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Alex Wurz: Wie der Le-Mans-Sieg seine Karriere rettete

Alexander Wurz stand 1996 fast schon auf dem Abstellgleis, als ein Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans alles änderte - So überzeugte er Flavio Briatore

(Motorsport-Total.com) - Manchmal verlaufen Rennfahrerkarrieren wie in einem Hollywood-Film: Alexander Wurz begann die Saison 1996 ohne Perspektive auf eine Zukunft im Motorsport und beendete das Jahr als Le-Mans-Sieger und Formel-1-Testfahrer beim Benetton-Team. Der damals 22-jährige Österreicher hatte eine gemischte Formel-3-Saison 1995 hinter sich, in der er unter anderem von einem Streckensicherungsfahrzeug in Führung liegend abgeschossen wurde.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

1996 triumphierte Alexander Wurz (2.v.r.) bei den 24 Stunden von Le Mans Zoom

"Ich war ziemlich verzweifelt, weil ich im Grunde genommen gar nichts hatte", erinnert sich der heute 43-Jährige im Gespräch mit 'Motor Sport'. Zu Beginn des Jahres 1996 traf er sich zu einem Gespräch mit Flavio Briatore, der durch Wurz' Formel-3-Siege auf ihn aufmerksam geworden war. "Zufällig traf sich dies genau mit dem Anruf von Opel", sagt er weiter. Wurz sollte die letzte Saison der DTM, damals ITC, für Opel mit mäßigem Erfolg bestreiten. Der Deal mit dem Joest-Team beinhaltete auch einen Start bei den 24 Stunden von Le Mans auf dem TWR-Porsche.

Eigentlich wollte Wurz das Gespräch mit dem berüchtigten italienischen Manager nur schnell hinter sich bringen, da er keine eigenen Sponsoren hatte. Doch es sollte seine Karriere verändern: "Er fragte: 'Was machst du als nächstes?' und ich sagte: 'Ich gehe nach Le Mans', eigentlich nur, um das Meeting zu beenden. Dann sagte er: 'Wenn du Le Mans gewinnst, werde ich dir einen Test anbieten.'"

Und tatsächlich kam es so: Wurz gewann gemeinsam mit Manuel Reuter und Davy Jones das Langstreckenrennen auf dem Circuit de la Sarthe im ersten Anlauf. Bis heute ist er der jüngste Fahrer aller Zeiten, der diesen Klassiker gewonnen hat. "Und am Montag kam ein Fax bei mir zu Hause an, in dem stand, dass sie mir einen Test über zwei Tage anbieten und alles bezahlen. Flavio hat sein Wort gehalten", freut sich Wurz auch heute noch.

Fahrerplatz dank Technik-Know-how

Der Test entpuppte sich als Shootout gegen Jarno Trulli, Giancarlo Fisichella und Paul Tracy, die allesamt mehr Erfahrung in hohen Formelklassen mitbrachten als Wurz. Dazu war er Touren- und Sportwagen gewohnt, während seine drei Kontrahenten in Formel 1 und IndyCar hochkarätige Formel-Boliden bewegten. Der Preis für den Besten des Tests: Eine Rolle als Test- und Ersatzfahrer bei Benetton für die Formel-1-Saison 1997. Damals war ein solcher Posten weit mehr wert als heute, da zahlreiche private Testfahrten während der Saison auf dem Programm standen.

Wurz hatte eine Geheimwaffe, um den Erfahrungsrückstand zu reduzieren: "Ich kratzte mein letztes Bisschen Geld zusammen, das ich durch meine Tätigkeit in der FIA Action for Road Safety verdient hatte, um einen Formel-3000-Test durchzuführen, um mich wieder an Formelfahrzeuge zu gewöhnen." Er rief bei David Sears an, dem Teamchef des Super-Nova-Teams, der ersten Adresse in der damaligen Top-Nachwuchsserie. "Er sagte, es sei nicht viel Geld, aber er würde mir helfen. Es war eine gute Investition", grinst Alexander Wurz.


Fotostrecke: Alex Wurz: Eine bewegte Karriere

Bestens vorbereitet ging er in den Formel-1-Test und beeindruckte sofort. Er beendete den Tag als Schnellster der Nachwuchspiloten und fuhr sogar zwei Zehntelsekunden schneller als Stammfahrer Jean Alesi. Doch nicht nur deshalb erhielt er den Vertrag, sondern auch aufgrund seines detaillierten Feedbacks. Wieder half ihm der Zufall: "Ich bin immer sehr technisch orientiert gewesen, aber mein Glück war, dass wir zu der Zeit bei Opel viel mit dem Differenzial und an der Servolenkung gearbeitet haben. Und um diese zwei Punkte ging es bei dem Test."

Verheißungsvolles Debüt, enttäuschende Folgesaisons

Er führte detaillierte Gespräche mit Pat Symonds und Alan Permane in gebrochenem Englisch. Wurz weiter: "Ich habe einfach das umgesetzt, was ich bei Opel gelernt hatte. Ich bin einfach gefahren und habe ihnen Feedback gegeben, wie wir einzelne Dinge verbessern konnten. Das hat sie enorm beeindruckt. Gemeinsam mit den guten Rundenzeiten war dies genau das, wonach sie gesucht haben. Schon nach meinem dritten Run haben sie mir gesagt, dass ich den Job bekommen werde."

Wurz wurde 1997 Test- und Ersatzfahrer bei Benetton-Renault und erhielt gleich im selben Jahr die Chance, als Gerhard Berger erkrankte. Er nutzte diese und erzielte im dritten Rennen in Silverstone seinen ersten Podiumsplatz. Dadurch wurde er 1998 zum Stammfahrer befördert. Es lief jedoch nicht wie gewünscht; Benetton hatte seine Siegfähigkeit just in jenem Jahr verloren und Teamkollege Giancarlo Fisichella wurde immer stärker. Nach drei Jahren zog sich Wurz in die Testfahrerrolle bei McLaren-Mercedes zurück, bevor er 2007 noch einmal eine mäßige Saison mit Williams absolvierte.

Alexander Wurz

Der Erfolg brachte ihm für die Saison 1997 ein Testcockpit bei Benetton ein Zoom

Le Mans war ihm mehr gewogen: 2009 feierte er mit David Brabham und Marc Gene seinen zweiten Sieg und den ersten für Peugeot. 2014, nun mehr mit Toyota, hatte er allerdings Pech: Der TS040 Hybrid von ihm, Kazuki Nakajima und Stephane Sarrazin schied überlegen in Führung liegend durch den Defekt eines Pfennigartikels aus. Doch Le Mans hat seine Karriere verändert, das wird Alexander Wurz dem Circuit de la Sarthe nie vergessen.