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  • 20.02.2017 10:56

  • von Dominik Sharaf

Präsentation des Sauber C36: Viel Innovation, kaum Sponsoren

Der 2017er-Renner aus der Schweiz glänzt in Blau, Gold und Weiß - Aerodynamik offenbart keine Überraschungen - Ziel ist es, sich im Mittelfeld zu etablieren

(Motorsport-Total.com) - Sauber hat seinen neuen Boliden C36 für die Formel-1-Saison 2017 am Montag der Öffentlichkeit vorgestellt - ohne das Präsentations-Brimborium von einst, sondern nüchtern via Pressemitteilung (alle Präsentationstermine 2017). Trotzdem geizt der Inhalt nicht mit Spektakel: Der neue Dienstwagen Pascal Wehrleins und Marcus Ericssons kommt nicht wie der Vorgänger in Blau und Gelb daher, sondern hat nach dem Abgang des Hauptsponsors Banco do Brasil einen Anstrich in Blau, Weiß und Gold verpasst bekommen.

Was die technischen Details angeht, hat Sauber im Zuge des novellierten Aerodynamik-Reglements einen ähnlichen Weg eingeschlagen wie Williams, das seinen neuen Renner bereits am Freitag auf Fotos hat aufschimmern lassen. Ein V-förmiger Frontflügel, kleine Luftleitbleche an den Seiten des Cockpits, weit nach hinten gezogene Seitenkästen, eine Heckfinne hinter der Airbox (bei Sauber sogar noch extremer designt) und ein breiterer sowie niedriger Heckflügel prägen die Silhouette des Boliden, dessen Entwicklung in Hinwil seit Juli 2016 vorangetrieben wird. Dennoch unterscheidet sich das Auto von der Briten, schließlich hat es sich die gewohnte Entenschnabel-Nase bewahrt.

Teamchefin Monisha Kaltenborn zeigt sich zuversichtlich, dass es nach nur zwei WM-Punkten in der Vorsaison (es war die zweitschlechteste der Teamgeschichte) bergauf geht: "Zusammen mit Longbow eröffnen sich uns künftig große Möglichkeiten, um wieder konkurrenzfähiger zu werden und zu alten Erfolgen zurückzukehren", schielt die Österreicherin auf den Geldgeber und verspricht eine neue Herangehensweise. Sie weiß: "Wir müssen uns deutlich verbessern. Mit dem neuen Auto haben wir eine solide Basis und dazu ebenso die Ressourcen, um den C36 im Laufe der Saison weiterentwickeln zu können. Das wird wichtig sein, um uns im Mittelfeld etablieren zu können."

Ferrari-Vorjahresmotor ist größtes Problem des Sauber-Pakets

Das größte Problem des C36 schlummert unter der Motorabdeckung: Sauber geht mit einem Vorjahresantrieb Ferraris an den Start, der leistungsmäßig kaum mit aktuellen Modellen wird mithalten können - denn die Tokenregel zur Beschränkung der Weiterentwicklung ist passé und Toro Rosso hat im vergangenen Jahr gezeigt, was zwölf Monate Rückstand bei einem V6-Hybriden ausmachen.


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Die Schweizer argumentieren, dass sie sich so auf die wichtigere Chassis-Entwicklung hätten konzentrieren können und untermauerten ihre Behauptung mit der Meldung des neuen Wagens für die erste Wintertestwoche (27. Februar bis 2. März in Barcelona) - ein Termin, den sie 2016 noch verpasst hatten. In der Szene weiß man aber: Es ging um das Geld, das weiter knapp und bei Privatiers das bestimmende Thema ist. Mit weniger PS wird Sauber auch aerodynamisch Kompromisse eingehen müssen, um durch weniger Anpressdruck auf den Geraden überhaupt mithalten zu können.

Zanders Philosophie: Mehr Stabilität statt maximaler Abtrieb

Trotz des Einstiegs von Longbow Finance. Das neue Auto ist das erste, das unter der Ägide des neuen, 100-prozentigen Eigners - einem Unternehmen aus Lutry im Kanton Waadt mit engen Verbindungen zu den Ericsson-Förderern des TetraPak-Konzerns aus Schweden - entsteht. Auf dem neuen Auto kleben kaum Sponsorenlogos. Damit es nicht so kahl aussieht, behalf man sich mit einem Hinweis auf das 25-jährige Jubiläum der Mannschaft und mit den Insignien der Schweiz.

Präsentation/Launch des Sauber C36

Der Sauber C36 soll die Mannschaft aus der Schweiz wieder ins Mittelfeld bringen Zoom

Trotzdem ging es dank des Investors zuletzt in einigen Bereichen voran. Sauber sicherte sich die Dienste Jörg Zanders. Der Deutsche, der zuvor für Brawn-GP ein Weltmeisterauto entwickelte und für Audi die Le-Mans-Boliden verantwortete, soll die Truppe als Technikchef zu mehr WM-Punkten führen, hatte aber in seinen wenigen Wochen im Amt kaum Einfluss auf den C36. Vielmehr soll Zander dafür sorgen, dass vier bis fünf geplante Groß-Updates im Saisonverlauf einschlagen. Außerdem wird er Spezialpakete für Strecken wie Monza, Monaco sowie Baku und Spa-Francorchamps austüfteln.

Zander erklärt seine Philosophie: "Wir schauen mehr in Richtung aerodynamische Stabilität, im Gegensatz zu Maximierung von Abtrieb." Er hofft, so manchem Goliath der Szene ein Schnippchen schlagen zu können: "Im Grunde sind große Teams auch bei gravierenden Änderungen des Reglements im Vorteil, doch wenn Karten neu gemischt werden, ergeben sich immer auch Chancen."