Ende des Tokensystems? Solange es nicht teurer wird...

Die Abschaffung des Tokensystems ist in der Formel 1 momentan ein echtes Thema - Die Idee kommt bei einigen Teams gut an, es gibt allerdings auch zahlreiche Gegner

(Motorsport-Total.com) - Ursprünglich sah das Tokensystem in der Formel 1 vor, dass die Motorenhersteller ihre Antriebe während der laufenden Saison nicht weiterentwickeln dürfen. Vor der Saison 2016 sollten die vier Hersteller Mercedes, Ferrari, Renault und Honda 25 Token erhalten, mit denen sie ihre Antriebe bis zum Saisonstart verbessern dürfen. Mittlerweile sieht das allerdings ganz anders aus. Erlaubt sind nun 32 statt 25 Token und auch während der Saison darf - wie bereits 2015 - fleißig entwickelt werden.

Titel-Bild zur News: Andy Cowell

Mercedes-Motorenchef Andy Cowell hat sich mit dem Tokensystem angefreundet Zoom

Einige Personen in der Formel 1 sprechen sich sogar für eine komplette Abschaffung des Systems aus. "Es wird sowieso für alle gleich sein. Ich denke aber, dass die Motorenhersteller weniger Beschränkungen haben sollten. Ganz besonders, wenn sie bei dieser sehr komplizierten Technologie aufholen müssen", erklärt McLarens Rennleiter Eric Boullier beispielsweise.

Überraschend kommt das nicht, schließlich hat McLarens Motorenpartner Honda momentan noch einen großen Rückstand auf Klassenprimus Mercedes. Eine freie Entwicklung würde den Japanern beim Aufholen definitiv helfen. "Solange sie es sich leisten können, ist alles in Ordnung. Es darf nur nicht dazu führen, dass die Preise für die Kundenteams wieder steigen", erklärt Boullier.

Nachzügler durch Tokensystem chancenlos?

Doch genau dort liegt das Problem. Red Bulls Adrian Newey warnte zuletzt bereits davor, dass die Aufgabe des Systems eine Kostenexplosion zur Folge hätte. Renaults Technikchef Bob Bell erklärt: "Es gibt momentan Diskussionen darüber, ob das System verschwindet. Aber momentan hält es uns nicht davon ab, Fortschritte zu machen." Auch die Franzosen liegen momentan noch hinter Mercedes zurück.

Beim Weltmeister selbst hat man derweil kein Problem damit, dass die Entwicklung auch in diesem Jahr während der Saison freigegeben ist. Motorenchef Andy Cowell erklärt: "Ich denke nicht, dass sich dadurch unsere Pläne großartig ändern. Wir haben zwei Token vor Melbourne vergangenes Jahr verwendet und dieses Jahr wieder. Die meisten Teams waren in Melbourne bereits in den niedrigen 20ern und hatten Probleme, ihre Token über das Jahr zu verwenden. Keine großen Änderungen also zu diesem Jahr."


Fotostrecke: Meilensteine der Formel-1-Technik

"Ich denke, wir sind besser auf das Entwickeln während der Saison vorbereitet, weil es vergangenes Jahr eine kleine Überraschung gewesen ist. Es ist prinzipiell aber dasselbe wie eine Änderung. Wenn die bisherigen Regelungen bleiben und sich die Anzahl der modifizierbaren Token verringert, dann wird es schwierig, aufzuholen, wenn man hinten liegt. Ich denke, eine Abschaffung des Tokensystems würde es ihnen ermöglichen, aufzuholen", so Cowell.

Mercedes mit klarem Vorteil

Allerdings sprach sich auch Mercedes in der Vergangenheit immer wieder gegen eine Abschaffung aus - ebenfalls mit Verweis auf die Kosten. Stattdessen brachten die Silberpfeile zuletzt einen anderen Vorschlag ein, wie man die Leistung der Motoren angleichen kann. Während die anderen Teams noch immer nach Performance suchen, hat man in Brixworth derweil ganz andere (Luxus-)Probleme.

Aktuell prüft man die Möglichkeit, mit nur vier der fünf erlaubten Antriebseinheiten durch die 21 Rennen zu kommen - und den fünften Motor als "Joker" zurückzuhalten. "Es ist schon eine Versuchung", bestätigt Cowell und erklärt: "Unsere Planung bezog sich auf vier Antriebseinheiten für 20 Rennen. Daran haben wir alle unsere Ziele festgemacht. Je nachdem, wie die nächsten zwei bis drei Wochen laufen, werden wir entscheiden, wie aggressiv wir in der Entwicklung ab Melbourne verfahren werden."


Fotos: Test in Barcelona


"Ob wir nur vier Motoren verbrauchen und die fünfte Antriebseinheit als Bonus zurückhalten, falls es ein Qualitätsproblem gibt, oder uns helfen kann, wenn wir ein 'Performance-Special' haben. Das werden wir erarbeiten, kurz bevor es nach Melbourne geht. Wir führen Longruns auf dem Prüfstand durch", verrät Cowell, dessen Team fleißig weiterentwickelt - aktuell noch gebunden an das Tokensystem.