeitsbeginn

(Motorsport-Total.com) - Stardesigner Adrian Newey begrüßt, dass sein ehemaliger Rivale Ross Brawn nun im Auftrag von Liberty Media für das Formel-1-Reglement der Zukunft verantwortlich ist. Es sei "eine gute Sache", dass Brawn engagiert wurde, um in aller Ruhe Ziele zu formulieren und auszuarbeiten, wie diese am besten erreicht werden können.

Titel-Bild zur News: Adrian Newey

Adrian Newey bei den derzeit stattfindenden Testfahrten in Barcelona Zoom

Genau diese Sorgfalt hat die Formel 1 bei manchen Regeländerungen der vergangenen 15 Jahre schmerzlich vermissen lassen. Bestes Beispiel: das Qualifying-Format. Aus dem klassischen Qualifying mit je einer Stunde am Freitag und Samstag wurde zunächst eine reine Samstags-Session, zwischendurch ein von vielen Fans fast schon vergessenes Einzelzeitfahren und schließlich das Ausscheidungsfahren in drei Segmenten, wie wir es heute kennen. Wobei in Melbourne 2016 noch ein einmaliges, scharf kritisiertes Intermezzo mit einem Modus im Stile von "Reise nach Jerusalem" eingelegt wurde.

Auch im Bereich der Technik waren die Entscheidungen nicht immer stringent. So wurden die Autos zunächst von 2,00 auf 1,80 Meter verschmälert, um sie einzubremsen - und 20 Jahre später wieder von 1,80 auf 2,00 Meter verbreitert, um sie schneller zu machen. Auch die Reifen wurden jahrelang immer schmäler, mit dem bizarren Höhepunkt der Rillenreifen. Anno 2017 gibt's wieder fette Slicks. Wer da ein langfristiges Konzept sucht, sucht vergeblich.

Newey fordert: Erst denken, dann handeln!

Aber das soll jetzt anders werden. "In letzter Zeit ist unser Problem, dass niemand mal einen Schritt zurücktritt und sich fragt, was wir mit Regeländerungen eigentlich erreichen wollen", findet Red-Bull-Designer Newey. "Wenn diese Frage beantwortet ist, sollte die nächste Frage lauten, welche Regeln geeignet wären, um genau das zu erreichen."

"Ich finde, dass wir die Regeln zu oft geändert haben, ohne davor die nötige Recherche zu betreiben und zu hinterfragen, warum wir sie eigentlich ändern wollen", erklärt er. "Ich fand an den Regeländerungen vor der Saison 2009 eins gut: Damals gab es mit der Arbeitsgruppe Überholen ein ordentliches Gremium, das sich mit der Problemstellung befasste. Das war hilfreich."


Das waren die Formel-1-Regeln 2009

Zur Erinnerung: Im Frühjahr 2007 wurde die sogenannte Arbeitsgruppe Überholen gegründet, der Vertreter der drei damaligen Topteams angehörten. Das waren Pat Symonds (Renault), Rory Byrne (Ferrari) und Paddy Lowe (McLaren). Das Trio heckte nach monatelanger Forschung ein Maßnahmenpaket (unter anderem) mit breiteren Front- und kleineren Heckflügeln aus und entwickelte den klappbaren (Front-)Flügel, einen Vorläufer des heutigen DRS. Ebenfalls neu: Rückkehr zu Slicks und Einführung des KERS.

Brawns erste Aufgabe: Ziele formulieren

"Zugegeben", sagt Newey, "das Reglement war nicht der uneingeschränkte Erfolg, den wir uns vielleicht erhofft hatten, aber im Vorfeld wurde gründlich gearbeitet. Das Ergebnis war ein gutes Reglement." Genau diese Akribie will Brawn nun zum Standard machen: "Ich möchte den Prozess, wie die Regeln gemacht werden, ändern. Ich will, dass wir sicherstellen, dass die Ziele klar definiert sind. Und dann sichergehen, dass diese Ziele mit Sicherheit erreicht werden."

Einige von Brawns Ideen lassen sich kurz- bis mittelfristig einführen, etwa ein Verbot der hässlichen Motorhauben-Finnen, die Abschaffung des DRS oder vor allem eine Lockerung der Rechtebeschränkungen im Umgang mit sozialen Netzwerken. Andere Regeln erfordern mehr Bedenkzeit, zum Beispiel das künftige Antriebskonzept der Formel 1. Der V6-Hybrid-Turbo ist nur bis Ende 2020 gesetzt.


Fotostrecke: Die zehn denkwürdigsten F1-Regeländerungen

"Das Concorde-Agreement läuft 2020 aus", erklärt Newey. "Das klingt nach weit weg, aber wenn man bedenkt, dass es danach wohl ein neues Motorenreglement geben wird, ist 2021 im Grunde genommen nicht mehr weit weg. Insofern finde ich es klasse, dass es jetzt eine kleine Gruppe gibt, die die Gelegenheit am Schopf packt, Meinungen gegeneinander aufwiegt und sagt, was wir 2021 und darüber hinaus erreichen wollen."