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"Herausfordernde" zweite Saisonhälfte wartet auf Williams

Felipe Massa und Valtteri Bottas analysieren die bisherigen Schwächen des Teams in der Saison 2016 und die Herausforderungen in der zweiten Saisonhälfte

(Motorsport-Total.com) - Das Williams-Team konnte sich seit der Einführung der neuen Motorenformel in der Saison 2014 erheblich steigern und kämpfte in den vergangenen beiden Jahren um den dritten Platz in der Konstrukteurs-WM. Im Vorjahr konnte man sich komfortabel vor Red Bull und hinter Ferrari und Mercedes als dritte Kraft etablieren. Davon ist man 2016 jedoch weit entfernt, ein Abwärtstrend zeichnet sich ab.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Williams bekommt Druck von Force India, McLaren & Toro Rosso Zoom

Nun musste man in Grove sogar das Saisonziel nach unten schrauben: nur noch der vierte Platz in der Teamwertung. Dieser ist jedoch noch nicht in trockenen Tüchern und muss vor allem gegen Force India, das zweite starke Mercedes-Kundenteam, mit allen Mitteln verteidigt werden. Das wissen auch Felipe Massa und Valtteri Bottas, die in Belgien Bilanz ziehen, mit sich selbst hart ins Gericht gehen und auf eine schwierige zweite Saisonhälfte vorausschauen.

"Wir sind definitiv hinter den Erwartungen zurückgeblieben in den vergangenen Rennen", beginnt der Finne sein Fazit über die erste Saisonhälfte. In den vergangenen fünf Rennen konnte man insgesamt nur 15 Zähler einfahren, gleich viele wie Bottas beim bisher einzigen Podium des Teams in Kanada. "Wir beendeten die Rennen nicht auf den Positionen, auf denen wir mit diesem Auto eigentlich stehen sollten. In manchen Rennen hatten wir Probleme, alles aus unserem Paket herauszuholen", gibt er zu.

Bottas verrät: 2016 kommen keine großen Updates mehr

Vor allem das Reifenmanagement müsse der Mannschaft nach der Sommerpause besser gelingen, fordert Bottas: "Das wird der Schlüssel sein." Außerdem sieht er einen weiteren Nachteil: "Es wird nicht mehr viel entwickelt werden am diesjährigen Auto. Wir hoffen natürlich, dass das auch bei allen anderen Teams der Fall sein wird." Vor allem die kleineren Teams mit weniger Ressourcen mussten ihre Entwicklung zeitgerecht auf die kommende Saison und die damit verbundenen Regeländerungen umstellen: "Das könnte aber knifflig werden, das wissen wir. Wir werden keine Updates mehr bekommen - vielleicht noch kleinere Dinge, aber nichts Großes mehr", verrät Bottas.

Teamkollege Felipe Massa ist sich der schwierigen Ausgangslage ebenfalls bewusst: "Wir wissen, dass andere Teams stärker als wir sind. Die Top 3 sind vorne, und wir liefern uns einen harten Kampf mit Force India, McLaren und vielleicht auch Toro Rosso. Die zweite Saisonhälfte wird recht herausfordernd für uns", prophezeit der erfahrene Brasilianer. "Das Ziel müssen Punkte sein. Selbst ein Punkt könnte in diesem Kampf sehr wichtig sein." Bottas stimmt ihm zu: "Für uns wird es sehr wichtig sein, vor Force India in den Punkten zu landen. Das ist das Hauptziel."

Valtteri Bottas

Kanada 2016: Bottas holt als Dritter das bisher einzige Podest für Williams Zoom

Doch warum findet man sich plötzlich im Kampf mit den weiteren Mittelfeldteams wieder? Hat sich Williams so sehr verschlechtert oder haben die Konkurrenten aufgeholt? Vergleicht man die Positionen von Williams in der Konstrukteurs-Wertung seit 2014, dann fällt auf, dass man mit 96 Punkten bis dato genau gleich viele Punkte wie Red Bull im Vorjahr zur Sommerpause gesammelt hat. 2014 lag man mit 135 Zählern zu Saisonmitte ebenfalls auf Platz vier, im Vorjahr mit 151 solide auf Rang drei.

