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Mark Webber: "Operativ war Ferrari 2016 ziemlich schlecht"

Ex-Pilot Mark Webber überlegt, was in seinem ehemaligen Teamkollegen Sebastian Vettel nach einer Saison voller Rückschläge vorgeht - Ferrari mit Verbesserungsplan

(Motorsport-Total.com) - Und plötzlich ist da dieses verlockende Angebot: Ein Mercedes-Cockpit, ein Platz in einem Team, dass auch in die kommende Saison als Favorit geht, ein Ausweg aus den Sorgen, die man sich in Maranello machen muss. Kein Wunder, dass auch Sebastian Vettel im Gespräch um die Nachfolge von Nico Rosberg bei den Silberpfeilen ist - denn bei Ferrari scheint die Zukunft ungewiss. "Das zweite Jahr bei Ferrari war mental wirklich schwierig für Seb", beschreibt es der ehemalige Formel-1-Pilot Mark Webber im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.

Titel-Bild zur News: Mark Webber, Sebastian Vettel

Mark Webber kennt Sebastian Vettel und dessen Motivation Zoom

Der ehemalige Teamkollege von Vettel macht sich Gedanken darüber, wie der viermalige Weltmeister verdauen kann, dass aus der zweiten Saison als erster Mercedes-Verfolger nichts wurde und wie sich das im teaminternen Duell mit Kimi Räikkönen widerspiegelt: "Es ist ganz normal, dass ein Sportler in seiner Karriere Phasen hat, in denen es ihm ein bisschen schwerer fällt, sich zu motivieren. Normalerweise sollte er besser sein als Kimi - aber Kimi fährt auch fantastisch, und das Auto scheint ihm jetzt besser zu liegen. Vielleicht ist das bei Seb nicht mehr ganz so, und es kann auch sein, dass ihm die Pirelli-Reifen nicht so gefallen."

Es ist bereits der zweite Karriereknick in der deutschen Erfolgsstory: Vettel war einst der jüngster Formel-1-Pilot in den Punkten, der jüngste auf der Pole-Position, der jüngste Grand-Prix-Sieger und der jüngste einmalige, zweimalige, dreimalige und viermalige Königsklassen-Champion. Und dann kam die Hybrid-Ära. 2014 verlor Vettel seine unbeschwerte Art, haderte mit den "Computern", die aus den Boliden geworden seien und musste sich seinem neuen Teamkollegen Daniel Ricciardo geschlagen geben. Vier magere Podiumsplätze waren für ihn lediglich drin, während Ricciardo drei Rennen gewann.

Vettel flüchtete zu keinem geringeren als zu dem Traditionsteam schlechthin und muss sich dabei bewusst gewesen sein, welche Bürde er damit auf sich nimmt. Denn schon das kleinste Formkurve-Tief kann bei der Scuderia zum italienischen Drama werden. Mit drei Siegen 2015 konnte sich Vettel von den Tifosi noch feiern lassen. Doch für nur sieben Podiumsplätze 2016 muss er sich erklären - und dafür, dass ihn Räikkönen im direkten Qualifying-Vergleich schlagen konnte - und dafür, dass man Red Bull hat an sich vorbei ziehen lassen.

Aber es ist ja nicht alles Vettels Schuld. Da wäre ja auch zum einen der SF16-H, der eben noch nicht auf Mercedes-Niveau und auf einigen Strecken auch dem RB12 unterlegen war. Da wären die Technikpannen und Strategiefehler, die das Team das eine ums andere Mal um bessere Platzierungen brachten. Und da wäre die Unruhe, die bei Ferrari spätestens dann entstanden ist, als Technikchef James Allison frühzeitig aus Maranello abzog. Rücktritts-Gerüchte um Teamchef Maurizio Arrivabene, Rauswurf-Gerüchte um Räikkönen und Wechselgerüchte um Vettel zogen sich durch die Silly Season.

Auch Webber weiß, dass das nicht die besten Voraussetzungen für eine weltmeisterliche Performance sind: "Sie haben den Chefdesigner verloren und es hat sich hinter den Kulissen einiges ereignet, was nicht ideal war. Operativ war Ferrari 2016 ziemlich schlecht, die Zuverlässigkeit auch. Sebastian weiß, dass sich das nicht in fünf Minuten verändern lässt, sondern so etwas dauert. Er weiß, was erforderlich ist, um mit einem Team zu dominieren. Und ich glaube, er spürt, dass Ferrari da noch eine Menge Arbeit vor sich hat."

Kein Wunder also, dass ein Platz an der Sonne, bei einem Team, das drei Jahre lang dominante Konstant beweisen konnte, verlockend klingt. Für die kommende Saison mit dem neuen Aerodynamik-Konzept und breiteren Reifen wünschen sich Fans und Mercedes-Verfolgerteams das gleiche: Dass die Karten neu gemischt werden und die Mercedes-Dominanz ein Ende hat. Und Sebastian Vettel, der einen Wechsel zur Konkurrenz bereits ausgeschlossen hat, wird sich: Kann Ferrari über den Winter die Wende schaffen?

Ferrari will Entwicklungsrate erhöhen

Immerhin: einen Verbesserungsansatz scheint es bereits zu geben: "Wir haben in der vergangenen Saison zwei Lücken identifizieren können, die es zu schließen gilt", erklärt Ferrari-Präsident Sergio Marchionne. "Zum einen die Performance auf der Strecke und zum anderen die Entwicklungsgeschwindigkeit. Zu Beginn der Saison hatte noch nichts darauf hingewiesen, dass der Red Bull auch nur ansatzweise an Ferrari herankommen würde. Am Ende wurden sie aber zu ernstzunehmenden Konkurrenten. Das hatte nichts mit ihrer Antriebseinheit zu tun, sondern mit der Arbeit an Chassis und Aerodynamik. Und das zeigt ein bedeutendes Loch in der Entwicklungsarbeit von Ferrari in den vergangenen Jahren auf."

"Wir werden versuchen, dieses Problem abzuschaffen", beschreibt er einen neuen Entwicklungsplan für Updates während der Saison. "Das heißt nicht, dass nicht auch die Antriebseinheit eine große Rolle spielen wird. Die Arbeit geht in beiden Bereichen weiter. Aber wir müssen die Lücke in der Entwicklungsarbeit so schnell wie möglich schließen. Es ist unmöglich vorherzusagen, wie die Saison 2017 aussehen wird. Aber ich kann garantieren, dass wir nichts unversucht lassen werden."

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