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Formel-1-Verkauf: Vorwürfe gegen die FIA ohne Substanz

Ärger bei der FIA in Paris: Vorwürfe, man befinde sich beim Verkauf der Formel 1 an Liberty Media in einem Interessenkonflikt, werden als haltlos zurückgewiesen

(Motorsport-Total.com) - Der Automobil-Weltverband FIA hat Mitte Februar in einem ungewöhnlichen Schritt in Form einer Presseaussendung zu seiner Rolle beim Verkauf der Formel-1-Anteile an Liberty Media Stellung genommen. Offenbar möchte die FIA damit auf Vorwürfe kontern, sie habe dem Verkauf trotz oder gerade wegen eines potenziellen Interessenkonflikts zugestimmt.

Titel-Bild zur News: FIA-Flagge

Die FIA hält die Vorwürfe eines Interessenkonflikts für unbegründet Zoom

Zur Vorgeschichte: Im Jahr 2013 erwarb die FIA vom damaligen Formel-1-Eigentümer CVC Capital Partners eine einprozentige Beteiligung an der Formel-1-Dachgesellschaft Delta Topco. Kaufpreis: 458.000 US-Dollar (umgerechnet 433.000 Euro). Im Zuge des Liberty-Einstiegs dürfte dieser einprozentige Anteil nur vier Jahre später - je nach Bewertungsmethode - zwischen 45 und 90 Millionen Euro wert sein.

Der Vorwurf lautet, CVC habe der FIA den einprozentigen Anteil bewusst unterbewertet überlassen, damit die FIA einem Verkauf an Liberty keine Steine in den Weg legt. Denn ein 2001 zwischen Bernie Ecclestone und dem damaligen FIA-Präsidenten Max Mosley ausgehandeltes Agreement beinhaltet die sogenannte "Don-King-Klausel", die es der FIA - vereinfacht dargestellt - ermöglicht, gegen jeden Eigentümerwechsel in der Formel 1 ein Veto einzulegen.

EU-Parlamentarierin macht Stimmung

Sprich: Hätte die FIA nicht zugestimmt, hätte CVC nicht an Liberty verkaufen können - der Milliardendeal wäre gescheitert. Wenn aber die FIA im Zuge des Verkaufs selbst Millionen verdienen kann, werde sie von ihrem Vetorecht keinen Gebrauch machen, so der Vorwurf. Geäußert wird dieser in erster Linie von der Europaparlamentarierin Anneliese Dodds sowie von verschiedenen Medien - die FIA vermutet: gesteuert.

Denn vom Vetorecht hätte die FIA nur Gebrauch machen können, sofern ernsthafte Bedenken vorliegen, dass Liberty den Interessen des Sports zuwiderhandeln würde. Nach Jahren, in denen der vorherige Eigentümer CVC in erster Linie Geld aus der Formel 1 gezogen hat, anstatt in die Weiterentwicklung des Sports zu investieren, wird Liberty jedoch von fast allen Playern als frischer Wind empfunden.

Ein Veto gegen den Verkauf einzulegen, obwohl Teams, Sponsoren, Streckenbetreiber diesen fast geschlossen unterstützen, hätte für die FIA mit hoher Wahrscheinlichkeit einen millionenschweren Rechtsstreit nach sich gezogen, an dessen Ende vermutlich ohnehin der Vollzug des Verkaufs gestanden wäre. Weil es für ein Veto keine seriöse Grundlage gibt.

Gewaltentrennung: Was sie wirklich besagt

Die Kritiker beziehen sich auch auf das bereits angesprochene 2001er-Agreement (Verkauf der Formel-1-Rechte von der FIA an Ecclestone, gültig ab 2011 über einen Zeitraum von 100 Jahren) zwischen Ecclestone und Mosley. Landläufig heißt es, dass darin geregelt ist, die FIA habe sich rein auf die Rolle des Regelhüters zu beschränken und sich aus kommerziellen Angelegenheiten rauszuhalten. Das würde zu einem Millionengewinn aus dem Verkauf von einem Prozent im Widerspruch stehen.

Aber: Die Europäische Union hat nach ihrer Untersuchung im Jahr 2001 nicht explizit diese Gewaltentrennung festgelegt, sondern lediglich einer präsentierten Einigung zwischen Ecclestone und Mosley zugestimmt. Dass eine Sporthoheit an ihren Rechten auch Geld verdient, ist keineswegs rechtlich verboten, solange die EU-Wettbewerbsregeln eingehalten werden.

Bernie Ecclestone, Max Mosley

Max Mosley und Bernie Ecclestone haben im Jahr 2001 einen Deal geschlossen Zoom

Die EU-Bedenken gegenüber der FIA richteten sich vielmehr gegen andere Punkte. Etwa dass Ecclestone das Monopol über alle FIA-Weltmeisterschaften hatte oder dass von der FIA konkurrierende Rennserien ebenso wie deren Fahrer und Funktionäre ausgeschlossen wurden. Ausdrücklich zugelassen wurden folgende Einnahmequellen für Sporthoheiten: Profit aus dem Rechteverkauf, direkte und indirekte Einnahmen aus Wetten und Lotterien sowie staatliche Subventionen.

Kein Zusammenhang mit EU-Untersuchung

Die FIA stört sich zudem an dem Vorwurf, dass sie immer wieder mit der aktuell laufenden EU-Untersuchung in Verbindung gebracht wird. Diese wurde von Force India und Sauber lanciert und wird von EU-Parlamentarierin Dodds maßgeblich forciert. Die beiden Teams beschweren sich darin über eine ungerechte Verteilung der Formel-1-Einnahmen seitens des Rechteinhabers CVC.

Dabei hat die FIA mit dieser Einnahmenverteilung in Wahrheit nichts zu tun. Denn die Einnahmenverteilung basiert ausschließlich auf den bilateralen Verträgen, die Ecclestone mit den Teams ausgehandelt hat und die noch bis Ende 2020 laufen. Die FIA ist keine unterschreibende Partei dieser bilateralen Verträge, sondern hat mit Ecclestone separat einen eigenen Vertrag abgeschlossen.

Kleine Randnotiz: Die Politikerin Dodds hat es bei aller öffentlich geäußerter Kritik bisher nicht der Mühe wert gefunden, die FIA direkt zu kontaktieren und deren Sicht der Dinge anzuhören. Diesbezüglich hätte man sich in Paris ein anderes Vorgehen gewünscht.