Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Vor einem Jahr noch umjubelter Le-Mans-Sieger, läuft Nico Hülkenberg nach der erneuten Enttäuschung in Baku Gefahr, auf dem Abstellgleis zu landen

Titel-Bild zur News: Nico Hülkenberg

Nico Hülkenberg gerät bei Force India zunehmend ins Hintertreffen Zoom

Liebe Leser,

genau ein Jahr ist es her, da war Nico Hülkenberg im internationalen Motorsport der Mann der Stunde. Er hatte auf Anhieb die 24 Stunden von Le Mans gewonnen, als erster aktiver Formel-1-Fahrer seit einer gefühlten Ewigkeit, und er legte beim Grand Prix von Österreich einen starken sechsten Platz nach. Das war nach einem schwierigen Saisonbeginn Balsam auf seinen Wunden und vermeintlich ein wichtiger Karriereschub.

Aber ein Jahr später ist Hülkenberg nicht wirklich vom Fleck gekommen.

Auf die Titelverteidigung in Le Mans musste er verzichten, weil Bernie Ecclestone es für eine gute Idee hielt, zeitgleich zum ersten Mal in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, zu fahren. Dass ein Porsche gewonnen hat (wenn auch unter dramatischen Umständen), wird Hülkenberg zwar für seine ehemaligen Kollegen freuen, ihn aber auch ein bisschen ärgern, weil er das Rennen sicher am liebsten selbst gewonnen hätte.

Teamintern bei Force India droht er langsam die Kontrolle über sein Standing zu verlieren. Lange Zeit galt Hülkenberg als der Talentiertere der beiden, und Perez als der Glücklichere. Aber wenn einer in der gemeinsamen Zeit schon vier Podestplätze vorweisen kann und der andere noch gar keinen, dann kann das nicht nur mit Glück zu tun haben.

Perez auf dem aufsteigenden Ast

Und so kommt es auch, dass nicht mehr Hülkenberg derjenige ist, für den sich die Topteams interessieren, sondern dass entgegen aller Wahrscheinlichkeiten plötzlich wieder Perez die Außenseiterchance auf eine Beförderung in der Formel 1 wittert. Ferrari, so heißt es, könnte sich ihn als Räikkönen-Ersatz vorstellen. Das halte ich für höchst unwahrscheinlich, aber es ist wohl nicht ganz ausgeschlossen.

Ganz ausgeschlossen ist meiner Meinung nach aber, dass Hülkenberg in diesem Leben noch Weltmeister wird. Nicht weil er das fahrerisch nicht drauf hat - ganz im Gegenteil, ich halte ihn für eines der größten Talente der Formel 1. Aber die ewige Warterei auf ein Topcockpit, die dann doch nie zu etwas führt, kann auch den größten Talenten den Schneid abkaufen. Das mussten schon die Herren Fisichella oder Trulli schmerzlich feststellen.

In den meisten Fällen ist es erklärbar, wenn Hülkenberg wieder einmal gegen Perez verliert. In Baku hat er sich mit dem Dreher in seiner schnellen Q2-Runde keinen Gefallen getan, und von außerhalb der Top 10 war dann trotz Mercedes-Power im Rennen kein Blumentopf zu gewinnen. Nur: Wenn der Teamkollege gleichzeitig auf das Podium fährt und auch noch einen Ferrari überholt, den er gar nicht mehr überholen müsste, dann sieht die Leistung des Deutschen im Vergleich ziemlich dürftig aus. Warum auch immer.


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Nach acht Rennen hat Perez fast doppelt so viele Punkte wie Hülkenberg, und er führt im Qualifying-Stallduell mit 5:3. Dass so eine Bilanz kein gutes Bewerbungsschreiben an Mercedes, Ferrari und Co. ist, versteht sich von selbst. Aber im schlimmsten Fall kann es Hülkenberg sogar passieren, dass er bei Force India rausfliegt.

Cockpit bei Force India für 2017 nicht sicher

Denn Ferrari wird letztendlich doch nicht das Risiko eingehen, Perez zu verpflichten, sondern der Mexikaner soll seine Rolle als Einserfahrer bei Force India 2017 fortsetzen. Und nach so vielen Jahren wäre es aus Sicht der Teamführung an der Zeit, im zweiten Cockpit mal etwas anderes auszuprobieren, frischen Wind reinzubringen. Pascal Wehrlein zum Beispiel.

Hülkenbergs Landsmann kommt mit Mercedes-Unterstützung, gilt als kommender Mercedes-Werksfahrer und wird ziemlich sicher kein zweites Jahr bei Manor versauern. Aber wenn ihn Mercedes bei Force India parkt, bis Ende 2018 die Verträge von Lewis Hamilton und Nico Rosberg (Verlängerung sehr wahrscheinlich) auslaufen, wäre für Hülkenberg kein Platz mehr.

Pascal Wehrlein

Pascal Wehrlein könnte dank Mercedes bei Force India unterkommen Zoom

Der 28-Jährige muss möglichst sofort wieder Ergebnisse abliefern, sonst ist sein Traum vom Durchbruch in der Formel 1 bald endgültig Geschichte.

Oder, noch schlimmer: Er findet 2017 gar kein einigermaßen konkurrenzfähiges Cockpit mehr.

Ihr

Christian Nimmervoll

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