Massa: Haben größere Steigerung & Kampf um Top 3 erwartet

Massa erklärt sich den Abwärtstrend wie folgt: "Wir haben uns nicht so sehr gesteigert, wie wir erwartet hatten. Wir hatten erwartet, dass wir in diesem Jahr um die Top 3 der Meisterschaft kämpfen können. Aber Red Bull hat sich gesteigert, und Ferrari war schon im vergangenen Jahr vor uns", analysiert der 35-Jährige realistisch. "Die anderen Teams haben auf uns aufgeholt. Daher kämpfen wir nicht mehr um die Spitze, sondern mit zwei anderen Teams nur um Platz vier."

"Red Bull, Ferrari und Mercedes sind außer Reichweite." Valtteri Bottas

Bottas merkt an: "Das Ziel vor der Saison war, um den dritten Platz in der Konstrukteurs-WM zu kämpfen. Red Bull, Ferrari und Mercedes sind außer Reichweite, daher ist nun unser neues Ziel für den Rest des Jahres, den vierten Platz zu behalten", erklärt er und bewertet dieses Ziel als durchaus "realistisch".

Massa glaubt, dass die anderen Teams das Auto während der Saison besser weiterentwickelt hätten: "2014 haben wir uns im Laufe der Saison sehr gesteigert und sind eine starke zweite Saisonhälfte gefahren. 2015 haben wir stark angefangen und sind dann zurückgefallen. Und dieses Jahr ein bisschen mehr", sieht er ein und resümiert: "Die anderen entwickeln schneller und besser als wir."

Im Kampf um den vierten Rang in der Konstrukteurs-WM befinden sich Williams (96 Punkte), Force India (81; 15 Punkte Rückstand), Toro Rosso (45; 51 Punkte zurück) und McLaren (42; 54 Zähler Rückstand). Bottas ist davon überzeugt, dass man das neu ausgerufene Saisonziel nun erreichen wird: "Ich denke, das können wir definitiv schaffen. Wir sind ein starkes Team - stärker als sie (Force India; Anm. d. Red.) es sind. Daher sollten wir vorne sein."

"Die anderen entwickeln schneller und besser als wir." Felipe Massa

Bottas: Force India hat sich "stärker verbessert" als Williams

Vor Sergio Perez' erstem Podium in Monaco lag die Mannschaft von Vijay Mallya nur auf dem siebten Rang mit 14 Punkten, Williams hatte zu jenem Zeitpunkt bereits 65. Innerhalb eines Rennens katapultierten sich die Inder auf den fünften Rang. Seit dem Klassiker im Fürstentum holte Force India 67 Zähler, Williams nur 31. "Sie hatten gute Updates in den Europa-Rennen, sie haben sich stärker verbessert als wir", hält auch Bottas fest. "Trotzdem ist es noch ein langer Weg. Wir sind ein stärkeres Team, aber man darf sie nie unterschätzen."

Trotzdem glaubt der 26-Jährige, dass Williams das bessere technische Paket hat: "Ja, ich glaube, wir sind stärker. Normalerweise sind wir besser." Bottas gibt auch zu, dass das Team sich noch steigern kann: "Ich bin gute Rennen gefahren, aber als Team haben wir gemerkt, dass wir aus verschiedenen Gründen nicht hundert Prozent aus den Reifen herausgeholt haben. Manchmal waren sie zu heiß, manchmal zu kalt. In Hockenheim stimmten unsere Berechnungen nicht mit der realistischen Lebensdauer des Reifens überein. Das hat unser Rennen ruiniert."

Hat Force India beim Reifenmanagement einen Vorteil? "In den vergangenen Rennen sind sie mit den Reifen besser umgegangen. Sie konnten längere Stints fahren. Da müssen wir am Wochenende Lösungen finden, besser früher als später", mahnt er. Massa, der bisher um 20 Punkte weniger als Bottas sammeln konnte, stellt sich ebenfalls auf einen harten Kampf bis zum Saisonende ein.


Fotos: Williams, Großer Preis von Belgien


"Force India ist während der Saison gewachsen, und sie haben zwei gute Fahrer. Das gilt auch für McLaren. Sie haben sich seit dem ersten Rennen bis heute erheblich gesteigert", hat er auch die Briten auf der Rechnung. "Wir wissen, dass der Kampf nicht einfach wird, auch mit Toro Rosso. Wir müssen versuchen, vor ihnen zu bleiben und mehr Punkte als sie zu gewinnen." Das soll bereits am kommenden Wochenende in Belgien geschehen...